Federica La Manna (a cura di): Commercium. Scambi culturali italo-tedeschi nel XVIII secolo - Deutsch-italienischer Kulturaustausch im 18. Jahrhundert (= Villa Vigoni. Studi Italo-Tedeschi; 5), Florenz: Leo S. Olschki 2000, 230 S., ISBN 978-88-222-4958-6, EUR 24,78
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Susanne Winter (a cura di): Donne a Venezia. Vicende Femminili fra Trecento e Settecento, Rom: Edizioni di Storia e Letteratura 2004
Stefan M. Zucchi: Deutschland und die Deutschen im Spiegel venezianischer Berichte des 16. Jahrhunderts, Berlin: dissertation.de 2003
Die Aufsätze in diesem Band sind Beiträge einer Tagung, die vom 26. bis 28. November 1992 in der Villa Vigoni stattfand. Diese Einrichtung ist eine Stiftung, die dem wissenschaftlichen und kulturellen Austausch zwischen Italien und Deutschland gewidmet ist. In diesem Rahmen werden Wissenschaftler und Künstler, die sich mit deutsch-italienischen Projekten befassen, gefördert. Außerdem veranstaltet die Villa Vigoni Tagungen zu den unterschiedlichsten Themengebieten. Eine Aufsatzsammlung zu den kulturellen Beziehungen der beiden Regionen im 18. Jahrhundert wird dem Anspruch dieser Einrichtung in hohem Maße gerecht. Die Beiträge, teils in Italienisch, teils in Deutsch, gliedern sich in zwei Bereiche: Das soziale Leben und die Wissenschaft sowie Literatur und Kunst. Sie befassen sich mit Themen der Politik, Sozialgeschichte, Literaturrezeption, Geschichtsphilosophie, Gesellschaftskritik, Medizingeschichte, Bibliotheksgeschichte, Kunstkritik und Musik.
In der Einleitung verweist Federica La Manna zunächst darauf, dass hier ein gleichzeitig detaillierter und breit gefächerter Überblick über die Beziehungen zwischen Deutschland und Italien im 18. Jahrhundert angestrebt wird, wobei man beachten muss, dass es sich hier um die besonders dichten und vielfältigen Beziehungen zwischen zwei Kulturkreisen handelt, da man in beiden Fällen erst später von Nationen sprechen kann. Die Beiträge befassen sich mit den wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Strömungen vor dem Hintergrund der Aufklärung, die den Intellektuellen neue geistige Horizonte eröffnete, und die den Menschen verstärkt ins Zentrum der philosophischen Überlegungen rückte. Ein intensiverer Austausch dieser Ideen war durch verbesserte Zugriffsmöglichkeiten auf Bücher und Übersetzungen ermöglicht worden. Die damaligen Bibliotheksbestände zeigen, dass im 18. Jahrhundert Wissenschaft und Kunst noch zwei Seiten derselben Medaille waren. Insbesondere brachte das Reisen einen neuen Blick für die Dinge in ihrer Gesamtheit.
Paolo Bernardini stellt in seinem Beitrag die Übersetzungen und die Rezeption der philosophisch-politischen Schrift von Ferdinando Galiani über den Begriff der "Neutralität" vor. Der Editions- und Übersetzungsgeschichte des Werkes wird ein sehr breiter Raum gewidmet sowie auch der Resonanz seiner Ideen in der "Presse" und bei den Intellektuellen. Galianis Definition des Begriffs "Neutralität" wird zu den Ideen von "Völkerrecht" und "Naturrecht" in Beziehung gesetzt. Die Rezeption der Ideen Galianis dauerte noch bis ins beginnende 19. Jahrhundert an.
Von den italienischen Auswanderern in deutsche Städte im 17. und 18. Jahrhundert handelt der Beitrag von Daniela Neri. Dieses für die Wirtschaft und Sozialstruktur vieler großer deutscher Städte so bedeutende Phänomen wurde bislang nur in Einzelfällen erforscht. Dabei lassen sich Einwanderer aus Italien in den Städten (beispielsweise in Köln) schon im 16. Jahrhundert nachweisen, ganz abgesehen von den "Lombarden" des Mittelalters. Die Einwanderer des 18. Jahrhunderts stammten vorwiegend aus Oberitalien. Ihnen gelang zumeist eine rasche Integration in die Gesellschaft der Städte, zum Teil auch ein sozialer Aufstieg. Die Familie Cetto ist ein besonders gutes Beispiel hierfür. Der Wechsel von der italienischen in die deutsche Kultur brachte für sie einen sozialen Aufstieg vom Kaufmannsstand in den Beamtenstand und sogar in die für Nichtadlige äußerst schwer zugängliche Diplomatenlaufbahn. Dies gilt für das diplomatisch-politische Wirken des Anton Freiherr von Cetto (1756-1847) in bayerischem Dienst, der als Sohn eines Kaufmanns nach einer juristischen Ausbildung durch Heirat und seine Tätigkeit in herzoglichen Diensten den Aufstieg der Familie aus dem Bürgertum erreichte.
