Rezension über:

Pedro de Valencia: Sobre el pergamino y láminas de Granada. Editado por Grace Magnier, Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2006, LXI + 102 S., ISBN 978-3-03910-710-0, EUR 44,30
Buch im KVK suchen

Rezension von:
Maria Imhof
Romanisches Seminar, Universität zu Köln
Redaktionelle Betreuung:
Michael Kaiser
Empfohlene Zitierweise:
Maria Imhof: Rezension von: Pedro de Valencia: Sobre el pergamino y láminas de Granada. Editado por Grace Magnier, Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2006, in: sehepunkte 7 (2007), Nr. 10 [15.10.2007], URL: https://www.sehepunkte.de
/2007/10/12072.html


Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Pedro de Valencia: Sobre el pergamino y láminas de Granada

Textgröße: A A A

Pedro de Valencia war ein humanista y erudito, wie er im Buche steht. Seine Werke umfassen neben geistlichen, literaturkritischen und philosophischen auch sozialkritische, ökonomische und politische Schriften; des Griechischen und Lateinischen mächtig, verfügte er wie sein Lehrer Arias Montano über ein nahezu enzyklopädisches Wissen. Seine Bekanntheit im Spanien des 16. und 17. Jahrhunderts spiegelt sich in keiner Weise in der Aufmerksamkeit, die ihm und seinen Werken heute noch entgegengebracht wird.

Der Umstand seiner geringen aktuellen Bekanntheit im Vergleich zu auch heute noch berühmten Zeitgenossen wie Luis de Góngora, Juan de la Cruz oder El Brocense ist hauptsächlich der Tatsache geschuldet, dass es an Textausgaben fehlt, die sein Werk einem breiteren Publikum zugänglich machen. Die von Grace Magnier editierte Ausgabe seiner wissenschaftlichen Abhandlung Sobre el pergamino y laminas de Granada (1607) kommt diesem Desiderat nach und präsentiert, nach der 1993-2001 erschienenen Gesamtausgabe der Werke Valencias, erstmals als Einzelausgabe die als Auftragsarbeit für den Erzbischof von Toledo Don Bernardo de Rojas y Sandoval verfasste polemische Schrift über einen der umstrittensten Handschriftenfunde des 16. Jahrhunderts, den pergamino de la Torre Turpiana und die plomos del Sacromonte. Sie verstand sich als Beitrag zu der intensiv geführten Diskussion um die Authentizität der Schriften und ist ein Beispiel für Valencias scharfsinnige Analysen, die sich sowohl auf linguistische als auch auf biblische und historische Argumente stützen.

1588 hatte man beim Bau der Kathedrale von Granada in einem alten Minarett eine Bleikassette gefunden, in der sich neben einem Madonnenbild und einigen anderen Gegenständen ein Pergament fand, das auf Arabisch, Spanisch und Latein beschrieben war. Es enthielt eine dem Evangelisten Johannes zugeschriebene apokalyptische Prophezeihung und den Hinweis auf die anderen Gegenstände in der Kassette als Reliquien der heiligen Maria und frühchristlicher Märtyrer (xxi-xxviii).

Wenig später wurden in der Umgebung Granadas beschriebene Gedenktafeln, die auf Martyrergräber verwiesen und gut zwanzig aus Bleitafeln bestehende Bücher gefunden, die libros plúmbeos oder plomos. Ihr Inhalt legte aufgrund der arabischen Herkunft der christlichen Märtyrer nahe, dass die Entstehung des Christentums in Spanien an die arabischen Besiedelung gebunden sei (xxix-xxxv).

