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Michael Ewans: Opera from the Greek. Studies in the Poetics of Appropriation, Aldershot: Ashgate 2007
Anne-Maria Wittke / Eckart Olshausen / Richard Szydlak: Historischer Atlas der antiken Welt. Unter Mitarbeit von Vera Sauer und weiteren Fachwissenschaftlern, Stuttgart: J.B. Metzler 2007
Ludwig Wamser (Hg.): Die Welt von Byzanz - Europas östliches Erbe. Glanz, Krisen und Fortleben einer tausendjährigen Kultur, Stuttgart: Theiss 2004
Obwohl sich seine Regierungszeit nahezu über ein halbes Jahrhundert erstreckt hat (408-450 nach Christus), gehört Theodosius II. erstaunlicherweise zu denjenigen römischen Kaisern, über die wir am wenigsten wissen. Noch mehr verwundert dieser Befund angesichts der Tatsache, dass unter seiner Herrschaft unter anderem vier wichtige Kirchengeschichten entstanden sind, diejenige des Philostorgios (um 430/440), des Sokrates (nach 439), des Sozomenos (vor 448) und Theodorets (Ende der 440er-Jahre). Während die aus der Perspektive des als häretisch verdammten Arianers Philostorgios formulierte 'Kirchengeschichte' nur fragmentarisch erhalten geblieben ist und erst in jüngster Zeit - vor allem durch die Arbeiten Bruno Bleckmanns - allmählich in den Blickpunkt der Forschung tritt [1], vermochten die drei 'orthodoxen' Historiker schon früh die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen: Bereits zu Beginn des 6. Jahrhunderts fasste Theodoros Anagnostes ihre Werke zusammen, und nach der Mitte des 6. Jahrhunderts entstand unter der Leitung Cassiodors ein lateinisches Gegenstück zu dieser griechischen Synopse, das als 'Historia Tripartita' bekannt geworden ist. [2] In den letzten Jahren hat sich insbesondere Hartmut Leppin in mehreren Arbeiten mit den drei Kirchenhistorikern beschäftigt und vor allem ihre historische Auswertung vorangetrieben, wodurch neue, wichtige Erkenntnisse zur Regierungszeit des Theodosius II. - insbesondere im Hinblick auf die auch für die kaiserliche Selbstrepräsentation wichtige Konzeption einer christlichen Kaiserherrschaft - gewonnen werden konnten. [3] Ganz so unbedeutend ist der historische Wert der 'Kirchengeschichte' des Sozomenos also nicht, auch wenn Günther Christian Hansen sie mit Blick auf ihre Abhängigkeit vor allem von Sokrates, aber auch von anderen Autoren bescheiden als "fromme Fleißarbeit", als "reader [...], aber als ein[en] immer noch sehr lesenswerte[n]", charakterisiert (65). So stellt das Werk immerhin eine wichtige Quelle für Wirken und Wirkung der einflussreichen Schwester des Kaisers, Pulcheria, dar und ist - wie Hansen selbst vermerkt - insbesondere auch für zeitgenössische Diskurse über das Mönchtum wichtig (32).
Mit der von Hansen erstellten zweisprachigen Sozomenos-Edition liegt nun erstmals auch eine deutsche Übersetzung der 'Kirchengeschichte' vor, und es bedeutet einen besonderen Glücksfall, dass dafür der kompetenteste Bearbeiter und zurzeit sicherlich beste Kenner des Sozomenos-Textes gewonnen werden konnte, der seinen eigenen Worten zufolge bereits seit 45 Jahren mit diesem Autor vertraut ist (73) und der zuvor unter anderem schon die griechische Edition der 'Kirchengeschichte' von Joseph Bidez bearbeitet, eingeleitet und zum Druck vorbereitet hatte. [4] Auf dieser Ausgabe beruht im Übrigen auch der griechische Text der vorliegenden zweisprachigen Fassung, allerdings mit einigen Änderungen (vergleiche 71).
