Barbara Diefendorf: Planting the Cross. Catholic Reform and Renewal in Sixteenth- and Seventeenth-Century France, Oxford: Oxford University Press 2019, XII + 215 S., 5 s/w-Abb., ISBN 978-0-19-088702-5, GBP 47,99
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Wenn eine Ordensgemeinschaft im Frankreich der Frühen Neuzeit ein neues Kloster errichtete, wurde vor Beginn des Baus ein Kreuz - in der religiösen Symbolsprache unter anderem Leiter zum Himmel, Brücke zu Gott und auch Baum des Lebens - gepflanzt. Dieses Ritual intendierte, wie Barbara B. Diefendorf in ihrer Monographie für die Zeit nach den französischen Religionskriegen herausarbeitet, eine konfessionell ausgerichtete Erneuerung. Das Kreuz wurde zum sicht- und wahrnehmbaren Zeichen eines beginnenden Konflikts zwischen den Konfessionen. Besonders in bikonfessionellen Städten, die von jahrzehntelangen Bürgerkriegen gezeichnet waren, diente das Kreuz als konfessioneller Marker dafür, dass die Katholiken Stück für Stück verlorenen Raum zurückeroberten. Diefendorf - Expertin für die Auswirkungen der Religionskriege und den sich verändernden Charakter des französischen Katholizismus - wendet sich in der vorliegenden Studie den Reformen zu, die aus den klösterlichen Gemeinschaften angestoßen und umgesetzt wurden.
Die Arbeit liefert einen wichtigen Beitrag zur Beschreibung des Handelns katholischer Akteure im nachtridentinischen Katholizismus: Gegenreformation oder katholische Reform? Diefendorf argumentiert anhand ihrer Quellen, dass für Frankreich beide Aspekte untrennbar miteinander verbunden seien, denn der Antiprotestantismus und die Gewalt des Religionskrieges seien Bedingungen, durch die eine geistige Wiederbelebung des Katholizismus erst ermöglicht wurde. Dabei zeigt sie, dass nicht nur Ideen, sondern auch Personal von außerhalb des Königreichs - insbesondere aus Italien und Spanien - die Reformbemühungen des französischen Katholizismus maßgeblich beeinflussten. Dennoch habe in erster Linie die innere Erfahrung des Religionskrieges, die französischen Geistlichen zum Handeln angespornt.
Wer die bisherigen Arbeiten Diefendorfs kennt, wird schnell feststellen, dass diese vorliegende Studie eine Zusammenführung ihrer beiden vorherigen Monographien ist. [1] Auch hier liegt das innovative Moment in der Untersuchung des vielfältigen Gefüges der Mönchsgemeinschaften, sowohl den alten Bettelorden des späteren Mittelalters als auch den neuen Orden, die nach der Reformation entstanden sind. Wie sie zu Recht anmerkt, wurde die Rolle der französischen Mönchsorden innerhalb des Transformationsprozesses des französischen Katholizismus bisher kaum eingehend und in vergleichender Perspektive untersucht, obwohl diesbezüglich in lokalen Archiven wichtige Quellen erhalten sind. Aus diesem Grund konzentriert sie sich auf den Reformeifer dieser Orden und stellt die Erzählung einer katholischen Reformation in Frage, die als institutioneller Versuch zur Reform der Kirche von oben nach unten beschrieben wird. Bewusst entscheidet sich Diefendorf für den Reformbegriff im Plural, um die lokalen und differenten Bottom-up-Bemühungen der Mönchsorden zu beschreiben: "»Reform« was not something fixed or completed with the adoption of a new constitution or rule but rather was live das an ongoing process even in reformed orders, whose members continued to innovate as they struggled over how best to live out their rule" (1f.).
