Matthew Glozier: Marshal Schomberg (1615 - 1690). "The ablest soldier of his age", Brighton: Sussex Academic Press 2005, XXVIII + 250 S., ISBN 978-1-903900-61-1, USD 17,95
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Friedrich Hermann von Schomberg war ein Kind des Dreißigjährigen Krieges: früh verwaist, verlor er durch die pfälzisch-böhmische Niederlage gleich zu Beginn auch noch mit dem Kurfürsten von der Pfalz den traditionellen Patron seiner mittelrheinischen Familie. Weder die Zeiten noch sein persönlicher Ehrgeiz oder auch seine Abenteuerlust ließen ein ruhiges Leben auf den Familiengütern zu. Der Krieg bot ihm vielmehr ein reiches Betätigungsfeld, um zu Ruhm, Ansehen und Vermögen zu kommen. Seit den 1630er Jahren diente er so in schwedischen und niederländischen Diensten, wo er neue Verbindungen knüpfen und eine neue Patronage im Umfeld der Oranier finden konnte. Deren Niederlage im inneren politischen Streit der Niederlande im Jahr 1650 zwang jedoch zu einer erneuten Umorientierung, die - ohne dass die Verbindung zum Haus Oranien ganz gekappt wurde - Schomberg nach Frankreich führte. Dort baute er ein neues Beziehungsnetz auf und fand im exilierten englischen König einen wichtigen Fürsprecher, weil er verwandtschaftliche Beziehungen nach England besaß und seine Familie in kurpfälzischen Diensten dorthin weitere Kontakte hatte knüpfen können.
In Frankreich machte Schomberg in zahlreichen Kommandopositionen in der Armee auf sich aufmerksam und stieg vergleichsweise schnell durch die Ränge auf, obwohl er kein Franzose und von reformierter Konfession war. Dies kann als Zeichen dafür angesehen werden, dass seine militärischen Dienste durchaus hohe Anerkennung in seiner neuen Heimat fanden. Der Pyrenäenfrieden von 1659 machte diese dort jedoch vorerst überflüssig. Er suchte daher erneute Beschäftigung an anderer Stelle und fand sie mit dem Kommando über französische und englische Truppen, die in Portugal für dessen Unabhängigkeit von Spanien kämpften. 1670 verließ Schomberg dann den portugiesischen Kriegsschauplatz, der ihm neben großem Ärger durch politische Querelen auch mehrere Siege in Schlachten und Gefechten eingebracht hatte, die ihm gutgeschrieben wurden. Zurück in Frankreich, führte er verschiedene Kommandos im Holländischen Krieg und stieg angesichts einiger Erfolge zum Marschall, also in den höchsten Rang der französischen Armee, auf.
Die Vertreibung der Hugenotten aus Frankreich 1685 brachte erneut eine große Wende in Schombergs Leben, der nun - da er in seinem Glauben fest blieb - seine Wahlheimat Frankreich verlassen musste. Kurzzeitig trat er in brandenburgische Dienste, schloss sich dann aber, sozusagen zu seinen Wurzeln zurückkehrend, bald Wilhelm III. von Oranien bei dessen Invasion in England 1688 an.
Dort erfuhr der nunmehr greise Marschall eine Reihe von Ehrungen in Form von Titeln und Ämtern, ohne dass seine militärischen Qualitäten wirklich gebraucht wurden. Seine Rolle war mittlerweile überwiegend im politischen Teil des Unternehmens zu suchen, nämlich als Führungsfigur für die exilierten Hugenotten sowie als vertrauenswürdiger Kontaktmann zu protestantischen und antifranzösischen Kreisen und Mächten, deren Unterstützung für die Sache des Oraniers über Schomberg gewonnen werden konnte.
