Rezension über:

Andreas Stolzenburg / Hubertus Gaßner (Hgg.): Franz Ludwig Catel. Italienbilder der Romantik, Petersberg: Michael Imhof Verlag 2015, 493 S., 707 Farbabb., ISBN 978-3-7319-0257-7, EUR 59,95
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Rezension von:
Frauke V. Josenhans
Yale University Art Gallery, New Haven, CT
Redaktionelle Betreuung:
Ekaterini Kepetzis
Empfohlene Zitierweise:
Frauke V. Josenhans: Rezension von: Andreas Stolzenburg / Hubertus Gaßner (Hgg.): Franz Ludwig Catel. Italienbilder der Romantik, Petersberg: Michael Imhof Verlag 2015, in: sehepunkte 17 (2017), Nr. 2 [15.02.2017], URL: https://www.sehepunkte.de
/2017/02/28329.html


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Andreas Stolzenburg / Hubertus Gaßner (Hgg.): Franz Ludwig Catel

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Franz Catel (1778-1856), ein Name der immer wieder in Publikationen zum 19. Jahrhundert, besonders zur Landschaftsmalerei, auftaucht. Seine Werke befinden sich sowohl in großen nationalen, als auch in ausländischen Museen (u.a. Cleveland Museum of Art, Princeton University Art Museum, Metropolitan Museum of Art, Statens Museum for Kunst, Thorvaldsens Museum). In Rom gibt es auch eine Stiftung, la Fondazione Catel, die durch das Privatvermögen und Vermächtnis des Malers ins Leben gerufen wurde, um junge Künstler zu unterstützen. [1] Warum Catel bislang keine große Respektive in Deutschland gewidmet wurde, wie es bei so vielen seiner Zeitgenossen und Künstlerkollegen in den letzten Jahren der Fall war, u.a. Caspar David Friedrich, Carl Gustav Carus, Carl Rottmann, Karl Blechen, Ludwig Richter, Johann Wilhelm Schirmer, ist da ein Rätsel. Die Hamburger Kunsthalle behebt nun endlich diesen Mangel und widmet Catel die lang erwartete monografische Ausstellung. Organisiert wurde sie von dem Catel-Spezialisten Andreas Stolzenburg, der seit vielen Jahren den Künstler recherchiert und durch eine im Jahr 2007 organisierte Ausstellung, hauptsächlich mit Werken der römischen Fondazione Catel, bereits neues Interesse erwecken konnte. [2]

Man kann Catel dennoch kaum als einen "vergessenen Künstler" bezeichnen: Immer wieder tauchen vor allem seine stimmungsvollen Landschaften, Genre-Gemälde, u.a. mit Szenen aus dem neapolitanischen Volksleben, oder düstere Architekturszenen mit Mönchen besiedelt, in großen Ausstellungen zum 19. Jahrhundert generell und zur Landschaftsmalerei im Besonderen auf. Allerdings schien Catel lange das ungeliebte Stiefkind der deutschen Kunstgeschichte gewesen zu sein. [3]

Die Gründe dafür liegen vielleicht darin, dass seine Karriere fast gänzlich außerhalb von Deutschland stattfand, obgleich seine Kontakte zu seinem Geburtsland nie abbrachen und er in der Person des bayerischen Kronprinzen Ludwig einen wichtigen Mäzen hatte. Er feierte allerdings seine ersten Erfolge zunächst in Paris und kam dann zu Ruhm in Italien, in Neapel und natürlich in Rom. Auch ist ein anderer Grund hierfür vielleicht, dass er zu Lebzeiten zu erfolgreich war und seine Geschäftstüchtigkeit den Neid vieler anderer Künstler erregte. Dem ist ferner hinzuzufügen, dass sein Motivrepertoire mit Ansichten des italienischen Volkslebens und komponierten Landschaften aus der Sicht der Moderne zu repetitiv und gefällig erschien. Doch lässt die Ausstellung der Hamburger Kunsthalle und der dazugehörige Katalog ein neues Bild Catels entstehen, das sich nicht nur auf die licht-und farbengefüllten Ansichten des neapolitanischen Golfes beschränkt oder auf seine berühmtesten Werke wie die Fensteraussicht mit Karl Friedrich Schinkel vor dem Golf von Neapel und die spanische Taverne mit dem bayerischen Kronprinzen. [4]

Die Ausstellung und der Katalog kommen zu einem Zeitpunkt, in dem die transnationale Karriere Catels das Interesse von deutschen, italienischen wie auch französischen Forschern auf sich zieht. [5] "Ein Künstlerleben zwischen Berlin, Paris, Rom und Neapel" ist dann auch Titel des Aufsatzes von Stolzenburg, der den Auftakt gibt und die verschiedenen Stationen Catels und seine vielseitigen Tätigkeiten mit Daten und Fakten genau präsentiert. Dabei werden auch neueste Forschungsergebnisse miteinbezogen, wie z.B. das Studium des Malers und seine frühen Jahre in Paris sowie seine Kollaboration mit dem französischen Archäologen Aubin-Louis Millin.

