Rezension über:

Wilhelm Diedenhofen / Bert Thissen: Clivo-Polis. Die Stadt Kleve im Jahre 1653, Kleve: Stadtarchiv Kleve 2005, 110 S., ISBN 978-3-922412-16-8, EUR 23,50
Buch im KVK suchen

Rezension von:
Irmgard Hantsche
Historisches Institut, Universität Duisburg-Essen
Redaktionelle Betreuung:
Michael Kaiser
Empfohlene Zitierweise:
Irmgard Hantsche: Rezension von: Wilhelm Diedenhofen / Bert Thissen: Clivo-Polis. Die Stadt Kleve im Jahre 1653, Kleve: Stadtarchiv Kleve 2005, in: sehepunkte 7 (2007), Nr. 9 [15.09.2007], URL: https://www.sehepunkte.de
/2007/09/12000.html


Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Wilhelm Diedenhofen / Bert Thissen: Clivo-Polis

Textgröße: A A A

Der von Wilhelm Diedenhofen und Bert Thissen herausgegebene und auch weitgehend verfasste großformatige und gut ausgestattete Band im Querformat widmet sich ausschließlich einem Doppelwerk: dem im Jahr 1653 erschienenen Stich des Stadtprospekts von Kleve nach dem Entwurf von Hendrick Feltman und der dazu gehörenden ausführlichen Beschreibung der Geschichte Kleves in lateinischer Sprache von Hermann Ewich. Beide wurden bei Jacob van Biesen in Arnheim gedruckt. Ein Original des Stiches ist nicht mehr erhalten. Wir kennen nur Nachdrucke vom Ende des 19. Jahrhunderts im Format 408 x 2162 mm, die - wie schon das Original des 17. Jahrhunderts - aus vier Einzelblättern zusammengesetzt sind. Auch der beschreibende Text galt lange Zeit als verloren und wurde erst vor wenigen Jahren wiederentdeckt.

Die Publikation enthält mehrere Beiträge, die sich sowohl mit dem aus Kalkar stammenden Künstler Feltman und seinem Stadtprospekt beschäftigen, wie auch mit dem als Pfarrer in Xanten und Wesel tätigen Autor Ewich und seinem Text sowie mit dem niederländischen Drucker van Biesen. Eingangs widmet sich Bert Thissen allgemein Stadtdarstellungen bis zum 17. Jahrhundert und befasst sich dabei auch mit den schriftlichen Beschreibungen. Dadurch ermöglicht er es den Lesern, die Abbildung Kleves sowie Ewichs Text in einen größeren Kontext einzuordnen. In einem weiteren Kapitel erläutert er zudem die auf Feltmans Stich dargestellte Topographie und die Bauwerke Kleves. Da dem Buch (in einer Tasche am Ende des Bandes) ein Falzprospekt des Stiches im Großformat von 21 x 112 mm beigegeben ist, sind alle erwähnten Einzelheiten gut wahrzunehmen, sodass sich auch Leser gut zurechtfinden, die Kleve nicht kennen.

Hendrick Feltman fertigte nicht nur die Vorlage für den großformatigen Stich von Kleve, sondern zeichnete eine große Anzahl kleinerer Vedouten niederrheinischer Städte, wie Wesel, Emmerich, Rees, Xanten, Duisburg, Orsoy und Kranenburg, die häufig bereits zu seiner Lebenszeit als Druckvorlagen Verwendung fanden. Am zahlreichsten sind seine Darstellungen Kleves, der Residenzstadt des unter brandenburgischer Herrschaft stehenden Herzogtums. So gibt es allein mehrere Versionen des Stadtprospekts, die teilweise auch den Hintergrund für Porträtdarstellungen bilden, etwa für die Reiterbilder des kurfürstlichen Statthalters, Johann Moritz von Nassau-Siegen.

Aber auch Architekturskizzen und Darstellungen der Landschaft am Niederrhein hat Feltman geschaffen, als Zeichnungen, die oft mit Tusche ergänzt wurden. Gerard Lemmens gibt in seinem Beitrag "Leben und Werk von Hendrick Feltman" nicht nur einen Überblick über dieses reiche Œuvre und geht dabei auch auf die Technik des Künstlers ein, sondern er listet auch sämtliche heute noch erhaltenen Werke auf, viele davon mit Abbildungen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den exzellenten Zeichnungen. Sie machen den Hauptbestandteil von Feltmans Schaffen aus, während nur wenige Gemälde von seiner Hand bekannt sind, wie ein Vogelschauplan der Stadt Nimwegen.

