Rezension über:

Alfred Wendehorst: Das Bistum Eichstätt 1: Bischofsreihe Eichstätt bis 1535 (= GERMANIA SACRA. Historisch-statistische Beschreibung der Kirche des Alten Reiches. N.F. 45: Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz), Berlin: de Gruyter 2006, XIV + 296 S., ISBN 978-3-11-018971-1, EUR 98,00
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Rezension von:
Stefan Petersen
Institut für Geschichte, Bayerische Julius-Maximilians-Universität, Würzburg
Redaktionelle Betreuung:
Jürgen Dendorfer
Empfohlene Zitierweise:
Stefan Petersen: Rezension von: Alfred Wendehorst: Das Bistum Eichstätt 1: Bischofsreihe Eichstätt bis 1535, Berlin: de Gruyter 2006, in: sehepunkte 7 (2007), Nr. 11 [15.11.2007], URL: https://www.sehepunkte.de
/2007/11/11406.html


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Alfred Wendehorst: Das Bistum Eichstätt 1: Bischofsreihe Eichstätt bis 1535

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Alfred Wendehorst gehört nicht nur zu den Gründungsvätern der nach dem 2. Weltkrieg neubegründeten Germania Sacra, er ist - neben Wilhelm Kohl - auch der produktivste Mitarbeiter dieses durch die Auflösung des Max-Planck-Instituts für Geschichte in seiner Existenz bedrohten Groß- und Langzeitprojektes der deutschen Mediävistik. In mehr als 50 Jahren Mitarbeiterschaft hat Alfred Wendehorst nicht weniger als sieben Bände vorgelegt, nämlich drei Bände zur Bischofsreihe des Bistums Würzburg [1], einen Band zur Pfarrorganisation im Bistum Bamberg (nach Vorarbeiten von Erich von Guttenberg) [2], sowie Bände zum Stift Neumünster in Würzburg [3], zu den Stiften Schmalkalden und Römhild [4]und zu St. Burkhard in Würzburg [5]; hinzu kommt ein Band in der Begleitreihe der Germania Sacra, den "Studien zur Germania Sacra", über das Würzburger Landkapitel Corburg. [6]

Kurz vor Vollendung seines 80. Lebensjahres hat Alfred Wendehorst nun mit der Bischofsreihe des Bistums Eichstätt bis 1535 seinen neunten Band für die Germania Sacra fertig gestellt. Geboten werden in erster Linie "Biographien der Bischöfe bis zum Tode des fast vierzig Jahre lang regierenden Bischofs Gabriel von Eyb (1496-1535)" (VII). Damit die "wichtigen Fakten und Entwicklungslinien in einer Materialflut von D étails erkennbar bleiben" (VII), bieten die Bischofsbiographien besonders für das Spätmittelalter verständlicher Weise eine Quellenauswahl. Gegliedert sind die Biographien der einzelnen Bischöfe entsprechend den Vorgaben der Germania Sacra nach Herkunft und Abstammung, Reichspolitik, Territorialangelegenheiten (bei den spätmittelalterlichen Bischöfen), kirchlicher Tätigkeit sowie Beurteilungen in Quellen und Literatur; enthalten sind zudem Hinweise zu den Bischofssiegeln und zu bildlichen Darstellungen der Bischöfe.

Nach einer Übersicht der Quellen und Literatur (1-18) werden zunächst sehr knapp die überaus komplizierten Anfänge des Bistums Eichstätt behandelt (19-23), wobei die unterschiedlichen Forschungsmeinungen vorgestellt werden, die schrittweise, bis in die karolingische Zeit dauernde Entwicklung Eichstätts zum Bistum jedoch wohl favorisiert wird (22f.).

Eng mit den Problemen der Anfänge des Bistums verknüpft ist die Person des ersten, wie Bonifatius aus Wessex stammenden Bischofs Willibald (24-31). Gegen Theodor Schieffer und in Anlehnung an die neuere Forschung nimmt der Autor an, dass Willibald zunächst wohl 742 (und nicht 741) zum Bischof von Erfurt geweiht wurde; diesen von den Sachsen bedrohten Bischofssitz habe er jedoch bald wieder verlassen, um nach Eichstätt zurückzukehren, wo er wohl am 7. Juli 787 gestorben sei. Nicht thematisiert wird hingegen die eng mit der Entstehung des Bistums Eichstätt verbundene Frage, ob Willibald bereits als Bischof des "Bistums" Eichstätt oder als Klosterbischof in Eichstätt zu bezeichnen ist. [7]

Nachdem für die folgenden sechs Bischöfe (32-39) nur so wenig Nachrichten erhalten sind, dass die Geschichte des Bistums Eichstätt für das 9. Jahrhundert fast völlig im Dunkel liegt (32-39), tritt das Bistum erst mit dem zu den Königen Arnolf und Ludwig dem Kind in engen Beziehungen stehenden Erchanbald (882?-912) (S. 39-42) und dem vormaligen Notar und Kanzler Ludwigs des Kindes und Konrads I. Bischof Odalfried (912-933) (S. 42f.) wieder vermehrt in Erscheinung. Bei den folgenden Bischöfen bis 1021 verdient besonders der der griechischen und hebräischen Sprache mächtige Bischof Reginold als Verfasser von Offizien für die Heiligen Nikolaus, Blasius, Willibald und Wunibald Erwähnung (46f.).

