Matthias Kaufmann / Alexander Aichele (eds.): A Companion to Luis de Molina (= Brill's Companions to the Christian Tradition; Vol. 50), Leiden / Boston: Brill 2014, XXXVIII + 505 S., ISBN 978-9-0042-2823-8, EUR 185,00
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Stefania Pastore: Il vangelo e la spada. L'inquisizione di Castiglia e i suoi critici (1460-1598), Rom: Edizioni di Storia e Letteratura 2003
Angesichts des wachsenden Interesses an frühneuzeitlicher Moraltheologie, nicht nur im Rahmen einer erneuerten Geistes- und Religionsgeschichte, ist es überaus begrüßenswert, dass der anzuzeigende Sammelband versucht, Schlüsselaspekte des Werks Luis de Molinas auf dem aktuellen Stand der Forschung für den heutigen Leser zugänglich zu machen. Molinas Bedeutung für die frühneuzeitliche Geistesgeschichte kann kaum überschätzt werden, und Francesco Piro stellt in seinem Beitrag (365-403) zu Molinas Ausstrahlung zu Recht fest, dass der "Molinismus" das Gespenst war, das theologische und philosophische Diskussionen des 17. Jahrhunderts umtrieb. Das Werk des spanischen Jesuiten, der seine akademische Karriere nach seinem Studium in Salamanca und Alcalá vornehmlich an den portugiesischen Universitäten Coimbra und Évora verbrachte, revolutionierte in der Tat breite Bereiche der Gnadentheologie, politischen Theorie und Wirtschaftsethik. Molinas Neuerungen, besonders sein unbekümmerter Umgang mit dem erst 1562 zum Kirchenlehrer erhobenen Thomas von Aquin sowie seine Aufwertung der Willensfreiheit zum "Kooperationspartner" göttlicher Gnade, provozierten erbitterte Kontroversen, in denen mit harten Bandagen gekämpft wurde: Die Dominikaner bezichtigten Molina und den Jesuitenorden allgemein des Pelagianismus, worauf jene mit dem Vorwurf des Crypto-Calvinismus antworteten. Die zur Schlichtung des Streits gegründete päpstliche "De Auxiliis"-Kongregation sah sich nicht in der Lage, die verfeindeten Parteien zu versöhnen, so dass Papst Paul V. schließlich 1607 beiden Seiten Schweigen in der Sache auferlegte. Dies dämpfte zwar einige der polemischen Exzesse und die Gefahr eines befürchteten inner-katholischen Schismas, konnte aber das Weiterschwelen der Kontroverse nicht verhindern, wie der unter nur leicht veränderten Vorzeichen geführte Jansenismusstreit belegt, der die katholische Öffentlichkeit noch ein weiteres Jahrhundert in Atem halten sollte. Der historische Kontext und die politische Geschichte des Molinismusstreits werden zwar immer wieder angedeutet, aber in den vornehmlich philosophischen und theologisch ausgerichteten Band nicht in einem eigenen Kapitel aufgearbeitet. Auch Paolo Broggios Werk [1], das sich dieser Frage widmete, ist nicht in der Bibliographie verzeichnet.
Teil I des Companion befasst sich mit Molinas umstrittener Gnadentheorie: Hier zeichnet Alexander Aichele die konzeptuellen Kernpunkte der Concordia (1588) nach (3-54), während Petr Dvorak die problematischen Definitionen der göttlichen Vorsehung und der Willensfreiheit analysiert. Der Beitrag von Juan Cruz Cruz (89-121) rundet diese Sektion ab und verfolgt Molinas Ansichten zur Prädestination im Vergleich zu jenen seiner Zeitgenossen und Ordensbrüder Suárez und Bellarmin.