Fabio Marri befasst sich mit der Rezeption des Werkes von Lodovico Antonio Muratori (1672-1750), der heute hauptsächlich Mediävisten durch sein Hauptwerk, die Quelleneditionen "Antiquitates Italicae Medii Aevi" (1738-1742), bekannt ist. Er beschreibt den Einfluss der deutschen Kultur, insbesondere von deutschen Philosophen wie Leibniz, auf die intellektuelle Entwicklung des Historiographen. Die Resonanz, die Muratoris Schriften in Deutschland hatte, zeigen verschiedene Widmungsschreiben für den Dresdener Hof und die Universität Leipzig. Ganz besonders wird sie in den Briefwechseln sichtbar, die Muratori mit zahlreichen deutschen Gelehrten, wie Johann Burkhard, Friedrich Otto Mencke, Johann Albert und Johann Fabricius, führte.
Edoardo Tortarolo zeigt in seinem Beitrag die Widersprüche in den Beziehungen der italienischen Geschichtsphilosophie mit der deutschen Kultur auf. Dabei standen die historische Reflexion, die Quellenforschung und die Geschichtstheorien weder in Italien noch in Deutschland im 18. Jahrhundert in vorderster Linie des intellektuellen Interesses. Es gab Editionen und Übersetzungen einzelner deutscher Philosophen in Italien, die zum Teil mit interpretatorischen Problemen verbunden waren, was aber auch in der Problematik der Vielschichtigkeit der europäischen Philosophie im 18. Jahrhundert begründet war. Unter dem Begriff "Philosophie der Geschichte" befasste man sich insbesondere mit der Betrachtung des Problems des Verhältnisses der historischen Darstellung zur "Wahrheit". Zahlreiche Werke der deutschen Philosophen betonten den anthropologischen Aspekt der Geschichtsschreibung, das heißt ein Geschichtsmodell mit der entscheidenden Rolle des menschlichen Aspektes, im Gegensatz zur englischen "Universal History".
Fabio Todesco beschreibt die Rolle der Satire im Deutschland des 18. Jahrhunderts. Als Beispiel wählt er die "Charlataneria Eruditorum" von J. B. Mencke und ihre Verbreitung. Der 1715 entstandene Text erregte bei den Zeitgenossen großes Aufsehen und löste eine Anzahl kritischer Schriften über die Vorurteile in der Wissenschaft aus, in denen die zeitgenössischen Gelehrten meist wenig positiv charakterisiert wurden. Dabei unterschied Mencke genau zwischen den Gelehrten, die aus falschem Wissen, und denjenigen, die mit böser Absicht die Menschen "betrügen". Die Tatsache, dass das Buch gleichzeitig in Latein und in der jeweiligen Volkssprache publiziert wurde, weist auf verschiedene Leserkreise hin.
Der Aufsatz von Jürgen Konert befasst sich mit der Rezeption italienischer medizinischer Autoren in den Dissertationen der Universität Halle. Der Beitrag hebt sich durch seinen statistischen Ansatz, wodurch die Ergebnisse sehr prägnant dargestellt werden, ab. Mit einem Verweis auf die Problematik dieser Methode wird die Zitierhäufigkeit der medizinischen Autoren in den Dissertationen beschrieben, wobei erstaunt, dass die bedeutendsten (noch heute bekannten) wenig oder gar nicht zitiert wurden. Die Beachtung, die italienische Autoren fanden, war durchschnittlich und vergleichbar mit derjenigen der holländischen, französischen oder englischen Autoren. Religiöse, politische oder wissenschaftshistorische Motive spielten bei der Rezeption keine Rolle.
Maria Teresa Monti befasst sich mit der Bibliothek des Arztes, Politikers und Dichters Albrecht von Haller aus Bern (gestorben 1777). Er besaß eine umfangreiche Sammlung von medizinisch-biologischen Schriften. Die habsburgischen Reformer in der Lombardei erkannten ihre Bedeutung und erwarben sie für die Bibliothek der Brera, um diese zur ersten großen öffentlichen Bibliothek Mailands zu machen. Es gab verschiedene offizielle Bemühungen zum Erwerb und verschiedene Ansätze zur Katalogisierung des Bestandes.
Günter Berger untersucht in seinem Beitrag die Häufigkeit und Titel der italienischen Literatur in französischen Buchhandelskatalogen der Aufklärung. Der führende Einfluss des "Théâtre Italien" bestimmte das Vorherrschen von Lexika, Sprachlehrbüchern und Grammatiken. Die meisten Texte waren aktuell oder gehören der nahen Vergangenheit an. Bemerkenswert ist, dass die berühmten älteren italienischen Autoren, wie Dante oder Petrarca, in den Katalogen fehlen. Im Gegensatz dazu beschränkte sich die Rolle der italienischen Literatur in den literarischen und enzyklopädischen Schriften auf einen kleinen Kreis anerkannter Autoren der Vergangenheit. Die Buchhandelskataloge können eher als eine Art "Seismografen" für den Wandel des Publikumsgeschmacks angesehen werden.
