Dass Rechtsradikalismus auf verschiedene internationalistische Praktiken zurückgreift, könnte als eine nahezu redundante Erkenntnis erscheinen. Nicht zuletzt seit dem globalen Neuaufkommen rechtsextremer und rassistischer Parolen und Politik zu Beginn des 21. Jahrhunderts scheinen Verflechtungen im rechten Feld eine neue Zentralität erlangt zu haben. Doch nicht nur im öffentlichen, sondern auch im geschichtswissenschaftlichen Diskurs erlebt ein neues transversales Interesse für das Phänomen eine Hochkonjunktur [1].
Innerhalb dieser Forschungsagenda werden jedoch deutliche Lücken innerhalb des Forschungsdiskurses ersichtlich: Zwar stehen häufig spezifische, grenzübergreifende Beziehungen im Mittelpunkt. Aber nur die wenigsten Studien werfen die Frage auf, welche gemeinsamen Ideen und Praktiken eine zentrale Rolle in der historischen Entwicklung globaler rechtsextremer Verflechtungsprozesse eingenommen haben. Eine systematische historische Analyse des rechten Internationalismus geht daher häufig im Dickicht der unterschiedlichen Einzelfälle verloren.
Kyle Burkes Studie zu den Beziehungen zwischen Rechtsradikalen in den USA und im globalen Süden von den späten 1940er Jahren bis in die zweite Hälfte der 1980er Jahre erkennt im Antikommunismus des Kalten Kriegs das entscheidende weltweite Bindeelement im rechten Umfeld. Die Monografie geht auf eine an der Northwestern University vorgelegte Dissertationsschrift zurück und stellt die These auf, die von privaten US-Bürgern gebildete "anticommunist international" (2) habe als "genuinely international movement" zum "the rise of American conservatism in the global context" (5) maßgeblich beigetragen.
Alle sechs analytischen Kapitel folgen einer chronologischen Entwicklung und sind inhaltlich entlang einer räumlichen und geopolitischen Aufteilung geordnet. So behandelt das erste Kapitel die frühen Beziehungen von internationalen antikommunistischen Gruppierungen in den späten 1940er und 1950er Jahren in Ost- und Südostasien, auf dem amerikanischen Kontinent und Europa sowie den kurzlebigen World Anti-Communist Congress for Liberation and Freedom. Im folgenden Jahrzehnt, so Burke, "conservative Americans took a more active role in the anticommunist international" (53). So befasst er sich im zweiten Kapitel mit den rechten Bestrebungen gegen die kubanische Revolution und die Etablierung beziehungsweise Verstärkung linker Regierungen in der Karibik und Zentralamerika, Vietnam, Festlandchina, Kongo und Rhodesien. Nach den 1960er Jahren als "years of panic and desperation" (28) habe die 1966 gegründete World Anti-Communist League (WACL) zunächst den Rechtsextremen "fresh hope after years of frustration" gegeben (55). Zunehmend hätten dennoch gewaltbereitere Gruppen jenseits der US-amerikanischen Kontrolle inner- und außerhalb der WACL die Oberhand gewonnen und somit schließlich die bisherigen Kräfteverhältnisse gesprengt (84). So weist Burke im dritten Kapitel ebenfalls auf eine Radikalisierung ab den 1970er Jahren hin, die er nicht zuletzt in der neuen Qualität und Dimension staatlicher Gewalt und internationaler privater Beteiligung im Rahmen der Operation Condor, also der klandestinen Zusammenarbeit der südamerikanischen Militärdiktaturen zur Verfolgung und Ermordung von Oppositionellen, ausmacht.
Das vierte Kapitel bietet eine vornehmlich kollektivbiographische Darstellung ehemaliger CIA-Mitarbeiter, die in den späten 1970er Jahren infolge der Reformen unter US-Präsident Jimmy Carter die Agency verließen und "turned to the private sector and the world of conservative activism for employment" (92). Die Entstehung der Reagan-Doktrin in den 1980er Jahren, die eine globale Unterstützung antikommunistischer Guerilla vorsah, aus dem Gedankengut des privaten, antistaatlichen und internationalen Antikommunismus steht im Mittelpunkt des fünften Kapitels. Für besonders relevant hält Burke ihre Umsetzung in El Salvador und in Nicaragua sowie ihre Rolle in der Erarbeitung von "links between a rapidly militarizing right-wing movement at home and the glorification of mercenary adventures abroad" (152). Das sechste Kapitel behandelt schließlich "the highpoint of the anticommunist international" (156), die auf entscheidenden geheimstaatlichen sowie privaten Beteiligungen von US-amerikanischen Akteuren in der WACL sowie in den antikommunistischen Guerillas in Afghanistan, Angola, Laos und Kambodscha beruhte.