Für den Historiker dürfte der zweite Teil des Companions wohl von größtem Interesse sein, der einige der zentralen Themen aus Molinas monumentalem, teils posthumem Werk De Iustitia et Iure (1593-1613) untersucht. Den Auftakt macht Jörg Alejandro Tellkamp (125-135), der auf die für Molina charakteristische Verbindung von dominium und ius eingeht, aus der sich Molinas Überlegungen zur Sklaverei, zum gerechten Krieg, zur politischen Herrschaft und zum gerechten Preis ableiten. Diese Themen werden in den folgenden Kapiteln im Einzelnen dargestellt: Annabel Bret analysiert Molinas Verständnis von Recht und politischer Herrschaft (155-182) im Kontext der zweiten Scholastik, das sich durch eine im Vergleich zu Soto und Vitoria "republikanischer" anmutende Vertragstheorie auszeichnet. Matthias Kaufmann untersucht Molinas Verständnis der subjektiven Rechte in den Ausführungen zur Sklaverei (183-225) in Iustitia et Iure, die zu den wohl ausführlichsten und bisweilen auch kritischsten frühneuzeitlichen Auseinandersetzungen mit dem Thema gehören. Wie Kaufmann unterstreicht, entstanden Molinas Überlegungen in direkter Kenntnis der moralischen Fragen, die der Sklavenhandel offensichtlich bei allen involvierten aufwarf. Molina bestritt die Existenz von "Sklaven von Natur aus", schloss aber nicht aus, dass Menschen sich selbst für einen gerechten Preis als Sklaven anbieten oder dass Sklaven in gerechten Kriegen erworben werden konnten. Molinas Position zur Sklaverei folgt in der Tat direkt aus der schon angedeuteten Verbindung von Recht und Eigentum, die auch seine Disputationen zum gerechten Krieg und zum gerechten Preis durchziehen. João Manuel Fernandes (228-249) befasst sich mit Molinas Position zum gerechten Krieg und hebt hervor, dass diese nicht nur der theoretischen Spekulation geschuldet waren, sondern den praktischen Anfragen von Seiten der Krone, ein Umstand, den Philosophiehistoriker leider allzu oft unterschätzen. Krieg war für Molina weniger ein Ausnahmezustand als eine an präzise Regeln der Rechtmäßigkeit gebundene Art der Eigentumsübertragung, zu der auch der Angriffskrieg zählen konnte; folglich behandelte er, anders als Suárez, den gerechten Krieg nicht unter dem Stichpunkt der caritas sondern unter jenem der iustitia. Rudolf Schüsslers Kapitel (257-288) zu Molinas wirtschaftsethischen Positionen gehört zu den wohl besten des Bandes. Sprachlich und konzeptuell klar verortet er Molina im Kontext seiner Zeit und im langfristigen Horizont des ökonomischen Denkens, ohne ihn anachronistisch zum Vorläufer des Liberalismus zu stilisieren. Der abschließende, dritte Teil des Companion geht der Frage nach Molinas Quellen (vor allem Duns Scotus), seinem Verhältnis zu Thomas von Aquin sowie seiner Langzeitwirkung und Ausstrahlung auf Leibniz und Kant nach.
Wenn der Band trotz seiner unbestrittenen Tiefe und Reichweite dennoch nicht uneingeschränkt empfohlen werden kann, so liegt dies an der unzureichenden Qualität der Übertragung einiger Beiträge ins Englische. Der Umgang mit Grammatik, Syntax, Zeichensetzung und Wortwahl, besonders in den Beiträgen der Herausgeber, ist so unorthodox, dass viele Passagen nur schwer verständlich sind, selbst wenn man Deutsch mitdenkt. Dass der Verlag trotz des stolzen Ladenpreises nicht für eine durchweg sprachlich erstklassige Präsentation Sorge trug, ist ärgerlich und letztlich kontraproduktiv: Angesichts der sprachlichen Unzulänglichkeiten ist der Companion für Anfänger und Laien so leider ungeeignet.
Anmerkung:
[1] Paolo Broggio: La teologia e la politica, Controversie dottrionali, curia romana e monarchia spagnola tra Cinque e Seicento, Florenz 2009.
Nicole Reinhardt