Katja Hillebrand: Das Dominikanerkloster zu Prenzlau. Untersuchungen zur mittelalterlichen Baugeschichte, München / Berlin: Deutscher Kunstverlag 2003, 250 S., 187 Abb., ISBN 978-3-422-06412-6, EUR 68,00
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Das Dominikanerkloster zu Prenzlau zählt neben der repräsentativen Marienkirche zu den bemerkenswertesten Bauwerken der brandenburgischen Stadt. Durch den auch heute noch in weiten Teilen ursprünglich erhaltenen mittelalterlichen Baubestand und die qualitätvolle Bauausführung nimmt die backsteinsichtige Klosteranlage einen bedeutenden architekturhistorischen Stellenwert unter den Mendikantenklöstern der nordöstlichen Kunstlandschaft ein. In den Jahren 1994 und 1997-99 wurden in den Klausurgebäuden umfangreiche Restaurierungsmaßnahmen durchgeführt, die ausführliche bauarchäologische Studien am aufgehenden Mauerwerk ermöglichten. Die vor Ort ermittelten Befundsicherungen sowie die architektonischen und bodenkundlichen Untersuchungen ermöglichten eine präzise zeitliche Bestimmung von mehreren mittelalterlichen Bauphasen für das Prenzlauer Dominikanerkloster und erlaubten damit die Definition seiner kunstgeschichtlichen Stellung in der Ordensbaukunst des späten 13. Jahrhunderts. Neben den aktuellen Grabungsergebnissen und Bauuntersuchungen am klösterlichen Denkmalbestand veranlassten auch gründliche Archivstudien Katja Hillebrand, die bislang nur lückenhaft vorliegenden Ergebnisse sinnvoll zu ergänzen und architekturhistorisch in den Kontext der bisherigen Forschungsliteratur einzuordnen.
Mit der im Jahre 2000 als Dissertation in Kiel eingereichten Arbeit über das Dominikanerkloster zu Prenzlau liegt eine fundierte baumonografische Untersuchung vor, die Kirche und Klosteranlage erstmals in ihrer Gesamtheit vorstellt. Die umfangreiche Bibliografie gliedert sich in drei große Abschnitte, welche die jeweiligen historischen, bauarchäologischen und architekturgeschichtlichen Aspekte der Klosteranlage klar und übersichtlich dokumentieren.
Den Schwerpunkt des ersten Teils bilden die Geschichte des Klosters und die damit eng verknüpfte historische Entwicklung des Dominikanerordens in Prenzlau und der Mark Brandenburg. Erste urkundliche Erwähnungen des Dominikanerordens in Prenzlau liegen für den Beginn des 14. Jahrhunderts vor, während das Kloster selbst nach einer Stiftung des Markgrafen Johann II. von Brandenburg im Jahre 1275 in Prenzlau gegründet wurde. Als tragende Kraft bei der ökonomischen Unterstützung der Ordensgründung im Sinne des expansiven territorialen Landesausbaus innerhalb der sich konsolidierenden märkischen Städtegesellschaft fungierten die askanischen Markgrafen, die ihre landesherrliche Hausmacht auch durch ihren Repräsentationswillen und damit die Mitbestimmung des architektonischen Formenvokabulars zu sichern suchten. So wurden etwa Lage und Baugrund des Klosters in der Stadt nicht auf Ordenswunsch, sondern auf Verlangen der Askanier in exponierter topografischer Lage auf landesherrlichem Grundbesitz vermittelt. Im Laufe des 14. Jahrhunderts nahm die wachsende städtische Bürgerschaft durch Mess- und Altarstiftungen zunehmenden Einfluss auf die finanzielle Unterstützung des Ordens und bestimmte damit auch notwendige Umbaumaßnahmen der Klosteranlage. Das letzte Kapitel des historisch fundiert und gut verständlich bearbeiteten Teils I beschreibt die im Jahre 1539 durch Kurfürst Joachim II. in die Mark Brandenburg eingeführte Reformation und Aufhebung des Dominikanerkonvents anno 1545.
In dem sehr umfassenden Teil II über die Baugeschichte des Dominikanerklosters zu Prenzlau wird die Klosteranlage anhand des erhaltenen Denkmalbestandes bauarchäologisch untersucht und auf der Basis bereits vorliegender maßstabgetreuer Planzeichnungen der Klostergebäude akribisch auf ihr mittelalterliches Erscheinungsbild sowie ihre späteren Aus- und Erweiterungsbauten hin ausgewertet. Die Grabungsberichte und die Forschungsergebnisse des Archivstudiums sowie die vorliegenden Planzeichnungen aus dem Jahre 1914 ermöglichten die Rekonstruktion diverser Gebäudedetails und genaue Rückschlüsse auf ihre mittelalterliche Baugestalt. Wenngleich sich das Prenzlauer Dominikanerkloster auf den ersten Blick als homogen errichtete Gesamtanlage präsentiert, weisen kleinere architektonische Unregelmäßigkeiten auf diverse Umbauphasen, die aus der wechselvollen Nutzungsgeschichte im Klausurbereich resultieren. Zahlreiche präzise und übersichtliche, von der Autorin selbst angefertigte Ansichts-, Detail- und Grundrisszeichnungen der Klausurgebäude untermauern die Resultate. Es kristallisierte sich hierbei erstmals eine Chronologie von vier datierbaren vorreformatorischen Zeitabschnitten heraus, denen entsprechende Bauabfolgen zuzuordnen sind. Diese erstrecken sich über einen Zeitraum von 1275 bis um zirka 1500 kurz vor der Aufhebung des Konvents. Während die ersten beiden bis etwa 1350 währenden Bauphasen die Errichtung des Kirchenbaus sowie der Klausurgebäude betrafen, wurde die Klosteranlage in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts vollständig eingewölbt. Der letzte vorreformatorische Bauabschnitt um 1500 konzentrierte sich auf die Erstellung der Sakristei sowie des ehemaligen Bibliotheksflügels.
