Evagrius Scholasticus: Historia ecclesiastica - Kirchengeschichte. 1. Teilband. Übersetzt und eingeleitet von Adelheid Hübner (= Fontes Christiani; Bd. 57/1), Turnhout: Brepols 2007, 319 S., ISBN 978-2-503-51975-3, EUR 43,90
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Evagrius Scholasticus: Historia ecclesiastica - Kirchengeschichte. 2. Teilband. Übersetzt und eingeleitet von Adelheid Hübner (= Fontes Christiani; Bd. 57/2), Turnhout: Brepols 2007, IX + 392 S., ISBN 978-2-503-51977-7, EUR 49,90
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Jedem, der eine zweisprachige Textausgabe besorgt, ist die Fachwelt zu Dank verpflichtet, zumal wenn der antike Autor noch nicht ins Deutsche übersetzt ist. Das war bei Evagrius Scholasticus der Fall, und die zweisprachige Ausgabe ist umso verdienstvoller, weil die griechische Edition des Evagrius auch antiquarisch nur schwer zu bekommen ist. [1]
Evagrius war ein Kirchenhistoriker des 6. Jahrhunderts, der im Anschluss an Socrates, Sozomenus und Theodoret die Zeit von Theodosius II. (genau genommen dem Jahr 428, in dem Nestorios zum Bischof von Konstantinopel berufen wurde) bis zu Mauricius (582-602, wobei Evagrius 594 mit dem Tod seines Patrons, des Bischofs Gregor von Antiochia, endet) behandelte, dabei stärker als seine Vorgänger auch weltliche Ereignisse einbezog und dafür sogar ganze Kapitel aus Prokop ausschrieb. Gleichwohl hat sich gezeigt, dass Evagrius nicht nur in Hinblick auf die Kirchen-, sondern auch auf die Politikgeschichte eine zentrale Bedeutung für die Erforschung des 5. und 6. Jahrhunderts besitzt und die Ereignisse mit einer ganz eigenen Stimme kommentiert. [2]
Die Einleitung, die die Übersetzerin Adelheid Hübner selbst verfasst hat, ist wohl die ausführlichste Abhandlung zu Evagrius in deutscher Sprache (9-105). Sie führt keine eingehenden Forschungsdiskussionen und ist auch nicht der Ort dafür. Der Leser erhält einen Überblick über die Biografie des Autors, eine Zusammenfassung der Bücher, Hinweise zum Aufbau, zu den Quellen, zur Bedeutung der Kirchengeschichte als Quelle sowie zur Darstellungsweise des Werks - alles prägnant, solide und verlässlich, wie man es von einer Einleitung erwartet. Man spürt jedoch, dass die Vorliebe der Übersetzerin den philologischen Fragen gilt. Eine stärkere Heranziehung jüngerer historischer Forschung hätte eine bessere Kontextualisierung des Werks erlaubt.
Die Übersetzung ist flüssig und sensibel für die Bildsprache des Autors, manche Übertragungen theologischer Ausdrücke mögen strittig sein. Auch architektonische Termini sind nicht immer treffend wiedergegeben (etwa Obergeschoss statt Empore oder Galerie in 4,31 auf Seite 515); nur selten bin ich auf regelrechte Übersetzungsfehler gestoßen (z.B. 6,23 γναικς [...] τινος τῶνὑπν γρα φόντων μνι: einer meiner Sekretärinnen, dagegen Whitby mit Kenntnis des sozialgeschichtlichen Kontexts: the wife of one of my secretaries). Nützlich ist, dass als kleine Randziffern die Seiten der Edition von Joseph Bidez / Leon Parmentier angegeben sind.
Der Kommentar ist erheblich knapper als bei Whitby, korrigiert ihn aber an manchen Punkten (s. 5,6, wo Whitby offenbar Bidez / Parmentier folgend ein Zitat auf Gregor von Nyssa bezieht, tatsächlich aber Gregor von Nazianz zitiert wird). Auch die Register (Bibelstellen, Personen, Moderne [das allerdings halte ich für unnötig], Sachen, Griechische Stichwörter) helfen bei der Arbeit am Text ungemein.
Kurzum, ein nützliches und bereicherndes Werk, das überdies, dem Charakter der ganzen Reihe folgend, in seinen beiden Bänden schön gestaltet ist.
Anmerkungen:
[1] Es lag bereits eine vorzüglich kommentierte und eingeführte englische Übersetzung von Michael Whitby vor: The Ecclesiastical History of Evagrius Scholasticus (= Translated Texts for Historians; 33), Liverpool 2000.
[2] Pauline Allen: Evagrius Scholasticus, the Church Historian, Löwen 1981; Michael Whitby: Evagrius on Emperors and Patriarchs, in: The Propaganda of Power. The Role of Panegyric in Late Antiquity, hg. von dems., Leiden 1998, 321-344; Hartmut Leppin: Evagrius Scholasticus oder: Kirchengeschichte und Reichstreue, in: Mediterraneo antico 6 (2003), 141-153; Philipp Blaudeau: Alexandrie et Constantinople (451-491). De l'histoire à la géo-ecclésiologie (= BEFAR; 327), Rom 2006.
Hartmut Leppin