Maurizio Burlamacchi: Nobility, Honour and Glory. A brief military History of the Order of Malta (= Biblioteca dell' "Archivum Romanicum". Serie I; 418), Florenz: Leo S. Olschki 2013, IX + 74 S., 11 Farb-, 7 s/w-Abb., ISBN 978-88-222-6247-9, EUR 18,00
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Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, dass die Geschichte der geistlichen Orden immer wieder von ihren Mitgliedern untersucht und dargestellt wird. Dies kann die Forschung befruchten, weil die interne Perspektive noch einmal einen anderen Blickwinkel öffnet. Dennoch muss die Vorgeschichte des vorliegenden kleinen Bandes überraschen, die der Autor knapp in seinem Vorwort berichtet. Bei seiner Aufnahme in den Malteserorden hatte er keinerlei Kenntnisse der Ordensgeschichte, wurde jedoch als bekannter Autor von seinen Oberen zu einem Vortrag aufgefordert. Dazu beschaffte er sich einige Materialien - "I obtained a few texts from bookshops and I dusted off a bundle of old journals about the Order that I had inherited from a cousin of mine who was a Knight" (IX) - und machte sich ans Werk. Im Bewusstsein umfangreicher Forschungen zur Ordensgeschichte entschied er sich für einen Fokus auf Militär- und Adelsgeschichte und für die Zeit bis zum Ende der Ordensherrschaft auf Rhodos. Der Erfolg seines Vortrags veranlasste ihn dann, sein "précis" auf die Gesamtgeschichte des Ordens auszudehnen und in Buchform zu veröffentlichen, sehr bescheiden für jene, "who, without wasting too much time, would like to get an idea of the Order of Malta, yesterday and today" (ebenda).
Der Autor hat sich dann offensichtlich auch selbst bemüht, für sein Buch nicht zu viel Zeit zu verschwenden. Ohne eine lange Literaturliste zur Messlatte für die Qualität eines Buches machen zu wollen, fallen die auf Seite 71 genannten zwölf Werke (ohne die Hinweise auf nicht näher bezeichnete Artikel in "Servire, Periodico di informazione e formazione Melitense" und der "Rivista illustrata Sovrano Militare Ordine di Malta") doch reichlich knapp aus. Durchaus ehrenwert ist noch der Hinweis auf den illustrativen Band von Elias Kollias über die Hinterlassenschaften des Ordens auf Rhodos oder auf zwei Ausgaben von Caoursins Bericht über die Belagerung von Rhodos. Daneben erscheinen noch ein Manuskript aus Familienbesitz (Gerardo Burlamacchi 1570) und zwei frühe Drucke zu Venedig und den Türkenkriegen (1487, 1576). Von begrenztem wissenschaftlichem Wert ist jedoch die Ordensgeschichte von Ernle Bradford, während die anderen Titel unter Einschluss einer ohne URL zitierten Internetpublikation wenig Konkretes versprechen. Die ältere und neuere internationale Forschung zum Orden wird damit komplett ignoriert, Namen wie Jonathan Riley-Smith, Anthony Luttrell oder auch Helen Nicholson, Victor Mallia-Milanes, Joseph Marie Delaville Le Roux und viele andere kommen schlicht nicht vor. Selbst die klassische ältere italienische Ordensgeschichtsschreibung wie Iacomo Bosio, Ettore Rossi und Gottardo Bottarelli fehlt völlig.
Vor diesem Hintergrund wird es dann auch verständlich, warum der Band an vielen Stellen problematisch ist. Nur ein paar der offensichtlicheren Stellen seien hier angeführt. So wurde Jerusalem nicht schon im 6. Jahrhundert von den Arabern erobert, und Urban II. verkündete seinen folgenreichen Kreuzzugsaufruf nicht schon auf der Synode von Piacenza (1). Wenig hilfreich sind ein längerer Abschnitt über einen Film von Mario Monicelli von 1966 zur Illustration des "Volkskreuzzugs" von 1096 (2) oder der stereotype Hinweis auf das Blutbad in Jerusalem nach der Eroberung durch die Kreuzfahrer 1099, das "gave rise to the Muslims' implacable hatred of Christians throughout the future centuries" (3). Weiter war Gottfried von Bouillon keineswegs der einzige Anführer des Kreuzheers (2, 3), und "Fra Gerardo", der nicht einen irgendwie nachweisbaren Beinamen "Sasso" führte, gründete auch nicht aufgrund seines "entrepreneurial flair" einen neuen geistlichen Orden mit dem Namen "Hospitaller Order of St. John of Jerusalem" (oder eine in Übersetzung ähnlich benannte Gemeinschaft, 3). Es kann auch nicht unmittelbar auf Gerhard zurückgeführt werden, wenn überall in Europa neue Hospitäler gegründet wurden (3).
Die Probleme infolge der Militarisierung des Ordens werden völlig übergangen, Raymond du Puy als "erster Großmeister" wird ohne hinreichende Grundlage für die Familie Di Poggio aus Lucca vereinnahmt (4). Überflüssig ist der Hinweis auf ein Saladin-Sammelbild, wobei dieser noch als "Grand Sultan of the Turks" und "Armenian Kurd" beschrieben wird. Der Tod Saladins führte jedoch nach 1193 zu einer längeren Periode relativen Friedens, nicht zu einer Fortsetzung "aggressiver" Politik (5-6). Das nach der Eroberung Akkons als Zuflucht der Ritterorden dienende Königreich Zypern wurde keineswegs von einem orthodoxen Griechen, sondern seit 1192 von den Lusignan regiert (8). Turkopolen (oder im Text genauer "Turkopoliers") sind nicht englische Adlige, die die leichte Kavallerie bilden (9). Kurios wirken die Überlegungen im Zusammenhang mit der unvermeidlichen Drachentöter-Legende für Déodat de Gozon (11). Die Seeliga, die zur Eroberung von Smyrna führte, ist nicht erklärt und die Rolle der Johanniter nicht verstanden (13), ebenso wenig die Funktion der Zungen, bei denen zudem wie für die Meisterwahl ältere und jüngere Regeln vermischt werden (15-16). Ebenso wird das Unternehmen von Juan Fernandez de Heredia falsch dargestellt (16).
Auch in der Darstellung der jüngeren Geschichte bleiben viele Ungereimtheiten, Unklarheiten und Probleme, wenn auch nicht in derselben Intensität wie in den Eingangsteilen. Die Darstellung folgt, wie eingangs angekündigt, tatsächlich wesentlich den militärischen Unternehmen, mit einem Fokus auf zentralen Ereignissen wie dem Fall Akkons, der Eroberung von Rhodos durch den Orden sowie den Belagerungen von 1480, 1522 und 1565. Einen gewissen Schwerpunkt bildet dann das 18. Jahrhundert, durch die tabellarische Wiedergabe des Tagebuchs von Francesco Antonio Mansi (54-60). Exkurse sind den Galeeren, der militärischen Ausbildung der Brüder sowie den Symbolen des Ordens gewidmet. Die moderne Geschichte wird schließlich - unter Einschluss der protestantischen Gemeinschaften - auf nur wenigen Seiten und sehr aus katholischer Perspektive behandelt.
Gerade im Blick auf die Darstellung der mittelalterlichen Geschichte der Johanniter kann man sich vor diesem Hintergrund nur wünschen, das Buch wäre nie gedruckt worden; insgesamt hat sich der ehrwürdige Verlag mit der Publikation des Bandes keine Lorbeeren verdient.
Jürgen Sarnowsky