Rezension über:

Juan Manuel Abascal / Antonio Alberola / Rosario Cebrián: Segobriga IV. Hallazgos monetarios, Madrid: Real Academia de la Historia 2008, 196 S., ISBN 978-84-96849-45-7
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Rezension von:
Julia Hoffmann-Salz
Historisches Seminar, Universität zu Köln
Redaktionelle Betreuung:
Sabine Panzram
Empfohlene Zitierweise:
Julia Hoffmann-Salz: Rezension von: Juan Manuel Abascal / Antonio Alberola / Rosario Cebrián: Segobriga IV. Hallazgos monetarios, Madrid: Real Academia de la Historia 2008, in: sehepunkte 11 (2011), Nr. 9 [15.09.2011], URL: https://www.sehepunkte.de
/2011/09/19806.html


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Juan Manuel Abascal / Antonio Alberola / Rosario Cebrián: Segobriga IV

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Das antike Segobriga (Saelices, Cuenca, Spanien) entwickelte sich dank seiner Minen seit der Kaiserzeit zu einer der wichtigsten Siedlungszentren im Binnenland der iberischen Halbinsel. Die direkten oder indirekten Gewinne aus der Minentätigkeit ermöglichten der Stadt eine umfassende Monumentalisierung ihres Innenstadtbereichs mit Amphitheater, Theater, Stadtmauer und weiteren Gebäudekomplexen. Gleichzeitig erlangte die Stadt dank ihrer Wirtschaftskraft großen regionalen und überregionalen Einfluss, der sich in den Inschriften aber eben auch in den Fundmünzen der Stadt niederschlägt.

Schon 1996 hatten P. Ripollès Alegre und J.M Abascal Palazón mit dem Band "Las monedas de la ciudad romana de Segobriga (Saelices, Cuenca)" einen Einblick in die bis dahin bekannten Fundmünzen aus Segobriga gegeben. In diesem Katalog kombinierten die beiden Autoren einen reinen Münzkatalog mit einer umfassenden Analyse des Fundmaterials in Hinblick auf die Typologie der Emissionen, Legenden, Metrologie und Denomination, Metallgehalt der Münzen, Volumen der Emissionen, Gegenstempel, Verbreitung der Prägungen aus Segobriga in Spanien und Anwesenheit anderer Prägungen in Segobriga sowie der Funktion der lokalen Prägungen Segobrigas. Diese Untersuchungen wurden durch aussagekräftige Karten und Grafiken begleitet.

Die jetzt von J.M. Abascal, A. Alberola und R. Cebrián vorgelegte Arbeit "Segobriga IV. Hallazgos Monetarios" steht im Zusammenhang mit der systematischen Aufarbeitung und Publikation der in Segobriga bei diversen Grabungskampagnen bis 2006 gemachten Funde in einer vom Archäologischen Park von Segobriga herausgegebenen Reihe. Diese will in der Gesamtschau der Funde einen möglichst umfassenden Einblick in die Geschichte der Stadt liefern. Der vorliegende Band zu den Münzfunden beschränkt sich allerdings darauf, neben dem reinen Münzkatalog nur wenige historische Interpretationsansätze in einem einleitenden Kapitel aufzuzeigen. Hier werden die wichtigsten chronologischen und geographischen Gruppen in Tabellen zusammengestellt. Im Katalog finden sich alle bis zur Publikation 2008 bekannten Fundmünzen aus der Stadt, gegliedert nach chronologischen und geographischen Gesichtspunkten. Insgesamt wurden 538 Münzen aus der Zeit vom 2. Jahrhundert v.Chr. bis ins 20. Jahrhundert n.Chr. gefunden.

