Rezension über:

Josef Riedmann (Hg.): Die Innsbrucker Briefsammlung. Eine neue Quelle zur Geschichte Kaiser Friedrichs II. und König Konrads IV. (= Monumenta Germaniae Historica. Briefe des späteren Mittelalters; III), Wiesbaden: Harrassowitz 2017, VII + 334 S., ISBN 978-3-447-10749-5, EUR 80,00
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Rezension von:
Andreas Fischer
Institut für Mittelalterforschung, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien
Redaktionelle Betreuung:
Ralf Lützelschwab
Empfohlene Zitierweise:
Andreas Fischer: Rezension von: Josef Riedmann (Hg.): Die Innsbrucker Briefsammlung. Eine neue Quelle zur Geschichte Kaiser Friedrichs II. und König Konrads IV., Wiesbaden: Harrassowitz 2017, in: sehepunkte 18 (2018), Nr. 1 [15.01.2018], URL: https://www.sehepunkte.de
/2018/01/30701.html


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Josef Riedmann (Hg.): Die Innsbrucker Briefsammlung

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Die Entdeckung neuer Quellen zur späten Stauferzeit im Allgemeinen und zur Kaiser- und Papstgeschichte des 13. Jahrhunderts im Besonderen darf angesichts einer langen Forschungstradition zu Thema und Zeitraum als außergewöhnlicher Glücksfall bezeichnet werden. Ermöglicht wurde ein solcher durch ein Katalogisierungsprojekt, im Zuge dessen der Handschriftenbestand der Universitäts- und Landesbibliothek in Innsbruck sukzessive erfasst und für die weitere Forschung besser als bislang erschlossen wurde. Dabei stieß man im Codex 400 auf eine Briefsammlung, die sich bei näherer Betrachtung unter anderem als Kompilation von insgesamt 36 Schriftstücken Friedrichs II. und 112 Dokumenten Konrads IV. entpuppte. Besonders bemerkenswert war die Tatsache, dass 27 der Schreiben des Stauferkaisers und etwa 100 Schriftstücke seines Sohnes und Nachfolgers allein im Innsbrucker Codex erhalten sind. Diese Dokumente, die das bisherige Bild vor allem der Herrschaft Konrads IV., insbesondere seiner Regierungspraxis in Süditalien, enorm bereichern werden, liegen in der Edition Josef Riedmanns nun erstmals gedruckt vor.

Vom Fund bzw. der Wiederentdeckung der Kompilation berichtet der Editor anschaulich in seiner Einleitung: wie Gottfried Klapeer zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits einen Teil der insgesamt 211 Mandate, Privilegien und Briefe als bislang unbekannte Dokumente aus spätstaufischer Zeit identifizierte, sich jedoch - nicht zuletzt bedingt durch den Ersten Weltkrieg - nicht weiter damit befasste, wie dann 2004 die Beschreibung des Codex im Rahmen der durchgeführten systematischen Erfassung der Handschriften die Aufmerksamkeit Riedmanns weckte und schließlich in die kritische Ausgabe der Kompilation mündete, die schon seit einer ersten Publikation aus dem Jahr 2006 als "Innsbrucker Briefsammlung" über die Fachgrenzen hinaus bekannt wurde. [1] Die der Edition zugrundeliegende Handschrift, der einzige Textzeuge der Kompilation, besteht aus insgesamt drei Teilen, deren dritter und letzter eben die Sammlung beinhaltet (fol. 96-195). Deren Entstehung wird hier aus paläographischen Gründen auf die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts, genauer: in die Zeitspanne von den 1260er bis 1280er Jahren datiert. Insgesamt vier Hände lassen sich unterscheiden (siehe dazu auch die farbigen Abbildungen zwischen 8 und 9); der Schreiber B war dabei für mehr als 90 Prozent der Einträge verantwortlich. Wie bei vielen Briefsammlungen nicht nur dieser Zeit üblich, fehlen die Namen der Aussteller und Empfänger in den meisten Fällen. Die Texte selbst sind bisweilen vollständig, oft aber in ihrem dispositiven Teil stark gekürzt oder nur als Exordien niedergeschrieben worden.

Kopiert wurde die Sammlung vermutlich in Süddeutschland oder im österreichischen Raum (5, 12), von wo aus sie zunächst in die Kartause Allerengelberg in Südtirol und schließlich, nach der Aufhebung des Klosters im Zuge der Josephinischen Reformen 1784 an die Universitätsbibliothek Innsbruck gelangte. Der genaue Ort ihrer Zusammenstellung und Abschrift lässt sich nicht ermitteln; ebenso muss im Dunkeln bleiben, ob der Transfer der Briefe in den Raum nördlich der Alpen über einen ehemaligen Kanzleiangehörigen erfolgte. Inhaltlich lässt sich allerdings für die staufischen Stücke (wohl über eine Zwischenstufe) die Herkunft aus einer Sammlung von Briefkonzepten oder gar einem Register Konrads IV. plausibel machen: die Masse der Schriftstücke scheint authentisch zu sein, nur wenige Dokumente werden - wie beispielsweise die am Beginn der Kompilation enthaltene Korrespondenz mit einem Sultan - vom Herausgeber als Stilübungen identifiziert (Nr. 184 und 185, siehe 11 und 27). Das gilt möglicherweise auch für so manchen der Trostbriefe, die sich am Ende der Sammlung finden (etwa Nr. 168, siehe 27). Wie ein "Fremdkörper" (11) wirkt unter der sonstigen Korrespondenz aus spätstaufischer Zeit ein Block von insgesamt zwanzig Schreiben aus der Briefsammlung des Transmundus (Nr. 186-205, dazu 24-26), der ebenfalls in der Kompilation Aufnahme fand.

Die Edition selbst zeichnet sich durch knappe Verweise auf weitere Überlieferungen und Drucke aus (47-291, zu den Editionsgrundsätzen siehe 30-33). Auch der Sachkommentar beschränkt sich zumeist auf Referenzen zu Orten und Personen. Erschlossen werden kann der Text durch mehrere Indices: Register der Orts- und Personennamen (295-303) und insgesamt vier Verzeichnisse der Wörter (304-316), der Initien (317-320), der Aussteller und Empfänger (321-323) sowie von Stellen aus der Bibel, dem Corpus iuris civilis sowie antiken und mittelalterlichen Quellen (324-326) stellen dabei hilfreiche Instrumente dar. Abschließend dem Band beigefügte Konkordanzen helfen dabei, die Briefe mit Einträgen bei den Regesta Imperii und den entsprechenden Stücken in der Petrus de Vinea-Ausgabe von Iselius abzugleichen (327-334).

Mit der vorliegenden Edition hat der Herausgeber weiteren Forschungen zur Geschichte der späten Stauferzeit den Boden bereitet. Eine intensive Auseinandersetzung mit den Texten dürfte in diesem Zusammenhang nicht nur neue Ergebnisse zur politischen Geschichte oder zur Herrschaftspraxis zutage fördern, sondern auch tiefere Einblicke in die Verwendung und vor allem Diffusion von Kanzleimaterialien und Briefsammlungen im an Kompilationen unterschiedlichster Art so reichen 13. Jahrhundert ermöglichen. Die gelungene Ausgabe wird zahlreiche interessierte Nutzer finden.


Anmerkung:

[1] Josef Riedmann: Unbekannte Schreiben Kaiser Friedrichs II. und Konrads IV. in einer Handschrift der Universitätsbibliothek Innsbruck. Forschungsbericht und vorläufige Analyse, in: DA 62 (2006), 135-200.

Andreas Fischer