Rezension über:

Birgit Kita / Alexandra Vinzenz / Laura Heeg u.a. (Hgg.): Von der Flak-Kaserne zum Glashaus. Mainzer Universitätsarchitektur 1938-1998 (= Beiträge zur Geschichte der Universität Mainz. Neue Folge; Bd. 6), Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2008, 127 S., ISBN 978-3-515-09173-2, EUR 28,00
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Rezension von:
Elke Schulze
Humboldt-Universität zu Berlin
Redaktionelle Betreuung:
Julian Jachmann
Empfohlene Zitierweise:
Elke Schulze: Rezension von: Birgit Kita / Alexandra Vinzenz / Laura Heeg u.a. (Hgg.): Von der Flak-Kaserne zum Glashaus. Mainzer Universitätsarchitektur 1938-1998, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2008, in: sehepunkte 9 (2009), Nr. 12 [15.12.2009], URL: https://www.sehepunkte.de
/2009/12/16830.html


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Birgit Kita / Alexandra Vinzenz / Laura Heeg u.a. (Hgg.): Von der Flak-Kaserne zum Glashaus

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Die Geschichte universitärer Bauten ist ein Forschungsfeld, das Fragen der Wissenschafts- und Architekturgeschichte verzahnt und nicht selten auch explizit sowohl das Selbstverständnis als auch die Entwicklung der Institution selbst abbildet. Konstanten seit den frühen Gründungen sind dabei Umnutzungen bestehender Gebäude, häufig langjährige Provisorien, einerseits und programmatische Bauten andererseits. Im Spannungsfeld der Erfüllung funktionaler Bedürfnisse und Identitätssetzung ist die Architekturgeschichte von Universitäten zu verorten. Daher finden sich Untersuchungen zum Gegenstand häufig im Zusammenhang mit Jubiläen der Universitäten selbst, wird gewissermaßen mit dem historisch-systematischen Erfassen der Baugestaltung der Institution diese selbst in ihrer besonderen Form thematisiert.

So auch beim vorliegenden Band - mit zwei bedeutsamen Unterschieden: die Aufsatzsammlung schließt an eine Ausstellung anlässlich des 60jährigen Bestehens der Mainzer Universität an und sie verdankt sich der Forschungsarbeit einer Gruppe Studierender unter kunsthistorischer Anleitung (Lorenz Frank und Elisabeth Oy-Marra vom Institut für Kunstgeschichte). Allein dieses verdient großes Lob und es ist erfreulich zu sehen, dass die intensive Arbeit an den Quellen auch schließlich in eine so gewissenhafte Publikation gemündet ist.

Der Band hebt an mit einer Einführung in das Projekt, dem dann die Aufsätze, die jeweils ein Gebäude oder Gebäudekomplex vorstellen, folgen. Diese Texte sind in ihrem Aufbau streng gegliedert, sie verbinden eine faktenreiche Schilderung der Baugeschichte mit einer analytischen Beschreibung der Architektur und einer kunsthistorischen Würdigung und abschließenden Fragen nach der Funktionalität. Ein besonderer Akzent wurde auf die Besonderheit einer Campusuniversität im Verhältnis zu den städtebaulichen Entwicklungen gelegt.

Der fixe Textaufbau war gewiss ein hilfreicher Rahmen, um die nahsichtige Rekonstruktion anhand der Quellen mit einer größeren Würdigung der Bauten innerhalb der Architekturgeschichte in eine Balance zu bringen. Der Vorzug dieses Gerüstes ist fraglos eine Versachlichung und Einheitlichkeit, als Nachteil mag gesehen werden, dass die Individualität der AutorInnen weniger zur Geltung kommt. In jedem Fall ist sowohl die akribische Aufarbeitung der Quellen wie die Weitung in den größeren Rahmen der Architekturgeschichte durch kluge Vergleiche hervorragend gelungen. Daneben besticht der Band auch durch die exzellente Qualität der Abbildungen und seine feine Gesamtgestaltung.

Entsprechend der Geschichte der Universität Mainz hebt der Band an mit einem Aufsatz, der die programmatische Umwidmung eines Kasernenkomplexes in den Campus für die neu gegründete Universität zum Gegenstand hat. Eine ähnliche Umwidmung, jedoch ungleich weniger symbolstark, lässt sich an dem Gebäude, in dem die Hochschule für Musik und das Institut für Kunstgeschichte lange Jahre beheimatet waren, beobachten. Die sich anschließenden Aufsätze behandeln allesamt Neubauten und bieten so ein interessantes Panorama von Bauaufgaben und Lösungen bundesrepublikanischer Universitätsarchitektur bis in die unmittelbare Gegenwart. Damit wird von der historischen Perspektive ausgehend ein Bezug zu den projektierten Ausbauprogrammen der nächsten Zukunft gesetzt. Dem Schwerpunkt der Neubauprojekte in den 1960er-Jahren korrespondiert ein weiterer Schub ab den 1990er-Jahren. Der Band bietet einen aussagekräftigen Querschnitt universitärer Bauaufgaben, von den unterschiedlichen Fakultätsgebäuden über Wohnheime, die Mensa, Bibliothek und die Studierendengemeinde. Darin spiegelt sich zugleich die - insbesondere in den Naturwissenschaften - Lebendigkeit und Dynamik der Johannes-Gutenberg-Universität selbst.

Man zögert, einzelne Texte hervorzuheben, da ja die kollektive Leistung das Projekt als solches ermöglichte und die Grundlage für die Realisation des Textbandes lieferte. Im Sinne einer Würdigung seien daher hier die Namen der Autorinnen und Autoren genannt: Birgit Kita, Alexandra Vinzenz, Laura Heeg, Catharina Lathomus, Lorenz Frank, Almuth Klein, Marion Singer, Martin Reihl, Hauke Horn, Stefan Görges, Michaela Roth, Silke Luth, Zara Reckermann.

Eine etwas kuriose Holprigkeit sei noch erwähnt: Das notwendige Abkürzungsverzeichnis führt in forcierter Vollständigkeit auch Abkürzungen auf, deren Kenntnis die Autorinnen und Autoren des Bandes bei den Lesenden getrost voraussetzen konnten (wie Dipl.Ing., DM, vgl. und Dr.). Aber das sind Kleinigkeiten, die mit Blick auf den Gesamtertrag des Buches übersehen werden dürfen. Der Band ist in seiner konzentrierten Form gelungen und schlägt großen Gewinn aus der klugen Beschränkung. Er leistet einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Mainzer Universitätsgeschichte und mag zugleich Zeugnis ablegen für die gelungene Identifikation der Studierenden mit ihrer Universität. So kann man diesem publizistischen Unternehmen nur entschlossene Nacheiferer auch an anderen Universitäten wünschen.

Elke Schulze