Das Spektrum an Praktiken dieses internationalen Verbunds habe sich, so Burke, sehr weit gestreckt: von Fundraising und Propaganda über nachrichtendienstliche Betätigung und politische Kundgebungen bis hin zur Kollaboration mit autoritären Regimen und zur Ausübung und Unterstützung von Putschen, Terroranschlägen, Guerillakrieg und (para-)militärischer Gewalt gegen Zivilbevölkerungen. Seine ideologischen Grundlagen seien außerdem primär auf zwei Prinzipien im rechtskonservativen und -extremen Weltbild zurückzuführen: einerseits auf die neoliberale Überzeugung, dass der föderale US-Staat als Hauptakteur - insbesondere nach der Niederlage im Vietnam-Krieg - keine wirksame weltweite Kommunismusbekämpfung hätte gewährleisten können; andererseits auf das Selbstverständnis der international aktiven rechtsextrem gesinnten Einzelfiguren zunächst als "defenders of national traditions and established hierarchies" (6) und später zunehmend als Widerstands- und Freiheitskämpfer gegen den Totalitarismus.
Schon in der kurzen Einleitung fasst Burke seine Forschungsergebnisse zusammen. Dabei finden Fragen zu Forschungsstand und methodischer Herangehensweise leider kaum Erwähnung. Dies hätte insbesondere in drei Fällen deutlichen analytischen Mehrwert erbracht. Eine begriffliche Schärfung und gegenseitige Abgrenzung der Termini "conservative", "right(-wing)" und "rightist" hätte sicherlich zur Verständlichkeit der folgenden Kapitel sowie der im Buch thematisierten Hybridisierungs- und Radikalisierungsdynamiken beigetragen. Zudem bleibt die Frage offen, inwiefern ein rechtskonservativer und -extremer Antikommunismus tatsächlich als "revolutionär" zu betrachten ist. Burke suggeriert, dass dies auf dem Selbstbild historischer Akteure beruhe, scheint sich jedoch zugleich in der dazugehörigen, verwirrenden Endnote zu widersprechen, indem er der Rechten ausschließlich die Fähigkeit einer Gegenrevolution oder Reaktion zuspricht (232). Dementsprechend bleibt unklar, wie die titelgebende Bezeichnung von "Revolutionaries for the Right" analytisch zu begründen ist. Zugleich entwickelt er sein vielversprechendes Konzept der Zentralität von Männlichkeitsbildern über die ursprüngliche Erwähnung hinaus nur in Einzelfällen (etwa 94-95, 109-113) weiter.
Trotz dieser konzeptionellen Schwierigkeiten bietet das Buch eine lesenswerte und erkenntnisreiche Lektüre, was nicht ausschließlich auf die mitreißende Prosa des Autors zurückzuführen ist. Vielmehr sind hierfür die vielfältigen und gewinnbringend eingearbeiteten Quellen entscheidend. Die Studie hinterlässt also einen ambivalenten Eindruck. Zum einen überzeugt sie durch die Breite des Quellenkorpus, die detailreiche Rekonstruktion historischer Ereignisse und den gewandten Schreibstil. Zum anderen bleibt sie ein systematisches Deutungsangebot schuldig. Im Dickicht ihrer Akteure und Ereignisse gehen die zentralen Aussagen der Studie zwar nicht verloren. Doch eine selektivere Betrachtung hätte sicherlich für mehr Konturen gesorgt, insbesondere jenseits der These vom Antikommunismus als alleinigem und selbsttreibendem Motor des globalen Rechtsradikalismus im Kalten Krieg.
Anmerkung:
[1] Vgl. etwa zu den transnationalen rechtsradikalen Beziehungen im Kalten Krieg: Andrea Mammone: Transnational Neofascism in France and Italy, New York 2015; Matteo Albanese / Pablo del Hierro: Transnational Fascism in the Twentieth Century. Spain, Italy and the Global Neo-Fascist Network, London 2016.
Kyle Burke: Revolutionaries for the Right. Anticommunist Internationalism and Paramilitary Warfare in the Cold War, Chapel Hill, NC / London: University of North Carolina Press 2018, 351 S., ISBN 978-1-4696-4073-0, USD 35,00
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