In den Kapiteln eins (15-42), zwei (43-62) und drei (63-86) konzentriert sich Diefendorf auf die Kriegserfahrungen der Mönchsorden und ihre Bemühungen um den Wiederaufbau nach 1598. Die Notwendigkeit einer Reform bestand bereits vor Ausbruch der Kriege: Inkompetente Führung und finanzielles Fehlverhalten seien die Ursache dieser Krise gewesen, denn die französische Krone habe regelmäßig Äbte und Bischöfe ernannt, die mehr daran interessiert waren, Gelder abzusondern als die Interessen der Klosterhäuser zu verteidigen. Die Bürgerkriege verschärften diese Umstände: Protestanten machten Kirchen und Klöster dem Erdboden gleich, Mönche und Nonnen wurden vertrieben oder gar umgebracht. Sie schlussfolgert, dass die Religionskriege Reformen nicht nur notwendig machten, sondern diese die Reformen des französischen Katholizismus ermöglichten. Das erste Kapitel konzentriert sich auf die Klöster von Saint-Guilhem, Sainte-Catherine und Notre-Dame de Paradis in Montpellier. Diefendorf erzählt die Geschichte weiblicher Entscheidungsfreiheit und lokalen Aktivismus: König Heinrich IV. ernannte neue Äbtissinnen, um die Gemeinschaften von Montpellier wieder in ihren früheren Glanz zu versetzen. Der Fokus des zweiten Kapitels liegt auf dem Bündnis von katholischen Adligen, Geistlichen, Amtsträgern und frommen Laien, die sich der toleranten Politik Heinrichs III. widersetzten und die Thronbesteigung Heinrichs IV. zu verhindern suchten. Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht das Handeln der Feuillanten - eines Zweiges des Zisterzienserordens. Im dritten Kapitel kehrt sie nach Languedoc zurück, um das Vorgehen der Kapuziner und ihren Kampf gegen den Protestantismus zu untersuchen. Die aus Italien importierten Kapuziner wurden oft von den französischen Bischöfen eingeladen, da diese sie gegenüber den alten Mönchsorden, insbesondere wegen ihrer Betonung auf Predigten, Prozessionen und Missionen zur Bekehrung der Protestanten, schätzten. In den Kapiteln vier (87-109), fünf (110-129) und sechs (130-150) analysiert sie anhand einzelner Klostergemeinschaften, wie diese die Frömmigkeit von Grund auf zugunsten einer Erneuerung des französischen Katholizismus förderten und hierfür ein hohes Maß an Flexibilität hinsichtlich der Anpassung an die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten besaßen.
Die vorliegende Arbeit wirft Fragen für weitere Forschung auf und eröffnet neue Perspektiven: Wie etwa beeinflusste das Erbe der Kriege die katholischen Laien und inwieweit unterstützten sie das Streben nach katholischen Reformen oder führten sie vielleicht sogar an, wie es die Arbeit von Judith Pollmann für die Niederlande zeigt. Diefendorf weist darauf hin, dass "Anti-Protestantism and Catholic reform were so closely intertwined that it would be futile to try to seperate them" (151). Das heißt: Der französische Protestantismus blieb während des 17. Jahrhunderts eine Kraft, mit der die Katholiken rechnen mussten. Es wäre interessant zu untersuchen, wie die Hugenotten die katholische Erneuerung wahrnahmen und wie dieses Engagement die Erfolge und Misserfolge von Reformen prägte. Diefendorf gelingt es, die Orden in die Geschichte der Religionskriege sowie der katholischen Reform einzubeziehen und sie als Akteure sowohl des religiösen Wandels als auch im Kampf gegen die Hugenotten zu identifizieren. Mit einschlägigen Quellen zeigt sie, dass katholische Reformen eine lokale und zufällige Angelegenheit waren, die auf den Erfahrungen des Bürgerkriegs beruhten und keineswegs einem einheitlich auferlegten Modell einer katholischen Reformation folgten, das vom Konzil von Trient aufgestellt wurde. Die Kreuzpflanzung ist für das Verständnis der Entwicklung katholischer Konfessionskultur sowie des konfessionellen Zusammenlebens nicht nur im Frankreich der Frühen Neuzeit von zentraler Bedeutung, sondern stellt einen wichtigen Beitrag zur Entlarvung des international verbreiteten "Mythos Trient" dar.
Anmerkungen:
[1] Barbara B. Diefendorf: Beneath the Cross. Catholics and Protestants in Sixteenth-Century, Paris / Oxford 1991; dies.: From Penitence to Charity. Pious Women and the Catholic Reformation in Paris, Oxford 2006.
[2] Judith Pollmann: Catholic Identity and the Revolt of the Netherlands, 1520-1635, Oxford 2011.
Joachim Werz