Nadine Akkerman (ed.): The Correspondence of Elizabeth Stuart, Queen of Bohemia. Volume I: 1603-1631, Oxford: Oxford University Press 2015, XXIII + 996 S., ISBN 978-0-19-955107-1, GBP 145,00
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Die Edition der Korrespondenz der Winterkönigin Elisabeth Stuart, Tochter König Jakobs I. von England und Gemahlin Kurfürst Friedrichs V. von der Pfalz, ist auf drei Bände angelegt. Der hier zu besprechende erste Band umfasst den Zeitraum von 1603 bis 1631, also von der Kindheit der 1596 geborenen Elisabeth bis kurz vor dem Tod ihres Mannes im November 1632. Bereits 2011 erschienen ist der chronologisch zweite Band mit der Korrespondenz der Jahre 1632-1642. [1]
Während im zweiten Band die Witwe Elisabeth als eine Staatsfrau wider Willen auftritt, die mit Hilfe einer umfangreichen, fast ganz Europa umfassenden Korrespondenz versucht, die Kurpfalz für ihren Sohn Karl Ludwig zurückzugewinnen, lässt sich im jetzt vorliegenden ersten Band die Entwicklung Elisabeths von der jungen Prinzessin hin zur politisch denkenden Fürstin beobachten. Geboren als Tochter Jakobs I./VI. von England, Schottland und Irland, konnte sie nach dem Tod ihres älteren Bruders Heinrich Friedrich durchaus als potentielle Erbin dieser drei Königreiche gelten, da vor ihr in der Thronfolge nur noch ihr jüngerer Bruder Karl stand. Dies bestimmte ihr Selbstbewusstsein in erheblichem Maße und ließ sie in ihren ersten Jahren am Heidelberger Hof einige Präzedenzstreitigkeiten ausfechten, da sie der Ansicht war, dass ihr deshalb der Vorrang vor den deutschen Reichsfürsten gebühre. Dagegen finden sich in der Korrespondenz keine Hinweise für die häufig angeführte Behauptung, es sei der Ehrgeiz Elisabeths gewesen, der Friedrich zur Annahme der böhmischen Krone veranlasst habe.
Die Wahl Friedrichs zum König von Böhmen scheint Elisabeth von einem Tag auf den anderen in die Sphäre der großen Politik katapultiert zu haben. Denn sofort begann sie, sich bei ihrem Vater um Unterstützung zu bemühen. Damit war sie allerdings nur sehr begrenzt erfolgreich. Jakob war höchstens bereit, seinen Schwiegersohn bei der Rückgewinnung der Kurpfalz zu unterstützen, lehnte aber ein Eingreifen in Böhmen ab. Deutlich wird, dass Elisabeth angesichts der Zurückhaltung ihres Vaters zunehmend auf ihren Bruder Karl und auf den Herzog von Buckingham setzte.
Allerdings ist der Kreis der Korrespondenzpartner Elisabeths in den 1620er Jahren noch wesentlich enger als ein Jahrzehnt später, als sie selbständig als Witwe und als Anwältin ihres Sohnes agieren sollte. Ihre wichtigsten Korrespondenzpartner außerhalb der Familie sind die beiden Söldnerführer Ernst von Mansfeld und Christian von Braunschweig, der Administrator von Halberstadt, der als Cousin freilich zur erweiterten Familie gehörte. Zahlenmäßig ragt wie in den 1630er Jahren der Briefwechsel mit Sir Thomas Roe heraus, der als besonderer Vertrauter der Königin gelten kann.
Auffallend ist, dass in dieser Edition kein typischer Fürstinnenbriefwechsel vorliegt, wie ihn die Forschung in den letzten Jahren als probates Mittel der Netzwerkbildung und damit eben auch politischer Einflussnahme von Fürstinnen herausgearbeitet hat. In einem etwas engeren brieflichen Kontakt stand Elisabeth mit Charlotte Brabantina von Nassau, ihrer Schwägerin Henrietta Maria sowie mit Isabella Klara, der Statthalterin der Niederlande, aber auch mit diesen Frauen liegt kein wirklich regelmäßiger Briefwechsel vor. Unklar bleibt, ob dies der Überlieferungslage geschuldet ist oder ob Elisabeth - vielleicht als Folge des Krieges - ein solches Netzwerk nicht aufgebaut hat.
Anders als vielleicht zu vermuten wäre, spielen die kulturellen Bemühungen Elisabeths, ihre Anstrengungen, zunächst in Heidelberg und dann später im Exil im Haag einen königlichen Hof zu unterhalten, der diesen Anspruch auch durch seinen kulturellen Glanz untermauerte, kaum eine Rolle. Auch dieser für eine verheiratete Fürstin durchaus typische Tätigkeitsbereich lässt sich in der Edition also nur am Rande fassen.
Wie der bereits 2011 vorgelegte Band genügt auch dieser Band höchsten Ansprüchen an eine wissenschaftliche Edition. Für eine Edition etwas ungewöhnlich, sind den im Original nicht-englischen (also vor allem deutschen und französischen) Briefen englische Übersetzungen beigegeben. Diesen Service werden vor allem englischsprachige Leser und Leserinnen begrüßen, aber auch deutsche Benutzer der Edition, die des Französischen nicht mächtig sind, werden die Übersetzungen zu schätzen wissen. Hervorzuheben ist außerdem, dass die chiffrierten Passagen in Chiffre und mit Dechiffrierung abgedruckt sind. Auf diese Weise gewinnt man einen differenzierten Einblick in dieses für die damalige diplomatische Korrespondenz so wichtige Instrument.
Leider enthält der Band keine ausführlichen Hinweise zur Edition selbst, die über eine knappe Erläuterung der Richtlinien zur Textgestaltung hinausgehen. So erfährt man nicht, wie sich die Überlieferungslage der Korrespondenz Elisabeths insgesamt darstellt, mit welchen Verlusten zu rechnen ist, welche Spezifika die Korrespondenz aufweist, inwieweit die Edition auf Vollständigkeit abzielt oder eine Auswahl bieten will. Nicht einmal eine Übersicht über die Archive und Bibliotheken, aus denen die Briefe stammen, findet sich in dem Werk. Das ist umso mehr zu bedauern, als die Edition, deren dritter Band hoffentlich in Bälde folgen wird, auf absehbare Zeit die Grundlage für jede Beschäftigung mit Elisabeth Stuart darstellen wird.
Anmerkung:
[1] Bettina Braun: Rezension von: Nadine Akkerman (eds.): The Correspondence of Elizabeth Stuart, Queen of Bohemia. Volume II 1632-1642, Oxford: Oxford University Press 2011, in: sehepunkte 13 (2013), Nr. 9 [15.09.2013], URL: http://www.sehepunkte.de/2013/09/21956.html
Bettina Braun