Rezension über:

Carmel Posa (ed.): A Not-So-Unexciting Life. Essays on Benedictine History and Spirituality in Honor of Michael Casey, OCSO (= Cistercian Studies Series; 269), Collegeville: Cistercian Publications 2017, XVI + 426 S., ISBN 978-0-8790-7269-8, USD 39,95
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Rezension von:
Joachim Werz
SFB 923 "Bedrohte Ordnungen", Eberhard Karls Universität, Tübingen
Redaktionelle Betreuung:
Ralf Lützelschwab
Empfohlene Zitierweise:
Joachim Werz: Rezension von: Carmel Posa (ed.): A Not-So-Unexciting Life. Essays on Benedictine History and Spirituality in Honor of Michael Casey, OCSO, Collegeville: Cistercian Publications 2017, in: sehepunkte 18 (2018), Nr. 1 [15.01.2018], URL: https://www.sehepunkte.de
/2018/01/30782.html


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Carmel Posa (ed.): A Not-So-Unexciting Life

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Michael Casey zählt zu den bekanntesten Forschern und Autoren, die zur benediktinischen und zisterziensischen Spiritualität arbeiten. 18 Bücher und mehr als einhundert Artikel und Besprechungen stammen aus der Feder des Trappistenmönches der australischen Abtei Tarrawarra. Anlässlich seines 40-jährigen Schaffens wurde eine "Festschrift to honor Michael's unstinting service to the Cistercian and Benedictine world in particular, and the Christian community in general" (IX) publiziert. 18 Autorinnen und Autoren - darunter Mönche, Nonnen und Laien - aus vier Kontinenten und aus sieben unterschiedlichen Ländern schreiben zu Ehren von Michael Casey.

Im Jahr 2005 publizierte Casey eine Aufsatzsammlung mit dem Titel An Unexciting Life: Reflections on Benedictine Spirituality. Zwölf Jahre später wollen die Herausgeberin und der Autorenkreis - allesamt bezeichnen sie sich als Schülerinnen und Schüler von Casey - beweisen, dass der damals gewählte Titel zumindest nicht auf das monastische und wissenschaftliche Leben und Wirken von Michael Casey zutrifft. Die 18 Essays tragen zu einer facettenreichen Aufsatzsammlung sowohl zur benediktinischen Geschichte und Spiritualität als auch zur Honorierung des Lebens und Wirkens von Michael Casey bei.

Gleich zu Anfang muss der zentrale Kritikpunkt des vorliegenden Bandes benannt werden, da er in Zusammenhang mit dem Aufbau der Publikation steht: Die Beiträge wurden lediglich aneinandergereiht, ohne dass eine Struktur oder thematische Abgrenzung erkennbar wird. Für Lesende und Interessierte hätte die Festschrift entscheidend an Handhabbarkeit und Übersichtlichkeit gewonnen, wären die Beiträge thematisch gegliedert worden. Die Publikation hätte beispielsweise nach den in der Einleitung von Herausgeberin Carmel M. Posa erwähnten vier Sektionen des Buches strukturiert werden können, die letztlich nur noch in eine Gliederung des Inhaltsverzeichnisses (V-VI) hätten umgesetzt werden müssen. Auch die kenntnisreichen Beiträge von David Tomlins (1-5), Francisco Rafael de Pascual (374-402) und Graeme Rutherford (403-408) zu Leben und Wirken von Michael Casey hätten kompakt in einer ersten Sektion gesammelt werden können und müssten nicht verstreut platziert werden.

Eine weitere Sektion führt mit vier Beiträgen in die Welt der monastischen, näherhin der benediktinischen Spiritualität ein. Die Beiträge von Helen Lombard (6-34), Manuela Scheiba (35-60), David Barry (61-88) und Mary Collins (89-109) dokumentieren, auf persönlichen Erfahrungen basierend, sowohl den in der monastischen Welt erlebbaren "balanced lifestyle" (6-34) als auch die den klösterlichen Alltag formenden Elemente, wie Liturgie oder Lectio divina. Besonders interessant ist der Ansatz von Manuela Scheiba: Sie bringt die monastische Spiritualität in einen Dialog mit Martin Heideggers Aufsatz Das Fragen ist die Frömmigkeit des Denkens von 1954. Ihr thesenartiges Plädoyer lautet, dass sowohl die Ordensleute als auch alle Christen ihr Leben von den Texten der Heiligen Schrift und der Benediktusregel her reflektieren sollten.

