Rezension über:

Rahel Bacher: Klarissenkonvent Pfullingen. Fromme Frauen zwischen Ideal und Wirklichkeit (= Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde; Bd. 65), Ostfildern: Thorbecke 2009, IX + 514 S., ISBN 978-3-7995-5265-3, EUR 42,00
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Rezension von:
Ulrike Siewert
Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V., Dresden
Redaktionelle Betreuung:
Martina Giese
Empfohlene Zitierweise:
Ulrike Siewert: Rezension von: Rahel Bacher: Klarissenkonvent Pfullingen. Fromme Frauen zwischen Ideal und Wirklichkeit, Ostfildern: Thorbecke 2009, in: sehepunkte 10 (2010), Nr. 10 [15.10.2010], URL: https://www.sehepunkte.de
/2010/10/18071.html


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Rahel Bacher: Klarissenkonvent Pfullingen

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Das derzeitige besondere Interesse der Forschung an Klöstern und Kollegiatstiften zeigt sich unter anderem an der Bearbeitung von Klosterbüchern in den einzelnen Bundesländern. So erschien 2003 bereits das Württembergische Klosterbuch [1], in dem auf den Seiten 383ff. der Klarissenkonvent Pfullingen Berücksichtigung findet. Die Klosterbücher können jedoch Einzeldarstellungen nicht ersetzen, sondern jeweils nur einen kurzen Überblick über die Klöster und Stifte bieten. Für eine vergleichende Gesamtdarstellung der verschiedenen Orden und ihrer Klöster sind nach wie vor Untersuchungen einzelner Konvente und Stifte notwendig. Dies geschieht auf Grund des schwer zugänglichen, meistens noch nicht edierten Quellenmaterials und der Komplexität des Forschungsansatzes häufig im Rahmen von Qualifikationsarbeiten. Hier sei stellvertretend auf die 2008 erschienene Dissertation von Elke Tkocz über das Klarissenkloster in Bamberg verwiesen. [2]

Ein weiteres Beispiel ist Rahel Bachers Tübinger Dissertation vom Wintersemester 2007/2008 über den Klarissenkonvent in Pfullingen, in der sie von der sonst häufig verwendeten und von den Bänden der Germania Sacra geprägten Gliederung etwas abweicht. In der Einleitung stellt Bacher die von ihr zugrunde gelegten Fragestellungen vor, führt in die benutzten Quellen ein und gibt einen Forschungsüberblick zu ihrem Thema. Dabei erweist sich die Quellenlage als sehr gut, weil neben den Urkunden des ehemaligen Klosterarchivs, die heute fast geschlossen im Hauptstaatsarchiv Stuttgart liegen, unter anderem auch spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Rechnungen, Briefe, ein Nekrolog, zwei Klosterchroniken, ein Statutenbuch sowie eine Liederhandschrift erhalten sind. Da kaum Vorarbeiten für andere Klöster der Umgebung existieren, verzichtet Bacher weitgehend auf Vergleiche ihrer Ergebnisse mit den dortigen Verhältnissen.

Im zweiten großen Kapitel wird die Geschichte des Konventes von 1252, dem Jahr seiner Aufnahme in den Klarissenorden, über die Reform 1461 bis zur Aufhebung des Konventes nach der Reformation 1534 und bis zum Tod der letzten Pfullinger Nonne um 1590/95 abgehandelt. Diese Ausführungen enden mit einem kurzen Ausblick auf die zwischenzeitliche Wiederbesiedelung des Klosters in 1630er/40er Jahren.

Die Überlieferung des Konventes wird im dritten Kapitel untersucht. Schwerpunkte liegen dabei auf dem Klosterarchiv, der Bibliothek, auf den historiographischen Quellen, die im Kloster entstanden sind beziehungsweise über dessen Geschichte berichten, auf den Konventssiegeln und auf den Beglaubigungsmitteln von Dritten zur kräftigeren Bestätigung eines Rechtsaktes. Außerdem geht Bacher auf die Klosteranlage und den Klosterbau ein. Besondere Erwähnung findet das erhaltene mittelalterliche Sprechgitter, durch das die Nonnen mit Nicht-Konventsmitgliedern kommunizieren konnten.

