Ronald J. Dale: The Fall of New France. How the French lost a North American empire 1754 - 1763, Toronto: Lorimer 2004, 96 S., ISBN 978-1-55028-840-7, USD 19,95
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Der 29. August 2006 ist in Deutschland in Wissenschaft und Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet vorübergegangen. Der Tag, an dem sich - aus deutscher Perspektive betrachtet - der Ausbruch des Siebenjährigen Krieges zum 250. Mal jährte, war hierzulande kein Thema. Der preußische Einmarsch in Sachsen war dies wohl deshalb nicht, weil es sich um den Beginn eines Angriffskrieges, im besten Fall eines Präventivkrieges handelte, dem keine Kriegserklärung vorausging. Die überfallartige Besetzung Sachsens durch die Truppen Friedrichs des Großen gilt daher oft noch als Indiz für einen preußisch-deutschen Militarismus, der in letzter Konsequenz zwei Weltkriege verschuldet hat. An den Siebenjährigen Krieg zu erinnern, sich mit ihm zu beschäftigen, trifft wegen der jüngsten Vergangenheit in Deutschland nach wie vor auf einige Vorbehalte.
In den Vereinigten Staaten von Amerika und in Kanada gibt es solche Vorbehalte nicht. Die Beschäftigung mit Krieg ist dort seit je her gang und gäbe. Allerdings ist der Siebenjährige Krieg, der French and Indian War, wie Ronald J. Dale feststellt, in Nordamerika nur mehr wenig bekannt: "In the United States it has been overshadowed by the history of the American Revolution and the Civil War 90 years later. Canadians tend to think of the war only in terms of one of its battles - the Plains of Abraham" (84) - die Schlacht und die Eroberung von Quebec 1759. Ronald Dale, der Historiker und Superintendent of Niagara National Historic Sites, die einige Schauplätze des Siebenjährigen Krieges in Kanada umfassen, hat deshalb das Jubiläumsjahr 2004 zum Anlass genommen, mit "The Fall of New France. How the French lost a North American Empire 1754-1763" eine knappe und reich illustrierte Zusammenfassung der politischen und militärischen Ereignisse dieser Auseinandersetzung auf dem nordamerikanischen Schauplatz vorzulegen.
Dale wendet sich mit dem Büchlein an ein breites Publikum. Er will, je nach Leser, informieren oder erinnern. Er hat nicht neu geforscht, erhebt keinerlei wissenschaftlichen Anspruch außer dem, die Dinge informativ, d.h. knapp und exakt, zu präsentieren. Das gelingt ihm von einer Ausnahme abgesehen gut. Er schildert in chronologischer Reihenfolge die Entstehung und den Verlauf der Auseinandersetzung, angefangen mit dem Tod des französischen Fähnrichs Joseph Coulon de Villiers Jumonville 1754, der den Konflikt auslöste, über das Massaker von Fort William Henry 1757, die Eroberung Quebecs 1759 bis zur französischen Kapitulation 1760. Dabei berücksichtigt Dale mehr als bei englischsprachigen Autoren sonst üblich die französische Sichtweise auf das Geschehen. Zudem geht er besonders auf das Schicksal der native nations, der Indianer, ein. Diese waren zu Beginn des Krieges Verbündete und Partner der europäischen Kontrahenten, spielten am Ende des Krieges aber sowohl auf französischer als auch auf britischer Seite nur noch eine periphere Rolle und wurden schließlich, auch dies ein wesentliches Ergebnis des Krieges, von ihrem Grund und Boden vertrieben.
Die erwähnte misslungene Ausnahme bildet der kurze Überblick über das Kriegsgeschehen in Mitteleuropa, in Hannover, Hessen und Westfalen; Schlesien kommt in der Darstellung gar nicht vor. Von Dales Ausführungen zu den Feldzügen der Alliierten Armee (nicht preußischen) unter Ferdinand von Braunschweig (nicht Friedrich dem Großen) gegen die Franzosen stimmt leider - nichts! Lediglich Zeit und Ort der Schlacht bei Warberg 1760 sind richtig wiedergegeben. Dies macht deutlich, wie wenig man sich im Rahmen des Siebenjährigen Krieges - nach wie vor - in Kanada und den Vereinigten Staaten für die Vorgänge in Deutschland interessiert.
Aber in Deutschland ist es - umgekehrt - kaum anders. Über den Siebenjährigen Krieg und seine Auswirkungen in Nordamerika wie auch in Westafrika, Indien, der Karibik und auf den Philippinen ist hier nur wenig bekannt. Dass sich dies hier für die militärischen Ereignisse und die politischen Auswirkungen im Nordamerika des 18. Jahrhunderts ändern könnte, dazu kann Dales Bändchen beitragen.
Jürgen Luh