Eva Macho: Alexander Freiherr von Bach. Stationen einer umstrittenen Karriere (= Beiträge zur Neueren Geschichte Österreichs; Bd. 24), Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2009, 249 S., ISBN 978-3-631-57821-6, EUR 39,00
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Alexander Freiherr von Bach ist unbestritten eine der faszinierendsten Gestalten der österreichischen Geschichte des 19. Jahrhunderts. Sein Aufstieg vom Revolutionär zum Märzminister des Jahres 1848 und sein Wandel zum Repräsentanten des Neoabsolutismus verlangen geradezu nach Erklärungsversuchen aus der Zunft der Historiker und scheinen auch geeignet, eine wechselhafte Periode österreichischer Geschichte anhand der Vita einer Person zu beleuchten. Dennoch fehlte bislang eine moderne Biografie jenes Staatsmannes, wie sie die erst im Pensionsalter zur Geschichtswissenschaft gekommene Wienerin Eva Macho nun vorgelegt hat.
Machos Studie folgt einem klassischen Schema, ohne dass sich die Autorin auf eine methodische Auseinandersetzung mit dem Feld der Biografieforschung einließe: Sie berichtet streng chronologisch zunächst von der Jugend Bachs, um dann die verschiedenen Stufen seiner Karriere abzuhandeln. Dabei thematisiert sie zunächst Bachs Etablierung als Anwalt, aber auch als sozial engagiertem Oppositionspolitiker in den Jahren vor der Revolution, bevor sie sich seiner Tätigkeit in der Revolution von 1848, die ihm kurzzeitig das Amt des Justizministers einbrachte, widmet. Es folgt die Schilderung von Bachs wichtigsten Karrierestationen, seiner Tätigkeit als Justiz- und dann als Innenminister im Kabinett Schwarzenberg und darüber hinaus, die bis zum Jahr 1859 währte. Hier nimmt Macho Abstand von einer engen Fokussierung auf die Person Bachs und widmet sich auch intensiv der Darstellung von dessen Reformprojekten. Abschließend richtet die Autorin den Blick auf Bachs Tätigkeit als Gesandter beim Heiligen Stuhl in Rom und das Ende seiner politischen Karriere.
Betont der Reihenherausgeber in seinem Vorwort noch, dass über Bachs Denken und Fühlen wenig bekannt sei (11), so erstaunt es, wie genau Macho glaubt, den Politiker einschätzen zu können. Besonders stark hebt sie immer wieder sein ehrgeiziges Streben nach einer Karriere um jeden Preis hervor - eine vielleicht naheliegende These zur Erklärung seines Gesinnungswandels, die jedoch schwer zu belegen ist. Auch andere Deutungen, wie beispielsweise aus Bachs Offenheit gegenüber der Telegrafie auf eine generelle Offenheit gegenüber Neuerungen zu schließen (90f.), scheinen etwas gewollt. Gelegentlich überrascht die Autorin zudem mit Wertungen. So ist für sie die Tatsache, dass Windischgrätz Ende 1848 den Grafen Stadion für das Amt des Innenministers Bach vorzog "für den konservativen Feldmarschall ein erstaunlicher, aber absolut gutzuheißender Vorschlag" (79).
Auf weit mehr Unverständnis stößt jedoch Machos Umgang mit den Quellen: Die Autorin hat für ihre Studie zwar den Nachlass Bachs im Allgemeinen Verwaltungsarchiv Wien herangezogen. Dieser ist jedoch trotz seines Umfangs für ein biografisches Werk und insbesondere für die frühen Stationen Bachs wenig ergiebig. Daher wäre die Autorin theoretisch gezwungen, sich auf andere Quellen zu stützen. Dies unterlässt sie jedoch fast gänzlich und verlässt sich vielmehr auf die vorhandene, vor allem ältere Bach-Literatur. Selbst leicht zugängliche Quellen, wie Reichstagsprotokolle oder die zeitgenössische Presse werden von ihr nicht im Original bemüht. Statt dessen führt Macho, in aller Regel ohne dies zu kennzeichnen, in den Anmerkungen zu den meisten Quellenzitaten nur die Literatur an, ohne die Herkunft der Quelle zu klären oder auch nur die unsaubere Zitierweise zu kennzeichnen. So lässt die Autorin den Leser vielfach über den Kontext der angeführten Äußerungen im Dunkeln und damit auch am Wert ihrer Interpretationen zweifeln.
Auch hinsichtlich des Umgangs mit der Literatur merkt man mehrfach auf - sei es, weil bei den oft angeführten "Historischen Aufsätzen" Friedjungs die konkrete Angabe zum in dieser Sammlung enthaltenen Beitrag über Bach fehlt [1], oder weil die Tagebücher Eduard von Bauernfelds und des Freiherrn Kübeck von Kübau sich im Literaturverzeichnis finden, offenbar also nicht als "Gedruckte Quellen" angesehen werden. Diese Kritik mag im Detail kleinlich erscheinen, doch es lassen sich weitere Punkte hinzufügen. So scheint es etwa fraglich, ob es angemessen ist, bei Aussagen zur Nationalversammlung von 1848/49 in Frankfurt lediglich auf Bleds Biografie von Kaiser Franz Joseph [2] zu verweisen. Ebenso enttäuscht die Tatsache, dass wichtige Literatur zum Thema im engeren Sinne, wie beispielsweise die Studien von Georg Christoph Berger Waldenegg oder von Harm-Hinrich Brandt zum österreichischen Neoabsolutismus [3], gänzlich fehlt.
Insgesamt kann man daher festhalten, dass die Autorin einen gut lesbaren Überblick über das Wirken Bachs vorgelegt hat, der für an der österreichischen Geschichte des 19. Jahrhunderts interessierte Leser durchaus informativ sein kann. Einem wissenschaftlichen Anspruch allerdings wird er nur bedingt gerecht.
Anmerkungen:
[1] Heinrich Friedjung: Alexander Bachs Jugend und Bildungsjahre, in: ders.: Historische Aufsätze, Stuttgart / Berlin 1919, 24-39.
[2] Jean Paul Bled: Franz Joseph: "Der letzte Monarch der alten Schule", Wien 1988.
[3] Georg Christoph Berger Waldenegg: Mit vereinten Kräften! Zum Verhältnis von Herrschaftspraxis und Systemkonsolidierung im Neoabsolutismus am Beispiel der Staatsanleihe von 1854, Wien 2002; Harm-Hinrich Brandt: Der österreichische Neoabsolutismus. Staatsfinanzen und Politik 1848-1860, 2 Bde., Göttingen 1978.
Eva Maria Werner