Hartmut Dorgerloh / Michael Scherf: Preußische Residenzen. Königliche Schlösser und Gärten in Berlin und Brandenburg, München / Berlin: Deutscher Kunstverlag 2005, 160 S., 207 Farb-, 10 s/w-Abb., ISBN 978-3-422-06493-5, EUR 24,90
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Das Buch von Dorgerloh und Scherf richtet sich vor allem an Besucher der ehemaligen preußischen Residenzen in Berlin, Potsdam und der Mark Brandenburg und stellt in kurzen, prägnanten Artikeln nach Regionen gegliedert alle Museumsschlösser der "Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin und Brandenburg" vor.
Eine kurze Einleitung erläutert die Geschichte der Stiftung, die 1995 gegründet wurde und für die Erhaltung, Erforschung und Erschließung von rund 150 Gebäuden in Berlin und Brandenburg zuständig ist. Sie ging aus der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten hervor, die seit 1927 die nach dem Ende der Monarchie in den Staatsbesitz übernommenen Schlösser betreute und durch die Folgen des Zweiten Weltkriegs in Ost und West getrennt worden war.
Die Schlösser Berlins stehen im ersten Abschnitt des Bands im Mittelpunkt. Den Einzelbeschreibungen von Charlottenburg, Schönhausen, Grunewald sowie Glienicke und der Pfaueninsel wird eine Einführung in die Geschichte Berlins als Residenzstadt vorangestellt. Einen ersten Schlossbau findet man ab 1443 auf der Spreeinsel, der ab 1486 ständiger Sitz der brandenburgischen Kurfürsten wird. Vor allem ab 1700, nach der Erhebung des Kurfürsten Friedrich III. zum preußischen König Friedrich I., begann der Ausbau Berlins. Nach dem 7-jährigen Krieg und der Niederlage gegen das napoleonische Frankreich erfolgte ein zweiter architektonischer Aufschwung um 1850, Berlin entwickelte sich zur wichtigsten Stadt Deutschlands, vor allem ab der Reichsgründung 1871. Diese Entwicklung verlangsamte sich ab 1918. Im Zweiten Weltkrieg wurden bedeutende historische Bauten beschädigt, der unterschiedliche Umgang mit dem preußischen Erbe in den beiden deutschen Staaten führte zur endgültigen Vernichtung des Stadtschlosses, während der zunächst geplante Abriss des gleichfalls beschädigten Schlosses Charlottenburg unterblieb.
Der zweite Abschnitt behandelt die Potsdamer Schlösser und Architekturen in den Parks Sanssouci, Charlottenhof und Babelsberg, in dem Neuen Garten sowie das Schloss Sacrow und das Belvedere auf dem Pfingstberg. Gerade für Sanssouci hätte man sich einen detaillierteren Lageplan gewünscht.
Potsdam selbst war bis zum Jahr 1652, als Kurfürst Friedrich Wilhelm es wegen seiner hervorragenden Jagdbedingungen zur zweiten Residenz erhob, eher unbedeutend. Ab 1671 hielt sich der Hof regelmäßig in Potsdam auf. Durch die planmäßige Ansiedlung von Migranten aus Frankreich und Holland sowie gezielte Entwicklungsmaßnahmen entwickelte sich die einzigartige Kulturlandschaft um Potsdam. Der Ausbau der Schlösser ist vor allem mit Friedrich II. und später Friedrich Wilhelm IV. verbunden. Letzterem gelang es zusammen mit Lenné ein Beziehungsgeflecht zwischen den einzelnen Gebäuden unter Einbeziehung der Landschaft zu schaffen und dabei auch neueste technische Errungenschaften wie Dampfkraft und die Telegrafie mit einzubeziehen. In den 1870er-Jahren entwickelte sich Potsdam zum Villenvorort, nach 1918 dann zu einem Standort von Wissenschaft, Filmindustrie und Tourismus. Die Teilung Deutschlands nach 1945 zerriss auch die Landschaft um Potsdam. Teile der zerstörten Innenstadt sowie Stadtschloss und wichtige Kirchenbauten wurden ideologisch motiviert abgerissen. Verstärkt ab den 1970er-Jahren restaurierte man die königlichen Gebäude. 1990 erfolgte die Aufnahme von Teilen Potsdams in die Weltkulturerbeliste der UNESCO.
