Eva Alram-Stern / Georg Nightingale (Hgg.): Keimelion: Elitenbildung und elitärer Konsum von der mykenischen Palastzeit bis zur homerischen Epoche. Akten des internationalen Kongresses vom 3. bis 5. Februar 2005 in Salzburg (= Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse. Denkschriften; Bd. 350), Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2007, 380 S., ISBN 978-3-7001-3779-5, EUR 87,20
Inhaltsverzeichnis dieses Buches
Buch im KVK suchen
Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Henriette Harich-Schwarzbauer: Hypatia. Die spätantiken Quellen. Eingeleitet, kommentiert und interpretiert, Bruxelles [u.a.]: Peter Lang 2011
Wolfgang Kahl: Hochschule und Staat. Entwicklungsgeschichtliche Betrachtungen eines schwierigen Rechtsverhältnisses unter besonderer Berücksichtigung von Aufsichtsfragen, Tübingen: Mohr Siebeck 2004
Die Verfügung über Prestigegüter, deren Verwahrung ("Zimelien") oder Verbrauch ("Konsum") werden in der altertumswissenschaftlichen Forschung oft als Merkmale von Eliten gewertet. Für viele Zeiträume können unter dieser Voraussetzung die Besonderheit, die Häufigkeit und die Verteilung materieller Hinterlassenschaften wichtige Hinweise auf politische und soziale Zusammenhänge geben. Die mehr als zwei Dutzend Studien, die zu Ehren Sigrid Deger-Jalkotzys auf einer Tagung in Salzburg vorgetragen wurden und jetzt gesammelt vorliegen, sind mit dieser Ausgangsprämisse in sehr unterschiedlichen Perspektiven und manchmal auch nur sehr locker verknüpft. Die Beiträge sind alphabetisch nach Verfassernamen geordnet, Register fehlen. Chronologisch reicht die Spanne von der Zeit vor den ersten Palästen bis zu Homer; lokale Keramik- und Ausgrabungsbefunde werden ebenso thematisiert wie Fragen nach der Reichweite und Bedeutung regionaler und überregionaler Kontakte, Konsumpraktiken ebenso wie Zusammenhänge zwischen Religion und politischem System. Dazwischen finden sich allgemeinere theoretische Reflexionen. Meist werden aktuelle Diskussionen in der Mykenologie und Homerforschung fortgeführt, vertieft oder ergänzt. Methodisch eindrucksvoll und sehr differenziert trägt etwa Fritz Blakolmer "Überlegungen zu den dargestellten und den nicht dargestellten Gaben" auf den minoisch-mykenischen "Prozessionsfresken" vor und erschließt den politischen Charakter der Aussagen (41-58), während Joseph Maran und Eftychia Stavrianopoulou das mykenische Königtum in die Kontinuität minoischer Kultpraxis stellen (285-298) und Jörg Weilhartner die weitreichende und fruchtbare Hypothese entwickelt, dass die umstrittenen Tierbezeichnungen in den neuen Linear B-Texten aus Theben auf Personen(gruppen) zu beziehen sind, die im Kult mit entsprechenden Masken agieren (339-352). Reinhold Bichler erklärt, dass "Zimelien in der Welt der Odyssee" zur Charakteristik von Personen und ihren Beziehungen beitragen, dass der Dichter aber zugleich um die Fragwürdigkeit des Jagens nach solchen Schätzen wusste (31-40). In der Wissenschaft werden sie nur in der skeptischen Aneignung gewonnen und bewahrt. Wie Sigrid Deger-Jalkotzy dafür neue Horizonte erschlossen hat, bezeugen diese Beiträge, die ihr als "Keimeliendame" (8; Anm.) gewidmet sind.
Tassilo Schmitt