Der großformatige Stich Feltmans aus dem Jahre 1653 hat durch die umfangreiche Descriptio Clivopoleos von Herman Ewich ein literarisches Pendant erhalten, dem sich der zweite Schwerpunkt dieser Veröffentlichung widmet. Wilhelm Diedenhofen stellt in seinem ersten Beitrag das Leben und vielseitige Schaffen Ewichs dar, von dem 1668 mit der Vesalia auch eine Geschichte seiner Heimatstadt Wesel erschien. Ewich war reformierter Theologe, aber auch Altertumsforscher. Während seiner frühen Zeit als Pfarrer in Xanten boten ihm die dortigen römischen Überreste und Inschriften sehr viel Material, das er nicht nur beschreibend, sondern teilweise auch mit Zeichnungen dokumentierte. Dazu gehörten auch die Altertümer aus der Sammlung des Kurfürsten und seines Statthalters Johann Moritz von Nassau-Siegen in der Klever Burg. Viele dieser Stücke sind uns heute nur noch durch die Beschreibungen und Zeichnungen Ewichs bekannt, wie Diedenhofen aufzeigen kann.

In seinem zweiten Beitrag hat Wilhelm Diedenhofen Ewichs Descriptio Clivopoleos nicht nur textkritisch bearbeitet, sondern auch aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt. Er hat damit eine für den modernen Leser wichtige zweisprachige Ausgabe dieser Geschichte Kleves geschaffen, die vor allem die römische Zeit berücksichtigt und die Herrschaft der Römer am gesamten Niederrhein spiegelt. In ihrem zweiten Teil geht Ewich dabei ausführlich auf die römischen Altertümer ein und legt dabei ein besonderes Gewicht auf die - zu seinen Lebzeiten noch sehr zahlreich erhaltenen - Inschriften. Diedenhofen gestaltet diesen Beitrag besonders leserfreundlich, indem er seine deutsche Übersetzung dem lateinischen Text direkt gegenüberstellt und zudem durch inhaltsbezogene Abbildungen ergänzt.

Im letzten Beitrag des Bandes schließlich geht Bert Thissen auf den Arnheimer Buchdrucker Jacob van Biesen ein, in dessen Offizin 1653 - wohl in kleiner Auflage - sowohl Feltmans Stadtprospekt wie auch die ihm beigegebene Beschreibung Hermann Ewichs erschienen. Sicherlich in mühsamer Kleinarbeit hat Thissen dafür auch eine umfangreiche Auflistung aller bei van Biesen verlegten Werke zusammengestellt. Doch er beschränkt sich nicht auf die Biographie und die Verlags- und Druckertätigkeit van Biesens, sondern bettet sie ein in eine ausführliche Darstellung des Druckgewerbes und der Buchproduktion am Niederrhein und in den Niederlanden während des 16. und 17. Jahrhunderts. Der Leser erhält auf diese Weise einen guten Überblick über den Umfang, die Geschäftspraktiken sowie die Probleme, und das heißt zugleich über die Bedeutung des Buchgewerbes und des Buchvertriebs in der frühen Neuzeit.

Insgesamt bietet die Publikation "Clivopolis. Die Stadt Kleve im Jahre 1653" erheblich mehr als der Leser vom Titel her erwarten kann. Denn sie behandelt nicht nur den von Hendrick Feltman gezeichneten Stich und die dazu gehörige Beschreibung Hermann Ewichs. Vielmehr gehen die Einzelbeiträge, die sinnvoll auf einander abgestimmt sind, über die Betrachtung der Stadt Kleve und über die Analyse der beiden Werke von Feltman und Ewich hinaus. Indem die Autoren ausführlich auf die Hintergründe und das breite Umfeld eingehen und dabei auch generelle Fragen erörtern, liefern sie zugleich einen wichtigen Beitrag zur allgemeinen Geschichte des Niederrheins in der frühen Neuzeit. Dass das Buch auch in Hinsicht auf die Auswahl und Qualität der Bilder sowie die drucktechnische Ausführung gelungen ist, stellt einen weiterer Anreiz dar, sich näher mit ihm zu beschäftigen.

Irmgard Hantsche