1689 führte er das militärische Kommando über die oranischen Truppen in Irland, verstrickte sich dort aber auch in politische Streitigkeiten. Zudem war ihm die fatale Fehlentscheidung anzulasten, die Armee über längere Zeit an einem Ort lagern zu lassen, wobei mehr als die Hälfte der Truppe wegen der schlechten hygienischen Verhältnisse starb oder erkrankte. Darunter litt Schombergs Ruf als fähiger General beträchtlich. Auch mit seiner Gesundheit stand es nicht mehr zum besten, so dass er nur noch am Rande in die Entscheidungsprozesse eingebunden war, die unter Wilhelms persönlicher Führung zur Schlacht am Boyne-Fluss am 1. Juni 1690 führten, in deren Verlauf Schomberg fiel. Möglicherweise hatte er sich bewusst der Gefahr ausgesetzt, nachdem er seine Kräfte und seinen Einfluss hatte schwinden sehen müssen - jedoch gibt es dafür keinen Beweis.
Die einzige Konstante in Schombergs Leben war das Fehlen von Sicherheit und Beständigkeit, das letztlich durch den Wegfall der kurpfälzischen Patronage verursacht worden war. So arbeitete er zeitlebens an neuen Netzwerken in den Niederlanden, England, Frankreich und Portugal, konnte aber selbst mangels einer eigenen Hausmacht in diese Netzwerke nur seine Person und seine militärischen Erfolge einbringen. Blieben die aus, musste er um seinen Wert als Gefolgsmann fürchten. Das erklärt, warum er in Gefechten immer wieder ein hohes Risiko einging: Die Gefahr eines Ansehensverlusts schien ihm gravierender als alles andere. Siebzigjährig verlor er dann 1685 in Frankreich, wo er sich weitgehend etabliert hatte, Ansehen und Besitz, weil er in seinem Glauben fest blieb. Das war angesichts seines bisherigen Lebens ein erstaunlicher Luxus, führte aber auf der anderen Seite dazu, dass er in seinen verbleibenden Jahren selbst zu einer politisch wichtigen Persönlichkeit mit eigenem Gewicht, nämlich zu einem Kopf des hugenottischen Exils, wurde. In dieser Funktion und weniger als Soldat unterstützte er dann die Glorious Revolution in England.
Gloziers Interesse an Schomberg entspringt seinen früheren Forschungen zu den Hugenotten, was den Schwerpunktsetzungen des Buchs auch anzumerken ist. Dennoch legt er erstmals seit 1789 eine Monographie zum Marschall vor, die zuverlässig aus meist gedruckten Quellen dessen Lebensweg nachzeichnet. Wahrscheinlich wurde Schomberg bisher von der Forschung vernachlässigt, weil er keiner nationalen Geschichte wirklich zuzuordnen ist, sondern eine europäische Figur darstellte, die in gewisser Weise typisch für viele Schicksale des 17. Jahrhunderts war. Zwar stiegen nur wenige in so hohe Ränge auf, aber viele versuchten ihr Glück in wechselnden militärischen Diensten und Patronagenetzwerken, weil die traditionellen Beziehungsgeflechte und Karrieremuster durch den Dreißigjährigen Krieg zerschlagen wurden. So ist die Lektüre des Buches allen zu empfehlen, die sich mit einem möglicherweise typischen Lebenslauf dieser Zeit und mit den Strukturen und Rahmenbedingungen solcher Lebensläufe vertraut machen wollen.
Weniger geeignet ist das Buch für denjenigen, der sich mit Schombergs militärischen Leistungen befassen will. Diese bleiben bei Glozier weitgehend unbeachtet und spielen nur eine marginale Rolle. So wird nicht deutlich, ob Schomberg wirklich ein hochbefähigter Soldat war, der aufgrund dieser Fähigkeiten Karriere machte, oder ob dabei geschickte Politik, das Anknüpfen von Beziehungen und andere nicht-militärische Faktoren eine größere Rolle gespielt haben als die Siege, die auch von Niederlagen überschattet wurden. War die Risikobereitschaft im Gefecht, von der Glozier immer wieder berichtet, charakterlich angelegt oder ein kalkuliertes Erzwingen von Erfolg als dem einzigen Garanten für eine immer weiter laufende Karriere? Solche und andere Fragen zu Schombergs eigentlichem Metier, dem Soldatsein, werden nicht beantwortet, versprechen aber einen wichtigen Beitrag zur Vertiefung unserer Kenntnis über die Strukturen des Militärwesens dieser Zeit. Es steht zu hoffen, dass Glozier den Weg zu einer weiteren vertieften Beschäftigung mit dieser interessanten Persönlichkeit geebnet hat.
Max Plassmann