Michael Alexander Speidel: Heer und Herrschaft im Römischen Reich der hohen Kaiserzeit (= MAVORS. Roman Army Researches; Vol. XVI), Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2009, 706 S., ISBN 978-3-515-09364-4, EUR 128,00
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Wie sah der Alltag des römischen Soldaten aus? Wie hoch war der Sold der unterschiedlichen Einheiten im Jahr? Welchen Einfluss hatte die Spezialisierung von Soldaten auf ihre Beförderungschancen? Dies sind nur einige der Fragen, mit denen sich der verdiente Militärhistoriker Michael Alexander Speidel in seinen Forschungen auseinandergesetzt hat und die in seinen Schriftenband somit erneut thematisiert werden.
Der Band enthält 32 Aufsätze Speidels, die in den Jahren 1992 bis 2008 entstanden sind, wobei insbesondere die früheren Schriften für die Neupublikation überarbeitet und teilweise ergänzt wurden. Die Sprache der Erstpublikationen - sieben Aufsätze sind in englischer, einer in französischer Sprache verfasst - wurde beibehalten. Erstmals veröffentlicht werden die drei Schriften "Augustus' militärische Neuordnung und ihr Beitrag zum Erfolg des Imperium Romanum" (19-51), "Soldaten und Zivilisten im römischen Reich. Zu modernen Konstruktionen antiker Verhältnisse" (473-500) und "Der römische Neubeginn im Gebiet der Helvetier und in der Vallis Poenina" (545-562). In drei weiteren Fällen fand die Erstpublikation etwa fast zeitgleich statt: "Germanische Verbände im römischen Heer" (109-120), wobei dies die umfangreichere der beiden Fassungen ist, sowie "Dressed for the occasion. Clothes and context in the Roman army" (235-248) und "Auf kürzestem Weg und gut verpflegt an die Front. Zur Versorgung pannonischer Expeditionstruppen während der severischen Partherkriege" (255-271).
Im Rahmen dieser kurzen Besprechung kann nur auf die oben angeführten Aufsätze eingegangen werden, die als Neupublikationen gegenüber überarbeiteten älteren Aufsätzen den größeren Forschungsbeitrag bedeuten.
"Augustus' militärische Neuordnung und ihr Beitrag zum Erfolg des Imperium Romanum" (19-51) zeigt, wie die militärpolitischen Maßnahmen des Augustus wesentlich dazu beitrugen, dass die Kaiserzeit hauptsächlich von einem weitgehenden Friedenszustand und Stabilität geprägt war.
"Germanische Verbände im römischen Heer" (109-120) ist ein quellennaher und zuverlässiger Überblick, der von der Zeit Caesars bis in die Spätantike reicht. Seine Leistung besteht vor allem darin, auf geringem Raum eine klare, gut lesbare und nie zu stark verkürzende Darstellung zu bieten.
"Dressed for the occasion. Clothes and context in the Roman army" (235-248) befasst sich mit der Repräsentation der römischen Soldaten durch ihre Kleidung und zeigt die vielfältigen Möglichkeiten, so symbolische Bedeutungen zu kommunizieren.
"Auf kürzestem Weg und gut verpflegt an die Front. Zur Versorgung pannonischer Expeditionstruppen während der severischen Partherkriege" (255-271) wertet die Legionsstempel auf Ziegeln als Quelle für Organisation und Durchführung der Bereitstellung von Verpflegung während des Marsches zum Einsatzort aus.
"Soldaten und Zivilisten im römischen Reich. Zu modernen Konstruktionen antiker Verhältnisse" (473-500) bezieht gegen die Annahme, das römische Reich sei ein kriegslustiger Staat mit einer Allgegenwart militärischer Präsenz gewesen, Stellung und arbeitet die Vielfältigkeit der wechselseitigen Beziehungen zwischen Militär und Zivilbevölkerung, die sich keineswegs auf soldatischen Machtmissbrauch reduzieren lässt, heraus.
"Der römische Neubeginn im Gebiet der Helvetier und in der Vallis Poenina" (545-562) demonstriert, wie die Maßnahmen des Augustus im Alpenraum von der lokalen Führungsschicht aufgenommen wurden und die Grundlage für einen stabilisierenden Integrationsprozess boten.
Die einzelnen Aufsätze sind ausnahmslos von hoher Qualität, so dass allenfalls Details bemängelt werden können. So ist Seite 199, Anm. 96 (und ebenso im Register 682) die Eutropiusstelle "18" zu "8,18,4" zu ergänzen; Seite 119 lies "Seeck" statt "Seek"; Seite 698 lies "Konstantin" statt "Konstatin"; wiederholt findet sich "LeBohec" statt "Le Bohec" (etwa 256, Anm. 4).
Anlass zu Unmut bieten lediglich einige Aspekte der Konzeption des Bandes. So hätte es zur besseren Übersichtlichkeit beigetragen, wenn gleich aus dem Inhaltsverzeichnis zumindest hervorginge, ob es sich um eine Erstpublikation handelt oder nicht; dies lässt sich erst auf der ersten Seite der einzelnen Aufsätze ermitteln. Auch ein Schriftenverzeichnis Speidels sucht man vergebens. Zuletzt hätte die parallele Angabe der ursprünglichen Paginierung der Ersterscheinungsorte es dem Leser erleichtert, ohne langes Suchen direkt beide Fassungen miteinander zu vergleichen und eventuelle Akzentverschiebungen als Folge der Überarbeitung leichter auszumachen.
Die genannten Details können den Wert dieses Bandes jedoch nicht mindern. Jeder, der sich mit römischer Militärgeschichte befasst, wird dieses an Umfang und Inhalt reiche Werk mit Gewinn konsultieren.[1]
Anmerkung:
[1] Siehe dazu auch das positive Urteil der bisherigen Rezensionen: Leonhard Burckhardt, in: Bonner Jahrbücher 210/211 (2010/11), 744-746; Radoslaw Gawronski, in: Journal of Juristic Papyrology 39 (2009), 341-345; Josef Löffl, in: H-Soz-Kult, 11.1.2010 (http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2010-1-020); Michael Weiskopf, in: Bryn Mawr Classical Review Mai 2010, Nr. 34 (http://bmcr.brynmawr.edu/2010/2010-05-34.html).
Raphael Brendel