Mithilfe der vorliegenden Forschungsliteratur ordnet Katja Hillebrand das Prenzlauer Dominikanerkloster im letzten Teil ihrer Arbeit in die brandenburgische Kunstlandschaft ein und würdigt umfassend seine kunst- und architekturgeschichtliche Bedeutung. Hierbei verweist sie treffend auf die Polykausalität der bauhistorischen Einflüsse auf das Formenvokabular der Prenzlauer Dominikanerkirche. Zu den maßgebenden Faktoren zählten demzufolge nicht nur die Architektur des regionalen Umfeldes, sondern auch das gotische Grund- und Aufrissschema der sakralen Großbauten in den entfernter gelegenen Kunstlandschaften. Nicht zuletzt hatte man beim Bau eines Mendikantenklosters auch ordensinterne Regeln zu berücksichtigen. So schlug sich zur Zeit des Baubeginns etwa das Gebot der Schlichtheit auch in der Wahl des Bautypus nieder und führte beispielsweise zum Fehlen aufwändiger Turm- oder Querhausanlagen, zur Ausprägung des schmucklosen oktogonalen Pfeilergrundrisses oder zur Wahl des Typus, des lang gestreckten polygonal geschlossenen Hochchors mit eingeschossigem Wandaufriss. Durch die dominikanische Bautradition wirkte sich das Formenvokabular, das die Mendikantenorden bereits in der Mitte des 13. Jahrhunderts aus den ordensinternen und baukünstlerischen Vorgaben der angrenzenden Kunstlandschaften entwickelt hatten, auch auf das architektonische Repertoire außerhalb der Ordensbaukunst aus und trug somit entscheidend zum Stilpluralismus der umliegenden Gebiete bei. In diesem Sinne konnte das einheitliche Erscheinungsbild des bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichteten Prenzlauer Dominikanerklosters als architektonisch prägendes Muster für weitere Bauprojekte des Ordens in der Mark Brandenburg wirken, so etwa für die Dominikanerkirchen in Brandenburg und Berlin.
Die Monografie über das Prenzlauer Dominikanerkloster bietet einen prägnanten und umfassenden Überblick über Geschichte und Baugeschichte des Klosters, über Entwicklung und Bautradition des Dominikanerordens wie auch Genese der Klosterarchitektur im märkischen Raum. In subtiler Weise ordnet die Autorin die Klosteranlage in die Baukunst der umliegenden Kunstlandschaften des 13. Jahrhunderts ein und beschreibt die komplexen wechselseitigen Einflüsse zwischen regionaler und ordensinterner Baukunst, ohne dabei den roten Faden der klösterlichen Baugeschichte und ihren baukünstlerischen Einfluss auf die Nachfolgearchitektur aus den Augen zu verlieren. Die teilweise widersprüchliche Forschungsliteratur zu Geschichte und Baugeschichte wird dabei stets berücksichtigt und sensibel interpretiert.
Etwas weniger stringent und lebendig formuliert erscheinen jedoch die bisweilen etwas trocken und additiv aneinander gereihten Ausführungen über die einzelnen Bauabschnitte der Klosteranlage in Teil II, der sich sehr ausführlich und ausschließlich auf die bauarchäologischen Fragestellungen konzentriert und die kunstgeschichtliche Beschreibung etwa des Kircheninnenraumes, des architektonischen Erscheinungsbildes der einzelnen Bauteile oder auch ihrer äußeren Baugestalt eher vernachlässigt. Tatsächlich erhält der interessierte Leser auch erst im letzten Teil der Arbeit die im vorhergehenden Abschnitt vermissten allgemeineren Informationen zum Phänomen der Klosteranlage an sich, so etwa zur Anordnung und Funktion der jeweiligen Klausurgebäude.
Insgesamt präsentiert sich mit der vorliegenden Monografie aber eine geschlossene und umfangreiche Arbeit auf neuestem Stand, die weitsichtig und diszipliniert den historischen, architekturhistorischen und forschungsgeschichtlichen Kontext erfasst. Das verdienstvolle Werk von Katja Hillebrand wird somit sicherlich nicht nur als Standardwerk zum Prenzlauer Dominikanerkloster gelten, sondern ist auch für den an mittelalterlicher Mendikantenarchitektur interessierten Leser sehr lesenswert und informativ.
Ulrike Gentz