In der dritten und zugleich umfangreichsten Sektion werden in neun Beiträgen vor allem Caseys Verdienste um die historische Benediktiner- und Zisterzienserforschung in den Mittelpunkt gestellt. Den Auftakt bildet der originelle und lesenswerte Aufsatz von Brendan Thomas, der sowohl eine Parallelisierung des Franziskus von Assisi und des Benedikt von Nursia mit Papst Franziskus und Papst Benedikt XVI. als auch eine Kontrastierung der genannten vier Personen verfasste (110-135). Er wertet dabei nicht nur die Kategorien von Pragmatismus, Idealismus, Individualismus und gemeinschaftlichem Handeln aus, sondern verortet auch alle vier Akteure in ihrem kulturellen und persönlichen Kontext und kommt so mit den paulinischen Worten zu dem Schluss: "Everyone has his own gift from God, one this, and another that" (134). Er plädiert für eine Akzeptanz des kirchlichen "both... and" (135), also für eine Kultur der Offenheit, Veränderungen anzunehmen und Vielfalt als Chance zu verstehen. Die Aufsätze zu Bernhard von Clairvaux von Elias Dietz (136-156) und Constant J. Mews (157-187) und jene im Bereich der benediktinischen und zisterziensischen Forschung von Bernardo Bonowitz (188-213), Terrence Kardong (214-232), Elizabeth Freeman (233-266), Austin Cooper (267-295), Katharine Massam (296-311) und Margaret Malone (312-330) arbeiten Aspekte heraus, die Anstoß für weiterführende Forschungsfragen liefern können. Es sei der Beitrag von Bernardo Bonowitz über "A Mirror for Abbots. The Pastoral Prayer of Saint Aelred" erwähnt, da seine Ausführungen einen wichtigen Beitrag für die Erforschung der zisterziensischen Spiritualität darstellen. Durch eine, wenigstens in den Fußnoten erfolgte Erwähnung, ob der von Aelred von Rievaulx formulierte Spiegel für Äbte in einer Tradition steht oder - so vermittelt es nun der Aufsatz - eine Innovation darstellt, hätten die Ausführungen entscheidend an Qualität gewonnen. Auch seine textnormativen Analysen hätten durch eine theologie- und sozialhistorische Kontextualisierung wesentlich profitiert.

Während die drei der insgesamt vier Themenblöcke eine historische und biographische Einordnung vornehmen, suchen zwei Beiträge nach neuen Richtungen und Zukunftsperspektiven des monastischen Lebens im 21. Jahrhundert. Aus europäischer Perspektive stellt Bernhard A. Eckerstorfer die Frage nach der bleibenden Bedeutung der christlichen und klösterlichen Botschaft (331-349). Seine Antwort basiert auf der Überzeugung, dass trotz der "transitory nature of contemporary monasticism" (332) die christliche Botschaft eine sinnstiftende Hoffnung und Inspiration für die verschiedensten Lebensgeschichten der Menschen im Heute sein könne, trotz der Krise der Spiritualität und des religiösen Lebens. Ein weiterer Essay stammt von Columba Stewart, der aus soziologischer und monastischer Perspektive sowohl den gesellschaftlichen Individualismus und die Unbeständigkeit als auch die Suche der Menschen nach Authentizität und Gemeinschaft in den Blick nimmt (350-373). Gerade in den monastischen Idealen und der klösterlichen Lebensweise sieht Stewart Chancen, diese gesellschaftlichen Fragen beantworten zu können, um so für glaubensnahe und -ferne Menschen im dritten Jahrtausend attraktiv zu sein.

An dieser Stelle sei ein Desiderat formuliert, das sich aus den beiden Beiträgen ergibt und zugleich deren Herangehensweisen kritisiert: Wenn kirchliche Verantwortliche - ob in der Pastoral oder Wissenschaft tätig - Zukunftsoptionen im 21. Jahrhundert für die monastische Spiritualität und das Ordensleben aufzeigen wollen, dann würden sie gut daran tun, aktuelle Gesellschaftsanalysen ernst zu nehmen, wie sie beispielsweise von zeitgenössischen Soziologen vorgelegt werden. Die Berücksichtigung der Forschungsergebnisse aus diesen Disziplinen kann helfen, über veraltete Kategorien der Herausforderungen wie Globalisierung oder Individualisierung hinwegzukommen und Konzeptionen zu entwickeln, die an die gesellschaftliche Realität und Situation anknüpfbar sind.

Das Buch schließt mit einer Liste aller Mitwirkenden (409-416) und einer bibliographischen Übersicht, die nicht nur Werke und Aufsätze von Michael Casey, sondern auch vier Hymnen aus seiner Feder anführt (417-426).

Trotz der Kritik an der Konzeption des Bandes, werden Leben und Wirken Michael Caseys gebührend gewürdigt. Durch die einzelnen Beiträge wird deutlich, dass das historische Erbe der Benediktiner und Zisterzienser zukunftsfähig ist und eine Botschaft für die Gesellschaft bereithält. Jedoch wird die entscheidende Innovation vermisst, die nachfolgende Generationen davon überzeugen kann, dass klösterliches Leben im 21. Jahrhundert A Not-So-Unexciting Life sein kann.

Joachim Werz