Detlev Kreikenbom / Franz-Christoph Muth / Jörn Thielmann (Hgg.): Arabische Christen - Christen in Arabien (= Nordostafrikanisch/Westasiatische Studien; Bd. 6), Bruxelles [u.a.]: Peter Lang 2007, VII + 191 S., ISBN 978-3-631-55040-3, EUR 43,20
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Vor einigen Jahren (2004) fand in Mainz eine Tagung mit demselben Titel statt, den auch das hier zu besprechende Buch trägt: Arabische Christen - Christen in Arabien. Dieser Titel erlaubt es verschiedene Themen und Ansätze in einer Tagung bzw. in einem Band unterzubringen. Diese Varianz prägt dann auch den Inhalt und die Zusammensetzung des Konferenzbandes. So ist es nicht die inhaltliche Ausrichtung, welche mich bewogen hat, zu diesem Band zu greifen. Diese ist, wie bei den meisten Konferenzbänden, sehr lose.
Vielmehr war es ist die Liste namhafter Wissenschaftler, die sich im weitesten Sinne mit christlichen Phänomenen beschäftigen, die einen Bezug zum Nahen Osten aufweisen, welche mich zur Besprechung dieses sechsten Bandes der Reihe "Nordostafrikanische/Westasiatische Studien" veranlasst hat.
Dieser Band beginnt mit einem Beitrag von Wolfgang Hage, in welchem er die wichtigsten Grundzüge des Christentums im vorislamischen Orient vorstellt und dabei eine sowohl leicht verständliche, als auch sachliche genaue Beschreibung der christologischen Fragen bietet, wegen derer sich die Christen in mehrere Kirchen aufgespalten haben (Kap. 1). Der zweite Beitrag (von Thomas Weber) beschreibt aus einer baugeschichtlichen Perspektive die "Zugänglichkeit heiliger Orte" am Beispiel der Grabeskirche in Jerusalem und des Pilgerkomplexes von Gadara (Kap. 2). Ebenfalls baugeschichtlich ist der Aufsatz von Detlev Kreikenbom über das vorislamische Leptis Magna im libyschen Tripolitanien ausgerichtet (Kap. 3). Dabei stehen insbesondere die byzantinischen Baumaßnahmen des frühen 6. Jh. im Vordergrund.
Suleiman Mourad entwickelt in seinem Artikel einen Ansatz aus einer früheren Publikation weiter (Kap. 4). Dabei kann er Schemen des frühen Christentums erkennen, mit dem die Rezipienten des Korans vermutlich in Kontakt standen. Diese christlichen Gruppen stützten sich, so Mourads Argumentation, in die sich auf S. 64 ein Fehler eingeschlichen hat (statt Vers 3.35 muss es 66.12 heißen), zumindest auf das Evangelium des Lukas und das Protoevangelium des Johannes (66).
Die Figur Adams ist das Thema von Gabriel Reynolds Beitrag (Kap. 5). Er kommt zu dem Schluss, dass das Adambild im Koran weniger der durch Paulus geprägten Vorstellung entspricht, sondern viel mehr Gemeinsamkeiten mit dem frühchristlichen, syrisch-aramäischen Text "Die Schatzhöhle" aufweist (80). Damit macht er deutlich, dass der Koran ein religiöser Text ist, der fest in den Traditionen der Spätantike verwurzelt ist und damit auch als solcher gelesen werden sollte.
Franz-Christoph Muth bietet in dem nächsten Kapitel eine sehr verdienstvolle Aufstellung aller biblischen Stellenbelege, welche sich in al-Yaʿqūbīs "Taʾrīḫ" im Zusammenhang mit dessen Beschreibung von Jesus Christus finden (Kap. 6), während Martin Tamcke dem Leser in sehr geschliffener Ausdrucksweise Einblicke in die innerchristlichen Konflikte im 7. Jh. im Osten der arabischen Halbinsel bietet (Kap. 7). Dabei beleuchtet er insbesondere die Rolle, welche die verschiedenen Katholikos-Patriarchen der Apostolischen Kirche des Ostens ("Nestorianer") mit Sitz in Ktesiphon-Seleukia im Umgang mit schismatischen Bischöfen, sowie auf der anschließenden Synode, spielten. Schon diese Synodalbeschlüsse weisen auf christliche Abgrenzungstendenzen von ihrer teils muslimischen Umwelt hin.
Die letzten vier Beiträge behandeln erstens zwei arabische Missionarspredigten aus dem 18 Jh. (Kap. 8), zweitens (in einer schwer nachzuvollziehenden Struktur) die Rolle, welche in Rom ausgebildete maronitische Geistliche bei der Erneuerungsbewegung im Nahen Osten gespielt haben (Kap. 9), drittens (teils äußerst fragliche) Statistiken zur Zahl der Christen im Nahen Osten von der Zeit des Propheten bis in die Spätosmanische Zeit (Kap. 10) und viertens die Auswertung eines Fragebogens, der unter rum-orthodoxen und syrisch-orthodoxen Christen zweier Berliner Gemeinden ausgegeben wurde (Kap. 11).
Schon diese kurze Zusammenfassung zeigt, wie heterogen - sowohl thematisch als auch methodisch - die Beiträge dieses Bandes sind. Einige sind es wert gelesen zu werden, andere kann man getrost überblättern.
Jens Scheiner