Jelko Peters: Methodenlexikon für den Geschichtsunterricht. 128 Anregungen und Vorschläge zur Gestaltung des historischen Lernens und Entwicklung von Lernaufgaben (= Historica et Didactica. Praxis; Bd. 2), St. Ingbert: Röhrig Universitätsverlag 2016, 392 S., ISBN 978-3-86110-563-3, EUR 29,80
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Dietrich Andernacht (†): Regesten zur Geschichte der Juden in der Reichsstadt Frankfurt am Main von 1520 - 1616. Aus dem Nachlass hrsg. von Helga Andernacht in Verbindung mit dem Institut für Stadtgeschichte Frankfurt und dem Arye-Maimon-Institut für Geschichte der Juden an der Universität Trier, Hannover: Hahnsche Buchhandlung 2007
Maike Lämmerhirt: Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten. Recht, Verwaltung und Wirtschaft im Spätmittelalter, Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2007
Andreas Lehnardt (Hg.): Das verbotene Purim-Spiel. Le-Haman aus Frankfurt am Main, Wiesbaden: Harrassowitz 2021
Die Unterrichtseinheit zu den "Lebensformen im Mittelalter" zu Grabe tragen und hierfür "Grabbeigaben" von den SchülerInnen auswählen lassen? Auf diese wie andere Ideen war ich bisher nicht gekommen!
Mit dem Methodenlexikon für den Geschichtsunterricht ist Jelko Peters eine interessante Sammlung von Methoden gelungen. Durch sie kann der Leser neue Ideen wie die obige entwickeln. Der Fachleiter für Geschichte am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung in Siegen trägt mit diesem Band viele altbekannte und -bewährte Methoden für den Geschichtsunterricht zusammen (Gruppenpuzzle, Pro- und Contra-Debatte, Bienenkorb, Placemat). Zugleich versammelt er in seinem Buch aber auch neue und "neu gedachte", klassische methodische Bausteine und Überlegungen.
Auf insgesamt 360 Seiten gibt der Autor einen Einblick in "128 Anregungen und Vorschläge zur Gestaltung des historischen Lernens und Entwicklung von Lernaufgaben" (Untertitel). In einer knappen Einleitung umreißt Peters dabei zunächst begrifflich die einzelnen Phasen historischen Lernens (11-20), die auf seinem grundlegenden Werk zur Didaktik des Geschichtsunterrichts basieren. [1] Hierzu zählen (1.) der Einstieg beziehungsweise die Kontingenzerfahrung, (2.) die Formulierung von historischen Fragen respektive Hypothesen, (3.) die Heuristik sowie (4.) die Analyse und Deutung (vor allem hinsichtlich der Planung des weiteren Vorgehens der Bearbeitung von Materialien mittels Arbeitsaufträgen mit samt deren Analyse und Deutung). Am Ende stehen die Phasen der (5.) Präsentation von Lernprodukten und (6.) die Diskussion dieser Produkte. Diesen verschiedenen Phasen ordnet Peters die an sich im Werk alphabetisch sortierten Methoden zu (21-26), womit er einen strukturierten und schnellen Zugriff auf die einzelnen Methodenbausteine ermöglicht.
Die einzelnen Einträge sind wiederum so aufgebaut, dass der Autor zunächst die Zuordnung der Methode zu einer der obigen Phasen benennt und hiervon ausgehend kurz beschreibt, worum es sich bei dieser Methode handelt, wieso sie der jeweiligen Phase zugeordnet und was mit ihrem Einsatz letztlich bezweckt werden kann. Vereinzelt gibt er für die aufgeführten Methoden wiederum Einsatzmöglichkeiten innerhalb der einzelnen Phasen an.
