Rezension über:

Miriam Kühn: Mamlukische Minbare. Islamische Predigtkanzeln in Ägypten, Syrien, Libanon, Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten zwischen 1250 und 1517 (= Mamluk Studies; Vol. 19), Göttingen: V&R unipress 2019, 728 S., ISBN 978-3-8471-0806-1, EUR 100,00
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Rezension von:
Nur Güneş
Bonn
Redaktionelle Betreuung:
Stephan Conermann
Empfohlene Zitierweise:
Nur Güneş: Rezension von: Miriam Kühn: Mamlukische Minbare. Islamische Predigtkanzeln in Ägypten, Syrien, Libanon, Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten zwischen 1250 und 1517, Göttingen: V&R unipress 2019, in: sehepunkte 21 (2021), Nr. 2 [15.02.2021], URL: https://www.sehepunkte.de
/2021/02/35573.html


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Miriam Kühn: Mamlukische Minbare

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Die vorliegende Publikation widmet sich der Erforschung der islamischen Predigtkanzeln. Eine Vielzahl von Minbaren ist im Gebiet des heutigen Ägypten, Syrien, Libanon, Jordanien, Israel und der Palästinensischen Autonomiegebiete zwischen 1250 und 1517 entstanden. Diese Arbeit basiert auf den Untersuchungen der Autorin, die sie im Zeitraum von 2006 bis 2013 durchgeführt hat. Sie beschreibt und klassifiziert die visuellen Strukturen, Dekorationen, Inschriften und Ausstattungen der Minbare sowie ihre Verwendung unter Einbeziehung schriftlicher Quellen und Dokumentationen. Die Anzahl der mamlūkischen Minbare übersteigt die Zahl der erhaltenen fatimidischen, nuridischen und ayyubidischen Minbare um ein Vielfaches. Daher hat Kühn berechtigterweise ihren Fokus zum einen speziell auf diese Epoche gerichtet und sich zum anderen einem bisher wenig erforschten Objekt gewidmet.

Das Werk gliedert sich in insgesamt fünf Kapitel, visuell belegt mit vielen Tafeln sowie einem umfangreichen Register über die Minbare und deren Aufstellungsorte zur Zeit der Mamlūken. Im ersten Kapitel werden zunächst der zu untersuchende Bereich eingegrenzt, der aktuelle Stand der Forschung und der methodische Aufbau der Arbeit erläutert. Darauf folgen im zweiten Kapitel die drei Themenschwerpunkte, die sich wie folgt einteilen lassen: die Dokumentation, die Klassifikation und das Inschriftenprogramm. Hier geht die Autorin zunächst auf das Material der Minbare ein, Stein und Holz, und berichtet anschließend über den Erhaltungszustand und Restaurierungsarbeiten. Schließlich widmet sie sich den auf den Minbaren evidenten Dekoren und Inschriften. Kühn geht bei ihren Untersuchungen sehr akribisch vor. Dementsprechend unterteilt sie beispielsweise die Inschriften in verschiedene Kategorien, wie Koranzitate (diese kommen am häufigsten vor), datierte und nicht datierte Inschriften, Restaurierungsinschriften, Handwerkersignaturen und poetische Inschriften ein. Dass eine Kombination aus verschiedenen Kategorien nicht selten ist, ist nicht weiter verwunderlich und zudem dienlich bei etwa nicht datierten Inschriften. Die Nennung des Aufraggebers ist beispielsweise zwar nützlich, reicht aber nicht aus, um weitgehende Fragen zum Objekt zu beantworten, merkt die Autorin an und zieht deswegen weitere Quellen zu Hilfe. Sie geht etwa auf die Baugeschichte der Aufstellungsorte ein und analysiert Schritt für Schritt die ausgewählten Objekte.

In Kapitel drei rücken die Errichtung und der Auftraggeber der mamlūkischen Minbare in den Mittelpunkt. Kühn gibt an, dass zu den Auftraggebern sowohl die politische als auch die zivile Elite der Zeit und ihre weiblichen Angehörigen sowie wohlhabende Händler zählen. Einigen Minbaren ist der Auftraggeber nicht eindeutig zuzuordnen. Sie stellt zunächst die Auftraggeber der Minbare vor und geht dann auf die jeweils zeitlichen und regionalen Besonderheiten ein. Die Errichtung der meisten Minbare geht auf die politische Elite, d.h. Sultane und Amīre, zurück. Dabei überwiegt in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts die Stiftungsaktivität der Amīre. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts hingegen steigen die Bauaufträge durch die zivile Elite. Mit Blick auf Aufbau, Material und Dekor der Objekte scheint der Auftraggeber allerdings unerheblich. Weiterhin geht Kühn auf die Gründe der zunehmenden Errichtung von Freitagsmoscheen in der mamlūkischen Zeit ein.

Kapitel vier beschreibt die Funktion bzw. Nutzung der mamlūkischen Minbare. Hierfür beleuchtet Kühn zunächst die vormamlūkische Zeit und geht dabei zurück bis auf die Einführung und Nutzung der ersten Predigtkanzel in der Entstehungszeit des Islams. Der Brand der Prophetenmoschee in Medina im Jahre 654/1256 und die Zerstörung des Minbars fällt in die mamlūkische Zeit. Für diesen historischen Rückblick hat Kühn zahlreiche mamlūkische Schriftquellen analysiert.

Auf einprägsame Weise fasst Kühn am Ende jedes Unterkapitels dessen wesentlichen Inhalt zusammen. Im letzten Kapitel resümiert die Autorin die gesamte Arbeit und gibt einen Ausblick auf mögliche weiterführende Untersuchungen. Dabei weist sie insbesondere darauf hin, dass einzelne Stichproben hinsichtlich der Dekore und dem Aufbau der Minbare interessante Bezüge zu anatolischen Minbaren herstellen könnten.

Miriam Kühn deutet hier auf einen weitgehend unerforschten Zusammenhang hin. Im Rahmen der Mamlūk Studies wurden die Beziehungen zwischen den Mamlūken und ihren anatolischen Nachbarn, die auf dem Boden der heutigen Türkei lebten, kaum behandelt. Insbesondere da das anatolische Territorium den Mamlūken zeitweise als Heimat diente, sollte sich die Kunstgeschichte dem künstlerischen Austausch zwischen den Mamlūken und den anatolischen Fürstentümern umfassend zuwenden.

Miriam Kühn gelingt es, ein "hölzernes" Thema spannend sowie mit einer sehr lebendigen Sprache zu beschreiben und veranschaulicht dieses durch sehr schöne Fotografien. Diese kunsthistorische Grundlagenarbeit beleuchtet endlich die Bedeutung und den Stellenwert der Objekte in ihrem konkreten gesellschaftlichen Kontext. Das Buch stellt eine substantielle Erweiterung unserer Kenntnisse über diese bisher spärlich erforschten Objekte aus der Zeit der Mamlūken dar und ist eine Bereicherung für die Reihe Mamlūk Studies.

Nur Güneş