Bei den antiken Münzen stellen die hispanischen Prägungen mit knapp einem Viertel die größte Gruppe. Unter den 133 Stücken aus dieser Gruppe finden sich sowohl Prägungen in indigenen Sprachen wie auch provinziale Stücke. Hier spielen vor allem die Prägungen aus Castulo und aus dem Ebrotal eine signifikante Rolle. Castulo scheint, wie auch an anderen Fundorten deutlich wurde, eine wichtige Rolle bei der Versorgung mit Geld für die südliche Meseta und die Küstenregion der Tarraconensis im 2. und 1. Jahrhundert v.Chr. gespielt zu haben. Die Prägungen des Ebtrotals dagegen werden von den Autoren als Folge der Mobilität keltiberischer Auxiliareinheiten in römischen Diensten gewertet. Diese Befunde decken sich mit anderen Funden aus der Region, die römisch-republikanischen Fundmünzen dagegen weichen von diesem Bild ab, da hier im Gegensatz zur weiteren Region hauptsächlich Denare und nicht mehrheitlich Bronzemünzen gefunden wurden. Dagegen entspricht das Bild bei den Provinzialprägungen wieder dem regionalen Durchschnitt mit einem deutlichen Anteil der Prägungen des Ebro-Tals (37 von 97 Fundmünzen) und der Münzstätte von Carthago Nova. Dies ist sicher ein Reflex der Handelsverbindungen Segobrigas, wie die Autoren zu Recht bemerken.

Die große Mehrzahl der Fundmünzen aus Segobriga stammt jedoch aus der Prägestätte der Stadt selbst. Hier ist auffällig, dass von den 538 Fundmünzen allein 218 aus vorflavischer Zeit stammen mit einer deutlich erhöhten Fundmenge in julisch-claudischer Zeit. Dies entspricht nach den Autoren nicht unbedingt dem regionalen Bild, zeigt aber Parallelen zu der auch im übrigen archäologischen Befund nachweisbaren urbanen Entwicklung der Stadt. Diese hatte in julisch-claudischer Zeit den entscheidenden Impuls zur Monumentalisierung erhalten, was sich auch in den mehrheitlich aus dieser Epoche stammenden Inschriftenzeugnissen aus der Stadt zeigt. Erst unter Nerva kommt es für kurze Zeit noch einmal zu einem erhöhten Fundmünzenaufkommen in Segobriga. Einzig zwei Prägungen des Vitellius fallen hier aus dem Rahmen, die für die iberische Halbinsel selten sind. Aus den folgenden Jahrhunderten finden sich nur noch wenige Münzen, die letzte römische Prägung stammt von Valentinian III. aus den Jahren 425-435 n.Chr. Auf diese Zeit folgt "una etapa de silencio numismático" [30] mit nur noch verstreut nachweisbaren Fundmünzen der islamisch-mittelalterlichen Epoche. Für das 12. bis 15 Jahrhundert können dann wieder insgesamt 27 hispanisch-christliche Münzen aufgewiesen werden, aus dem 15. bis 19. Jahrhundert stammen dann immerhin 32 Fundmünzen.

Nach der Einführung folgt der Katalog. In den einzelnen Katalogeinträgen gibt es neben einem - häufig schlecht verwertbaren - Foto der entsprechenden Münze die üblichen Informationen zu Prägeherr und Prägeort, Datierung, Legende, Bildbeschreibung, Gewicht, ggf. Verweise auf die entsprechenden Referenzen in RPC und RIC, weitere Literatur, Fundort, Aufbewahrungsort und Inventarnummer. Insgesamt vier Appendices ermöglichen die direkte Zuordnung der Fundorte zu den Katalognummern, die Zuordnung der Fundorte zur Datierung, die Zugehörigkeit der Fundmünzen zu den einzelnen Ausgrabungskampagnen und die Abgleichung der Katalognummern mit den Inventarnummern in Segobriga. Eine Bibliographie ist ebenfalls zu finden.

Da leider auf Karten und umfassendere historische Interpretationen des Fundmaterials verzichtet wird, kann dieser Band trotz des neueren Datenbestandes die ältere Publikation kaum ersetzen. Im Gegenteil wird die zukünftige Forschung zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Segobrigas wohl auf beide Publikationen zurückgreifen müssen. Darüber hinaus sollten sicher auch die weiteren Bände der Fundpublikationen des Archäologischen Parks von Segobriga in den Blick genommen werden. Hier lassen sich dank der regional und überregional bedeutenden Rolle von Segobriga und der guten Zugangssituation einer nicht modern überbauten antiken Stadt sicher wichtige neue Erkenntnisse über die iberische Halbinsel in römischer Zeit gewinnen.

Julia Hoffmann-Salz