Dass es sich bei dem vorliegenden Werk nicht um eine vollständige Sammlung von Methoden handeln kann, ist der Gattung an sich geschuldet und kann angesichts der präsentierten Methodenfülle auch gar nicht kritisiert werden. Die von Peters ausgewählten Methoden sind vielseitig und werden vor allem kurz und luzide erklärt. Dem Wesen eines Lexikons, das für die Unterrichtspraxis konzipiert wurde, widerspricht es nach Auffassung des Rezensenten aber erheblich, dass kurze Praxisbeispiele und Einsatzmöglichkeiten fehlen. Solche Praxismöglichkeiten wären vor allem für BerufseinsteigerInnen sinnvoll gewesen. Wenn der Autor dennoch Einsatzmöglichkeiten andeutet, so geschieht dies oftmals auf einer Metaebene. Gerade dies kann sich aber problematisch auswirken: So wird auf Seite 141 darauf hingewiesen, dass die SchülerInnen bei der Methode "Dokument" zur Förderung des Fremdverstehens aus der Sicht der DDR-Führung eine Rede schreiben sollen. Bei der Methode "Zensur" (358-359) sollen sie wiederum die Aufgabe eines Zensors übernehmen. Beide Vorgehensweisen setzen eine ausführliche Reflexion über die Perspektive voraus, die gleichwohl nicht ausgeführt wird. Gerade für ReferendarInnen kann sich dies als ein enormer Stolperstein entpuppen, da es hier auch um den Aspekt des "Demokratie Lernens" geht. Diese generelle Zielstellung läuft an solchen Stellen aber Gefahr, implizit unterwandert zu werden, wenn Lernende sich unreflektiert in die Perspektive demokratiefeindlicher Akteure hineinversetzen sollen.
Mancher Lexikoneintrag, der als Methode deklariert wird, ist im engeren Sinne zudem keine Methode, wie zum Beispiel die "Methode" Gedenktag (173-174): Hier wird erläutert, welche Fragen man mit den SchülerInnen in einem Unterrichtsgespräch diskutieren kann. Selbiges gilt für die Gesprächsführung (184-190), die ein übergeordnetes Prinzip darstellt, das an Lehrkräfte stets hohe Anforderungen bei allen Methoden und in allen Unterrichtsphasen heranträgt.
Zwei strukturelle Monita seien abschließend angebracht: 1. Angesichts neuer Entwicklung auf dem Gebiet der Inklusion respektive der neuen Intensiv-Klassen für Flüchtlingskinder (beispielsweise in Hessen) hätte es der Rezensent als hilfreich empfunden, wenn einzelne Methoden ausgewiesen würden, die für sprachsensiblen Unterricht entweder besonders geeignet sind oder nach dessen Prinzipien hätten eingesetzt werden können. Hier folgt der Autor nicht der jüngsten Debatte um sprachsensiblen Fachunterricht und dessen Operationalisierbarkeit in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern. [2]
2. Obgleich Lernaufgaben für den kompetenzorientierten Unterricht von zentraler und daher gleichbleibend aktueller Bedeutung sind, sie im Titel des vorliegenden Werkes sogar explizit genannt werden, gibt Peters gleichwohl für die Gestaltung von Lernaufgaben - zum Beispiel hinsichtlich der Verwendung seiner behandelten Methoden im Rahmen solcher Aufgaben - keine definitorische Konkretisierung oder Planungshinweise. Insbesondere für Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst wäre eine kurze Einführung zu Lernaufgaben und wie sie methodisch strukturiert werden könnten vorteilhaft für die eigene Unterrichtspraxis gewesen. Insofern hält das Werk an dieser Stelle nicht, was es im Titel verspricht.
Indessen ist das Buch trotz dieser Beanstandungen nicht nur für ReferendarInnen geeignet, sondern auch für erfahrenere LehrerInnen, die mithilfe des vorliegenden Lexikons ihr bisheriges Methodenspektrum wunderbar erweitern, reflektieren und fortentwickeln können. Damit bietet das Werk von Peters eine sehr gute Arbeitshilfe für die kompetenzorientierte Planung und Gestaltung von Geschichtsunterricht. Dies gilt umso mehr, als dass Peters für einige Methoden Anleitungen in Form von Formularen anbei gibt, wie sich die Methoden in den Unterricht einbetten lassen.
Anmerkungen:
[1] Jelko Peters: Geschichtsstunden planen (=Historica et Didactica; 1), St. Ingbert 2014.
[2] Josef Leisen: Handbuch Sprachförderung im Fach. Sprachsensibler Fachunterricht in der Praxis, Stuttgart 2013.
André Griemert