Angela Karasch: Erfolgreich recherchieren - Kunstgeschichte (= Erfolgreich recherchieren), Berlin: De Gruyter 2013, X + 150 S., ISBN 978-3-11-027120-1, EUR 19,95
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Haidy Geismar: Museum Object Lessons for the Digital Age, London: University College London Press 2018
An der Universität Bonn wurden in den 1980er Jahren noch ganze Seminare über Bibliographien abgehalten. Wohlgemerkt: Nicht eine Doppelstunde, sondern ein ganzes Semester. Das waren dann keine intellektuellen Highlights, aber für die wissenschaftliche Recherche galt so etwa als wichtig. Und die Quellen lagen natürlich alle in Buchform vor.
Wenn man im Jahr 2013 gegenüber Studierenden das Wort "Bibliographie" erwähnt, reagieren sie meist unwillig oder verständnislos: Man sucht jetzt in Google, was soll man da mit einer Bibliographie anfangen? Die Verfasserin des vorliegenden Buches zeigt auf, dass auch im Jahr 2013 durchaus subtilere und zielführendere Suchstrategien zum Aufspüren von wissenschaftlicher Literatur existieren, ohne dabei online-Verfahren links liegen zu lassen. Im Gegenteil. Gedruckte und noch nicht (retro)digitalisierte Suchmedien werden zwar erwähnt, aber der eindeutige Schwerpunkt liegt doch auf den online-Medien. "Gedruckte Nachschlagewerke rücken erst dann ins Blickfeld, wenn die für ein Teilgebiet zentralen Hilfsmittel nur in Printausgaben vorliegen." (VI) Es wird damit erneut klar, dass Bibliothekare in dieser Angelegenheit weiterhin viel avancierter sind als Fachwissenschaftler. Von Kunsthistorikern schon mal gar nicht zu reden.
Das angenehm konzise, leicht an einem halben Tag zu lesende Buch hat einen ausführlichen, zweigeteilten systematischen und einen kleineren pragmatischen Teil. Unterbrochen wird die Darstellung immer wieder durch "Tipps", die zuweilen richtig interessante Hinweise enthalten. Im ersten systematischen Teil geht es um Bibliothekskataloge, Bibliographien im engeren Sinn, Bilddatenbanken, Enzyklopädien, im "advanced" genannten zweiten systematischen Teil um virtuelle Fachbibliotheken, Zeitschriften, spezialisierte Bibliographien, kunsthistorische Denkmälerverzeichnisse und retrodigitale Bibliotheken. Besonders wichtig für weniger erfahrene Wissenschaftler/innen der vielleicht etwas zu kurz geratene Teil "Arbeitsprozesse - ein systematisierter Durchlauf", bei dem die Autorin von einer top down- zu einer bottom up-Perspektive wechselt. Denn das Angebot an sich ist so überwältigend, dass man leicht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, während eine konkret anwendungsbezogene Perspektive eventuell wirklichkeitsnäher ist. An dieser Stelle versucht die Autorin auf originelle Weise, den faktischen Arbeitsprozess zu simulieren und gibt die an der jeweiligen Stelle relevanten bibliothekarischen Hinweise. Für weniger Erfahrene gedacht sind auch die immer wieder eingestreuten Hinweise zur Methodik und Pragmatik des wissenschaftlichen Arbeitens, wobei die Bemerkungen zum Plagiat sich wohl speziell auch an Promovierende richten. (104f.)
Profis werden das Allermeiste kennen, was die Verfasserin aufzählt, aber auch sie werden dankbar das im letzten Kapitel dann folgende "Ressourcenverzeichnis" heranziehen. Und auch Profis werden die eine oder andere Entdeckung machen. Dass es sich selbst für Kunsthistoriker/innen lohnt, auch einmal bei Google Scholar nachzusehen, machen die knappen Hinweise in diesem Buch deutlich (4). Mir selber war bislang z.B. der Bibscout des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes ganz unbekannt, in dem ich entlang der Kategorisierung in der Regensburger Verbundklassifikation vom Allgemeinen ins Besondere herunterbibliographieren kann, dabei zum Beispiel mit einem bestimmten Künstler beginnend und dann auf dessen zeichnerisches Werk geführt. (16ff) Aber auch artlibraries.net, auf dem zentralen kunsthistorischen Portal arthistoricum.net eigentlich prominent vertreten, dürfte wenig bekannt sein, obwohl ich dort große Verbünde erreiche und neben dem einschlägigen kubikat auch auf Google Books zugreife. Damit sind Volltexte in die Recherche mit einbezogen und nicht mehr nur Metadaten. So führt etwa eine Suche nach dem englischen Medienkünstler Roy Ascott im kubikat zu 19, in artlibraries aber zu mehr als 400 Ergebnissen (wobei davon mehr als die Hälfte aus Google Books stammt) Leider ist die auf moderne Kunst spezialisierte ARTbibliographies Modern in artlibraries.net nicht eingeschlossen, sonst wären noch einmal 128 Nachweise hinzugekommen.
Umständlich zu benutzen und auch nicht vollständig ist das Sachregister, das nicht auf Seiten sondern auf Kapitel verweist. Ansonsten ein empfehlenswertes Buch, das preislich auch für Studierende erreichbar ist, abgesehen davon hoffentlich demnächst aber auch einmal online vorliegen wird. Denn dann lassen sich die vielen langen URLs direkt anklicken und müssen nicht immer umständlich und fehlerträchtig eingetippt werden.
Hubertus Kohle