Rezension über:

Irene Dingel / Johannes Paulmann / Matthias Schnettger u.a. (Hgg.): Theatrum Belli - Theatrum Pacis. Konflikte und Konfliktregelungen im frühneuzeitlichen Europa. Festschrift für Heinz Duchhardt zu seinem 75. Geburtstag (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abt. für Abendländische Religionsgeschichte; Beiheft 124), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2018, 320 S., 9 s/w-Abb., ISBN 978-3-525-37083-4, EUR 70,00
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Rezension von:
Michael Rohrschneider
Historisches Seminar, Universität Bonn
Redaktionelle Betreuung:
Peter Helmberger
Empfohlene Zitierweise:
Michael Rohrschneider: Rezension von: Irene Dingel / Johannes Paulmann / Matthias Schnettger u.a. (Hgg.): Theatrum Belli - Theatrum Pacis. Konflikte und Konfliktregelungen im frühneuzeitlichen Europa. Festschrift für Heinz Duchhardt zu seinem 75. Geburtstag, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2018, in: sehepunkte 19 (2019), Nr. 12 [15.12.2019], URL: https://www.sehepunkte.de
/2019/12/32820.html


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Irene Dingel / Johannes Paulmann / Matthias Schnettger u.a. (Hgg.): Theatrum Belli - Theatrum Pacis

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Die Festschrift zum 75. Geburtstag von Heinz Duchhardt umfasst neben einem kurzen Vorwort 19 Beiträge, die - anders als der Titel vermuten lässt - im Zeitraum von etwa 1500 bis zum 20. Jahrhundert angesiedelt sind. Erklärtes Ziel der Herausgeberin und der Herausgeber ist es, den anlass- bzw. gattungsspezifischen "Spagat zwischen persönlicher Gabe und forschungsorientierter wissenschaftlicher Publikation" (11) zu bewältigen.

Dass als verbindendes inhaltliches Element der einzelnen Beiträge das Spannungsfeld von Krieg und Frieden gewählt wurde, überrascht nicht, denn dieses Forschungsfeld zählt bekanntermaßen zu den eindeutigen Schwerpunkten des Duchhardt'schen Œuvres. Dieser Themenbereich soll, wie im Vorwort explizit hervorgehoben wird, insofern in einem erweiterten Sinne präsentiert werden, als auch "Friedenspläne und Kriegsvermeidungsstrategien, Konfessions- und Verfassungskonflikte im Alten Reich oder Repräsentationen von Krieg und Frieden einbezogen" werden (10). Dass der Band - anders als so manch andere Festschrift - nicht zerfasert, hängt zweifellos mit dieser plausiblen Schwerpunktsetzung zusammen.

Zwei persönlich gehaltene Beiträge von Winfried Schulze ("Heinz Duchhardt zum Abschied aus dem Amt des Direktors des Instituts für Europäische Geschichte") und Martin Wrede ("Anstelle eines Nachworts. Fünf Beobachtungen zum Duchhardt'schen Vorwort"), die auf die Verabschiedung des Jubilars am Mainzer IEG zurückgehen und die übrigen Beiträge gewissermaßen einrahmen, blicken auf dessen bisherigen wissenschaftlichen Werdegang zurück. Während Winfried Schulze prägnant die drei großen Arbeitsfelder Duchhardts umreißt - Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit (an mehreren Universitäten), Direktor der Abteilung für Universalgeschichte des Instituts für Europäische Geschichte und nicht zuletzt Wissenschaftsorganisator -, thematisiert Martin Wrede die umfangreiche Herausgebertätigkeit Duchhardts, hier gespiegelt in humorvollen und nicht immer ganz ernst gemeinten Bemerkungen zu den Charakteristika der zahlreichen Vorworte aus der Feder des Geehrten.