Es folgen weitere Artikel, die jeweils ein anderes Kapitel aus Catels Leben untersuchen, i.e. seine Tätigkeit als Illustrator, Landschafts- und Genremaler, seine Kontakte mit russischen Künstlern und Auftraggebern, sowie das Bildnis des Künstlers aus der Hand von Zeitgenossen. Der eigentliche Katalog schließt sich den Aufsätzen an, analysiert und belegt bildlich diese verschiedenen Facetten und Stationen seiner Laufbahn. Dabei entsteht ein neues Bild von Catel, jenseits des idyllischen Malers, der mit seinen sich wiederholenden italienischen Motiven kommerziell viel Erfolg hatte. Einer der interessantesten und am wenigsten bekannten Aspekte seines Werkes sind die frühen Schaffensjahre Catels in Berlin und Paris. Insbesondere der Aufsatz zu seiner Illustrationstätigkeit, ebenfalls von Stolzenburg verfasst, stellt heraus, wie bedeutend Catel um 1800 in diesem Fache war: Dies wird deutlich durch seine Arbeit für viele deutsche, wie auch französische Verleger und Buchhändler wie Friedrich Vieweg und Johann Friedrich Cotta. Das Œuvre des Künstlers wird nuanciert dargestellt, seine Rolle innerhalb der römischen Künstlerschar wird neu untersucht, ebenso die Internationalität seiner Klientel u.a. aus Russland, England, und Frankreich.

Neue Forschungsergebnisse, neben der deutschen auch der französischen und italienischen Kunstgeschichte, die hier miteinbezogen werden, stellen einen besonders wichtigen Aspekt des Katalogs dar. Gerade Catels Beziehung zu Millin,, der ihn als Zeichner für seine Entdeckungsreise durch das Königreich Neapel im Jahr 1812 engagierte, wurde in den letzten Jahren neu untersucht. [6] Der italienische, in Paris arbeitende Kunsthistoriker Gennaro Toscano widmet sich dieser Tour, ihrer Hintergründe, und den verschiedenen Stationen der Kalabrienreise. Dies wird bildlich unterlegt von Catels gezeichneten Landschaften und Architekturansichten, die erst vor Kurzem in der Bibliothèque nationale de France wieder aufgetaucht sind.

Der Katalog erweist sich somit als ein neues Referenzwerk zu Catel, das dem Künstler endlich seinen verdienten Platz in der deutschen und europäischen Kunstgeschichte zuweist und zudem neue Pfade in der deutsch-französischen und deutsch-italienischen Kunstgeschichte aufzeigt.


Anmerkungen:

[1] http://www.fondazionecatel.it/arte/.

[2] Andreas Stolzenburg: Franz Ludwig Catel (1778-1856): Paesaggista e pittore di genere, Rom, Casa di Goethe, 2007.

[3] In Italien wurden ihm mehrere Ausstellungen gewidmet; zusätzlich zu der bereits genannten, die Schau Franz Ludwig Catel e i suoi amici a Roma. Un album di disegni dell'Ottocento, Elena di Majo, Rom, Galleria Nazionale d'Arte Moderna, Turin, 1996.

[4] Bildnis Karl Friedrich Schinkels in Neapel 1824, Ö. a. L., Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Inv. A II 284; Kronprinz Ludwig in der spanischen Weinschänke zu Rom, 1824, München, Neue Pinakothek, WAF 142.

[5] Siehe u.a.: France Nerlich / Bénédicte Savoy (Hgg.): Pariser Lehrjahre. Ein Lexikon zur Ausbildung deutscher Maler in der französischen Hauptstadt, Bd. 1 (1793-1843), Berlin / Boston 2013, 43-46; Frauke Josenhans / Nina Struckmeyer: "Les cercles des artistes allemands à Paris autour de 1800", in: Jessica L. Fripp u.a. (éds.): Artistes, savants et amateurs: art et sociabilité au XVIIIe siècle (1715-1815), Paris 2016, 87-100, insbesondere 95-97; Gennaro Toscano: "Granet et Catel entre Rome et l'Italie du Sud", in: Mari Pietrogiovanna: Uno sguardo verso Nord. Scritto in onore di Caterina Limentani Virdis, Padua 2016, 427-435.

[6] Anna Maria d'Achille / Antonio Iacobini / Gennaro Toscano: Le voyage en Italie d'Aubin-Louis Millin, 1811-1813, Paris 2014.

Frauke V. Josenhans