Größere Bedeutung im Reichsgeschehen kam den Eichstätter Bischöfen in der Folgezeit bis zum Ende des Investiturstreits zu, wobei ohne Zweifel Gebhard I. (1042-1057), der maßgebende Berater Heinrichs III. herausragt, den der Kaiser 1055 zum Papst (Viktor II.) erhob (58-63). Nach Beendigung des Investiturstreits wurde Gebhard II. von Grögling als erster Eichstätter Bischof von Klerus und Volk gewählt. Wie bei ihm lässt sich bis zum Ende der Stauferzeit bei den Eichstätter Bischöfen wieder ein Rückzug auf die engeren Bistumsangelegenheiten feststellen. Lediglich Konrad I. (1153-1171) als Interessenvertreter Friedrich Barbarossas, Hartwig von Grögling-Dollnstein (1196-1223) als Anhänger Philipps von Schwaben und Friedrich II. von Parsberg (1237-1246) waren in der Reichspolitik nennenswert aktiv.

Für die spätmittelalterlichen Bischöfe wiederum stand vornehmlich der Ausbau, die Sicherung und die Intensivierung der Landesherrschaft im Mittelpunkt des Interesses, wobei die Erlangung der Stadtherrschaft in Eichstätt nach Aussterben der Grafen von Hirschberg im Jahre 1305 einen Markstein bildete (vgl. 116f., 125f., 132). Unter den Bischöfen des 14. Jahrhunderts ragt sicherlich Philipp von Rathsamhausen (1306-1322) heraus, der nicht nur Beichtvater König Albrechts war, sondern zudem eine zentrale Rolle in der Reichspolitik unter Heinrich VII. spielte und durch eine bemerkenswerte literarische Tätigkeit hervortrat (134-150). Für das 15. Jahrhundert ist besonders der humanistisch geprägte Bischof Johann III. von Eich (1445-1464) zu nennen, der als königlicher Gesandter weitreichende Beziehungen pflegte, unter anderem auch zu Enea Silvio Piccolomini (Pius II.); aufgrund seiner Parteinahme für Albrecht Achilles im ersten Markgräfler Krieg kam es zu Spannungen mit den Wittelsbachern. Den Abschluss des Bandes bildet schließlich die Biographie von Bischof Gabriel von Eyb (1496-1535) (241-265), der sich erfolgreich gegen Wittelsbachische Einflussnahme mittels Koadjutorie durch Herzog Ernst durchsetzen konnte; als strikter Verfechter des alten Glaubens und Freund von Johannes Eck, dessen Annotationes zu den Thesen Luthers er in Auftrag gab, konnte Gabriel von Eyb zwar die Ausbreitung der Reformation im Hochstiftsgebiet verhindern, nicht jedoch im Markgraftum Brandenburg-Ansbach und in den Landgebieten Nürnbergs.

Mit dem vorliegenden Band zu den Eichstätter Bischöfen hat Alfred Wendehorst nach den Bänden der Bischofsreihe der Germania Sacra zu Bamberg und Würzburg nun auch für das dritte fränkische Bistum Eichstätt ein Handbuch zu den Bischöfen vorgelegt. Zu hoffen ist, dass durch diesen Band weiterführende Forschungen beflügelt werden.


Anmerkungen:

[1] Alfred Wendehorst: Das Bistum Würzburg 1: Die Bischofsreihe bis 1254 (= Germania Sacra; NF 1) Berlin/New York 1962; Alfred Wendehorst: Das Bistum Würzburg 2: Die Bischofsreihe 1254 bis 1455 (= Germania Sacra; NF 4) Berlin/New York 1969; Alfred Wendehorst: Das Bistum Würzburg 3: Die Bischofsreihe 1455 bis 1617 (= Germania Sacra; NF 13) Berlin/New York 1978.

[2] Erich von Guttenberg/Alfred Wendehorst: Das Bistum Bamberg 2: Die Pfarrorganisation (= Germania Sacra; AF II,2) Berlin/New York 1966.

[3] Alfred Wendehorst: Das Bistum Würzburg 4: Das Stift Neumünster in Würzburg (= Germania Sacra; NF 26) Berlin/New York 1989.

[4] Alfred Wendehorst: Das Bistum Würzburg 5: Die Stifte in Schmalkalden und Römhild (= Germania Sacra; NF 36) Berlin/New York 1996.

[5] Alfred Wendehorst: Das Bistum Würzburg 6: Die Benediktinerabtei und das Adelige Säkularkanonikerstift St. Burkhard in Würzburg (= Germania Sacra; NF 40) Berlin/New York: Walter de Gruyter 2001.

[6] Alfred Wendehorst: Das Würzburger Landkapitel Coburg zur Zeit der Reformation (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 13. Studien zur Germania Sacra 3) Göttingen 1964.

[7] Noch auf der Synode von Attigny (762?) erscheint Willibald als episcopus de monasterio Achistadi; MGH Conc. 2, Nr. 13, 73 Z. 12. Zur Diskussion vgl. den von Sammelband von Harald Dickerhof/Ernst Reiter/Stefan Weinfurter (Hgg.), Der hl. Willibald - Klosterbischof oder Bistumsgründer? (Eichstätter Studien NF 30) Regensburg 1990.

Stefan Petersen