Anschließend beschreibt Bacher den inneren Konvent mit den ihm angehörenden Personen, den Regeln sowie dem religiösen Leben und beleuchtet dann die wirtschaftlichen Verhältnisse näher.

Einen großen Teil ihrer Studie widmet Bacher dann den Beziehungen des Konventes zu geistlichen wie weltlichen Personen und Personengruppen außerhalb des Klosters. In einem eigenen Kapitel werden schließlich noch einmal alle Konflikte des Konventes überblicksartig dargestellt, bevor die Arbeit mit einer Zusammenfassung abgeschlossen wird.

Die vorliegende Untersuchung zeichnet sich abgesehen von der umfassenden und kritischen Auswertung der schriftlichen Quellen durch den sehr ausführlichen Anhang aus, der annähernd so viel Platz einnimmt wie der Text. Zunächst legt Bacher alle ermittelbaren biographischen Daten zu den dem Konvent angehörenden Personen nach ihren dortigen Stellungen sortiert dar und bietet eine Stammtafel der vermeintlichen Stifterfamilie Remp. Außerdem wurden wichtige, bisher unpublizierte Quellen, wie beispielsweise der Nekrolog und die jüngere Klosterchronik, ediert. Am umfangreichsten sind die tabellarischen und graphischen Übersichten zur archivalischen Überlieferung, zum Siegel und zur Besiegelung sowie zum Besitz. Am Ende der Arbeit befinden sich noch ein Glossar, das Abkürzungsverzeichnis, das Quellen- und Literaturverzeichnis sowie der Orts- und Personenindex. Damit wird Bacher dem Ziel ihrer Arbeit, "das [...] mittelalterliche Klarissenkloster Pfullingen erstmalig umfassend unter Berücksichtigung aller geistes-, sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Aspekte, zu denen die Quellen Informationen bieten, darzustellen" (245), vollauf gerecht. Sie erleichtert den Zugang zu dem verwendeten Quellenmaterial für weitere Forschungen und leistet einen wichtigen Beitrag zu einer Gesamtuntersuchung der Klarissenklöster sowie auch allgemein der Klöster im süddeutschen Raum.

Dieser sehr positive Eindruck wird durch die wenigen (Tipp-)Fehler, die sich verständlicherweise vor allem bei den statistischen Auswertungen eingeschlichen haben, nicht gemindert. So ist beispielsweise im Anhang bei der Äbtissin Elisabeth Tunkel (252, Äbtissinnen, Nr. 7) vermutlich die Jahreszahl für den Kaufvertrag von ihrem Vater und ihr falsch, da Elisabeth als nicht mehr im Amt angegeben wird, obwohl sie von 1430 bis 1434 Äbtissin gewesen sein soll. Die Nonne Heilka (266, Nonnen, Nr. 23) müsste laut dem Quellenzitat frühestens und nicht spätestens 1335 verstorben sein. Außerdem war die auf Seite 49 genannte "Bedrängnis", in der sich der Konvent um 1520 befand, vermutlich die Reformation und nicht mehr die Reform. Diese kleinen Anmerkungen ändern nichts an der durchweg positiven Beurteilung der Arbeit, mit der Bacher ein anschaulicher Überblick über die Verhältnisse des Klarissenkonventes in Pfullingen gelungen ist und die zugleich weiter gehende Forschungen erleichtert.


Anmerkungen:

[1] Wolfgang Zimmermann (Hg.): Württembergisches Klosterbuch. Klöster, Stifte und Ordensgemeinschaften von den Anfängen bis in die Gegenwart, Ostfildern 2003.

[2] Elke Tkocz: Das Bamberger Klarissenkloster im Mittelalter. Seine Beziehungen zum Patriziat in Bamberg und Nürnberg sowie zum Adel (= Arbeiten zur Kirchengeschichte; Bd. 88 / Schriftenreihe des Historischen Vereins Bamberg; Bd. 43), Nürnberg / Bamberg 2008.

Ulrike Siewert