Die ebenso ansprechende wie anspruchsvolle Einleitung, die Hansen der 'Kirchengeschichte' voranstellt, gibt ein beredtes Zeugnis von seiner Vertrautheit mit dem Text. Die Biografie des Autors, wesentliche Eigenschaften des Textes sowie vor allem der Umgang des Sozomenos mit seinen Quellen werden wie selbstverständlich dargelegt und anschaulich erläutert. Hansen sieht in dem um 440 noch als Rechtsanwalt praktizierenden Autodidakten Sozomenos (16 f.), der starke Vorlieben für das Mönchtum hatte, einen "orthodox christlich erzogenen, juristisch gebildeten, kirchlich engagierten und mit wachem Interesse begabten, drei Sprachen beherrschenden, theologischen Feinheiten gegenüber eher reservierten Mann" (24), der mit seiner 'Kirchengeschichte' insbesondere den "von Gott selbst bewirkte[n] und als Wunder aufgefaßte[n] Übergang der Reichsbevölkerung zum christlichen Glauben" habe behandeln wollen (24). Dieses Werk habe nicht nur Christen, sondern auch Heiden ansprechen sollen, und insbesondere als Konzession gegenüber letzteren lasse sich auch der Umgang des Autors mit Originalurkunden deuten: Sozomenos bevorzuge die inhaltliche Zusammenfassung anstelle der für Kirchengeschichten üblichen wörtlichen Wiedergabe, weil dies eher den Usancen der traditionellen Historiografie entsprochen habe (34).
Besonders erhellend sind Hansens Ausführungen zu Sozomenos' Auseinandersetzung mit seiner "Vorlage" (52) Sokrates, ein Prozess, den er als "komplementäre[s] Überbieten [...]" umschreibt (56), insofern der Autor das bei seinem Vorgänger vorgefundene Material inhaltlich erweitert und stilistisch bearbeitet, jedenfalls keineswegs einfach nur abgeschrieben habe (52 f.).
Die Übersetzung verbindet einen flüssigen Duktus mit korrekter Wiedergabe des Textes. Hansen selbst hat in einem separaten Kapitel seiner Einleitung offen die Schwierigkeiten beschrieben, mit denen er als Übersetzer konfrontiert war, und benennt dabei die wichtigsten Kriterien, denen seine Wiedergabe des griechischen Textes folgt (73 ff.). Der Übersetzung ist ein kurzer Anmerkungsapparat beigefügt, der den Leser bequem mit den für das unmittelbare Textverständnis wichtigsten Informationen versorgt. Ein Quellenverzeichnis (Bd. 4, 1112-1122), eine Zusammenstellung der modernen Forschungsliteratur (1122-1128) sowie ein sehr ausführlicher und hilfreicher Registerteil (1129-1164) schließen das Werk ab.
Aufgrund der engen Vertrautheit des Übersetzers mit der Überlieferungsgeschichte der 'Kirchengeschichte' liegt mit dieser zweisprachigen Edition mehr vor als lediglich eine Übersetzung mit hinzugefügtem griechischen Text. Diese vier Bände stellen das Ergebnis jahrzehntelanger Forschungen dar - ein sehr beachtliches Ergebnis, das sich in jedem Falle sehen lassen kann, den 'Fontes Christiani' einmal mehr ein hervorragendes Zeugnis ausstellt und die Messlatte für die noch ausstehenden zweisprachigen Editionen des Sokrates und Theodorets sehr hoch hängt.
Anmerkungen:
[1] Siehe zuletzt Bruno Bleckmann: Konstantin in der Kirchengeschichte Philostorgs, in: Millennium. Jahrbuch zu Kultur und Geschichte des ersten Jahrtausends n. Chr. 1 (2004), 185-231. Vgl. ferner Hartmut Leppin: Heretical Historiography: Philostorgius, in: Studia Patristica 34 (2001), 111-124; Gabriele Marasco: The Church Historians (II): Philostorgius and Gelasius of Cyzicus, in: Gabriele Marasco (Hg.): Greek and Roman Historiography in Late Antiquity. Fourth to Sixth Century A.D., Leiden / Boston 2003, 257-288.
[2] Dazu siehe auch Hansen, Bd. 1, 66-69.
[3] Hartmut Leppin: Von Constantin dem Großen zu Theodosius II. Das christliche Kaisertum bei den Kirchenhistorikern Socrates, Sozomenus und Theodoret, Göttingen 1996; ders.: The Church Historians (I): Socrates, Sozomenus, and Theodoretus, in: Gabriele Marasco (Hg.): Greek and Roman Historiography in Late Antiquity. Fourth to Sixth Century A.D., Leiden / Boston 2003, 219-254.
[4] Sozomenus: Kirchengeschichte, hg. von Joseph Bidez (gestorben), eingeleitet, zum Druck besorgt und mit Registern versehen von Günther Christian Hansen, Berlin 1960, 2., durchgesehene Auflage 1995.
Mischa Meier