Bianca Cetti Marinoni behandelt das Verhältnis von Christoph Martin Wieland zu Italien. Sein durch zahlreiche Übersetzungen großer Einfluss auf die italienische Literatur um 1800 ist in Deutschland wenig bekannt. Insbesondere der Germanist Aurelio di Bertola trat in Italien als Übersetzer und Kommentator der Werke Wielands hervor, der durch seine Formung durch die griechisch-römische Antike nach Meinung di Bertolas auch für die italienische Dichtung in die Reihe der Autoren zu stellen sei, die Erben der klassischen Tradition waren. Dabei rezipierte Bertola nicht nur die politischen, sondern auch die moralisch-ästhetischen Elemente der Schriften Wielands.
Michele Cometa befasst sich mit Goethes Reisen in Sizilien und insbesondere äußerst detailliert mit den Personen, denen er dort begegnet ist. Diese wurden zum Teil von Goethe literarisch verändert, lassen sich aber dennoch identifizieren. Der Autor stellt Thesen über den Einfluss dieser Personen auf Goethes Werk auf und vergleicht dieses mit demjenigen anderer Sizilienreisender. Die damalige Reiseliteratur bestand weitgehend darin, die Entwicklungen einer Nation oder einer Stadt in ihren einzelnen Phasen zu beschreiben, was Goethe schon bewusst war, da er sich ausführlich mit den Paradigmen und Vorurteilen der bisherigen Reiseliteratur befasste.
Edoardo Costadura stellt die Italienreise von Karl Philipp Moritz vor, die im Gegensatz zu dessen anderen Werken von der Forschung bislang wenig beachtet wurde und stets im Schatten der berühmten Italienreise Goethes stand. Der kulturelle Aspekt mit historischen und archäologischen Schwerpunkten, steht hier, im Gegensatz zu Moritz' anderen Reisebeschreibungen, im Vordergrund. Ihm lag daran, die antiken Autoren "vor Ort" zu lesen, ohne aber die aktuellen Gegebenheiten (wie etwa politische Institutionen oder die Kirche) außer Acht zu lassen. Daher zog er eine Beschreibung der Orte und Situationen vor, die eine Synopsis von Vergangenheit und Gegenwart zuließen. Seine Reisebeschreibung ist ein Buch über die Erinnerung und über den Blick, das Schauen. Sie schildert, wie sich beides über die Schriften bildet.
Elena Agazzi setzt die Ideen Winckelmanns in Bezug zu Bianconi, der dessen Schriften in Italien herausgab und kommentierte. Wie Goethe beschreibt auch Bianconi den Paganismus Winckelmanns und bezeichnet dessen Kunstbeschreibungen als vom Barock geprägt. Winckelmann habe ein Griechenland erschaffen, nicht Griechenland beschrieben.
Cecilia Campa untersucht die Rezeption italienischer Theorien in deutschen Traktaten zur Musik. Dabei stieß sie auf die Schwierigkeit, dass sich die bisherige Forschung auf die Rezeption der französischen Musikkultur beschränkte. Der große französische Einfluss ist in den Musiktraktaten sowohl in Italien als auch in Deutschland unübersehbar.
Giorgio Cusatelli stellt schließlich fest, dass die humanistische Kultur über den Barock hinaus einen Einfluss auf die ersten Anfängen dessen behielt, was später Aufklärung genannt und eine europäische Kultur werden sollte. Der Hintergrund bildete stets der große kulturelle Einfluss Frankreichs in Italien und in Deutschland. Die Intensität der kulturellen Beziehungen war stärker als bislang angenommen wurde, wie sowohl die neuen Forschungen zu traditionellen kulturhistorischen Fragen als auch diejenigen zu bislang unbehandelten Themen zeigen.
Das Problem bei diesem interdisziplinär angelegten Band ist, das die einzelnen Beiträge zum Teil zu sehr in der eigenen Disziplin verhaftet sind. Im Bemühen, neueste Forschungsergebnisse zu präsentieren, verlieren sich die Autoren manchmal derartig in Details, dass es für Angehörige anderer Disziplinen schwierig wird, die vertretenen Thesen und Andeutungen nachzuvollziehen. Als Beispiele sei hier nur die Selbstverständlichkeit genannt, mit der in einigen Beiträgen auf wenig bekannte Autoren des 18. Jahrhunderts und Details aus deren Werken stichwortartig hingewiesen wird.
Es wäre wünschenswert, wenn ein Buch über ein derartiges Thema im doppelten Sinne etwas leichter zugänglich wäre. Dadurch, dass Beiträge aus beinahe allen kulturellen Disziplinen vertreten sind, ließe sich auch Lesern, die keine ausgewiesenen Spezialisten auf dem Gebiet der Kultur des 18. Jahrhunderts sind, verdeutlichen, dass ein gemeinsames Europa keine Idee des 20. Jahrhunderts ist, sondern seine Wurzeln auch in gemeinsamen kulturellen Strömungen und im Austausch von politischen, philosophischen und anderen Ideen hat und somit mehr ist als ein rein wirtschaftlicher Zusammenschluss.
Carolin Wirtz