Die insgesamt 17 Aufsätze zum Themenkomplex Krieg und Frieden berühren nicht nur verschiedene Räume (insbesondere Westeuropa, Heiliges Römisches Reich und Osteuropa), sondern basieren auch auf unterschiedlichen Zugangsweisen. Diplomatiegeschichtliche Studien klassischer Façon (zum Beispiel Leopold Auer über die kaiserliche Politik auf dem Friedenskongress von Nijmegen) finden sich ebenso wie historiografiegeschichtliche Ansätze (vgl. Martin Espenhorst zum Werk des Kieler Kulturhistorikers Dietrich Hermann Hegewisch) oder auch primär konfessionsgeschichtlich ausgerichtete Beiträge (Irene Dingel und Eike Wolgast).

Der Dreißigjährige Krieg und der Westfälische Frieden, beides langjährige und markante Forschungsschwerpunkte Duchhardts, dürfen nicht fehlen (Johannes Burkhardt, Katrin Keller und Matthias Schnettger). Gleiches gilt für die großen Akteurinnen und Akteure (vgl. vor allem Bettina Braun zu Krieg und Frieden im Denken Maria Theresias). Darüber hinaus sind zahlreiche traditionelle Themen und Quellen der Erforschung der internationalen Beziehungen vertreten: Kollektive Sicherheit, Kommunikations- und Entscheidungsprozesse, Nation, Friedensschlüsse und -verträge, der Topos der gezähmten Bellona, die Edition eines außenpolitischen Gutachtens - die Liste ließe sich noch erweitern (Horst Carl, Johannes Ludwig Schipmann, Lucien Bély, Jan Kusber / Julia Röttjer, Michael North, Martin Wrede und Ivan Parvev).

Zwei Beiträge führen deutlich aus der Epoche der Frühen Neuzeit heraus und richten den Fokus auf das 20. Jahrhundert. So widmet sich Wolfgang Schmale Friedensinitiativen der Freimaurer in der Zwischenkriegszeit, und Hans-Ulrich Thamer stellt unter dem Titel "Eine verlorene Kunst?" Beobachtungen zum Thema Friedensschlüsse und Friedlosigkeit im 20. Jahrhundert an.

Angesichts der vergleichsweise unterschiedlichen Themenfelder, Räume und epochalen Zugänge der vorliegenden Beiträge wäre es verfehlt, sich auf die Suche nach einer Generallinie des Bandes zu begeben. Festschriften haben bekanntlich nicht den Anspruch, möglichst homogene Ergebnisse zu liefern. Ihre Funktion ist vielmehr, das Gesamtwerk des Jubilars im Spiegel von Detailstudien noch einmal Revue passieren zu lassen und - nach Möglichkeit mit einer persönlichen Note versehen - angemessen zu würdigen; nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dem vorliegenden Sammelband, wie auch den vorherigen Festschriften für Heinz Duchhardt, ist jedenfalls eindeutig zu attestieren, diese Funktion zu erfüllen.

Ausdrücklich erwähnt werden sollte, dass der Band erfreulicherweise ein Personen- und ein Ortsregister aufweist, was längst nicht bei allen Festschriften der Fall ist. Auf ein Verzeichnis der Autorinnen und Autoren wurde dagegen verzichtet.

Man darf gespannt sein, wie sich die traditionsreiche Teildisziplin "Geschichte der internationalen Beziehungen", für die Heinz Duchhardt wie kaum ein anderer in der deutschen und europäischen Frühneuzeitforschung steht, im Zuge der gegenwärtigen globalen und medialen Herausforderungen weiterentwickeln und welchen Stellenwert das große Potenziale bietende Thema "Krieg und Frieden" in diesem Kontext zukünftig einnehmen wird. Jedenfalls bietet uns die politische Kultur Alteuropas, zu der mit diesem Band erklärtermaßen ein Diskussionsbeitrag geleistet werden soll, eine aufschlussreiche Kontrastfolie von nicht zu unterschätzendem analytischen Wert, um auch und gerade über Tendenzen und Probleme gegenwärtiger Politik nachzudenken.

Michael Rohrschneider