Pedro de Valencia bezweifelte die Authentizität und das Alter der Schriften; er hielt sie wie andere Gelehrte für schlechte zeitgenössische Fälschungen aus dem Umfeld der moriscos, wenn auch seine Haltung der geplanten Expulsion der Morisken gegenüber eine kritische war, wie aus seinem Traktat Tratado acerca de los moriscos de España hervorgeht. Dass die Diskussion um die Fälschung der Schriften zu diesem Zeitpunkt bereits sehr lebendig war, zeigt auch der Umstand, dass im letzten Kapitel des Don Quijote von 1605 (I, 52) eine "caja de plomo" als Fundort von "pergaminos escritos con letras góticas" Erwähnung findet, die von den Heldentaten Quijotes berichten, deren Authentizität aber angezweifelt wird. Der Kommentar der Crítica-Ausgabe sieht darin eine witzige Anspielung auf die Fälschungen von Granada (591).

In der modernen Forschung gilt es als gesichert, dass es sich bei den plomos und dem pergamino um Fälschungen der vornehmen und gebildeten moriscos handelte, die eine Legitimation des christlichen Glaubens in der arabischen Tradition belegen wollten, um ihren schwierigen Stand in der spanischen Gesellschaft zur Zeit der Inquisition zu festigen und ihrer drohenden Vertreibung zu entgehen.

Die Ausgabe bietet eine Einführung in den historischen Entstehungskontext der Láminas, den gesamten Text mit kritischem Apparat (basierend auf drei unterschiedlichen Manuskripten) und Kommentaren, ferner zwei Appendices, die für Valencia wichtige Referenztexte bereitstellen, nämlich den des Bischofs von Segorbe über die plomos und die Prophezeiung des Evangelisten Johannes auf dem pergamino. Eine ausführliche Bibliographie beschließt die Ausgabe.

Das Inhaltsverzeichnis weist keinerlei Untergliederung in der historischen Einführung auf, eine Tatsache, die es dem Leser ein wenig erschwert, sich zurechtzufinden. So hätte man durchaus die Untergliederung des Fließtextes in das Inhaltsverzeichnis übernehmen können. Diese grenzen die Vorgeschichte des Fundes von Pedro de Valencias Schrift, seine biblischen Argumente von seinen linguistischen ab. Auch ein Personenverzeichnis wäre hilfreich gewesen, da nicht die Bekanntheit jedes involvierten Bischofs vorausgesetzt werden kann; die Klärung der Identität des Erzengels Gabriels (xxi) hingegen wäre nicht unumgänglich gewesen.

Die historische Einführung stellt ausführlich und informativ die Funde von 1588 und 1595 dar, die hitzige Diskussionen um ihre Authentizität auslösten (xxi-x1viii). Sie werden im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen den cristianos viejos und den moriscos erläutert, die mit dem pergamino und den plomos Fälschungen hergestellt hatten, um ihre gefährdete Position in Spanien zu festigen. Im Kontext dieser Problematik werden die Argumente der Abhandlung gegen die Echtheit der Reliquien dargestellt und in ihrem Verhältnis zu vorangegangenen Schriften zu den plomos kommentiert, wobei herausgearbeitet wird, dass Valencia sich stark an den Vorgängertexten von Benito Arias Montano und Juan Bautista Pérez (als Appendix 1 angefügt) orientiert (1vii-1viii).

Die als Endnoten angefügten Kommentare zu dem in seinen unterschiedlichen Versionen aufgeführten Text sind ausführlich und hilfreich. Sie bezeugen eine intensive Beschäftigung mit den Hintergründen des sehr voraussetzungsreichen Textes Valencias und klären viele Anspielungen auf antike Philosophen oder frühchristliche Vertreter der Bibelexegese, sowie Hinweise auf islamische Traditionen in Spanien (35-70).

Die Schwäche der Ausgabe ist die teilweise unzureichende Redaktion. So finden sich nicht nur zu viele Tippfehler in Fließtext und Fußnoten, sondern in Appendix 1 wechselt plötzlich ohne ersichtlichen Grund die Schriftgröße (71).

Die detaillierte und informative Kommentierung aber, die eine intensive Recherche erkennen lässt, wird jedem Leser dieses interessanten Textes sehr nützlich sein; sie gleicht die kleineren Mängel der Ausgabe vollständig aus.

Maria Imhof