Der dritte Teil des Buches befasst sich mit Schlössern in der Mark Brandenburg. Sechs ehemalige Hohenzollernschlösser, Oranienburg, Caputh, Königs Wusterhausen, Sacrow, Rheinsberg und Paretz werden heute von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten verwaltet und sind bis auf das noch nicht restaurierte Sacrow der Öffentlichkeit zugänglich. Im Berliner Umland existierten hunderte Schlösser und Herrenhäuser des preußischen Adels. Auch das preußische Königshaus baute, kaufte und verkaufte kleinere Lust- oder Jagdschlösser in dieser Region, denen häufig ein architektonisch besonderer Rang zukam. Das Ende der Monarchie und die Enteignungen 1945 ließen häufig nur die Schlossgebäude übrig, die für ihre neue Nutzung, beispielsweise als Sanatorium (Rheinsberg) oder als Landwirtschaftsinstitut (Paretz) zumeist gravierend umgebaut wurde, die Ausstattung blieb in den seltensten Fällen erhalten.
Da einige Schlösser und Parks auf Berliner Stadtgebiet eigentlich zur groß angelegten Potsdamer Kulturlandschaft gehören, scheint diese Einteilung nach Stadtgrenzen ein wenig problematisch zu sein und wird von den Autoren nicht konsequent beibehalten. So wird Sacrow zwar in der Einleitung zum Abschnitt der brandenburgischen Schlösser erwähnt, die Einzelbeschreibung findet sich sinnvollerweise dann unter Potsdam. Die unter Berlin abgehandelten Gebäude der Pfaueninsel und Schloss Glienicke dagegen wären ebenfalls besser in den Potsdamer Kontext mit einbezogen worden.
Die einzelnen Abhandlungen der jeweiligen Schlösser und Architekturen erzählen die Baugeschichte. Eine ausführliche Baubeschreibung oder kunsthistorische Einordnung der Gebäude unterbleibt und würde den Rahmen dieser für ein großes Laienpublikum gedachten Übersicht sprengen. Die Kapitel beschränken sich inhaltlich in den meisten Fällen nicht auf die Erbauungszeit und die damit einhergehende "große Zeit" des betreffenden Schlosses, sondern erzählen auch von den unterschiedlichen Nutzungen in den Jahrzehnten und -hunderten danach und lassen daraus folgend die Wertschätzung erkennen, die nachfolgende Regenten von den Bauten ihrer Vorgänger hatten. Die Schicksale der Gebäude nach dem Ende der Monarchie sind ebenfalls nicht ausgespart. Hier zeigt sich das Buch auf dem neuesten Stand, wie es für eine Handreiche für Besucher zu erwarten ist. Die Kapitel sind reich illustriert - die Einführungen mit vielen historischen Fotografien untergegangener Gebäude - und mit sehr informativen Bildunterschriften versehen, die eine gute Ergänzung des Textes darstellen und auch den eiligen Leser zufrieden stellen. Leider wird das schnelle Auffinden der entsprechenden Kapitel erschwert durch die unglückliche Anbringung der Seitenzahlen auf der Innenseite. Ein nur flüchtig lektorierter Stammbaum der Hohenzollern ab 1620 bringt ergänzende Informationen, ebenso eine Serviceseite für Besucher mit den wichtigsten Postanschriften, Telefonnummern und Internetadressen. Ein Übersichtsplan von Potsdam sowie zum Vergleich ein historischer Lenné-Plan runden das Buch ab. Gerne hätte man sich Hinweise auf ergänzende, vertiefende Lektüre zu den Gebäuden gewünscht, die sicher auch in einem Buch für ein breites Publikum nicht verfehlt gewesen wären.
Dorgerloh und Scherfs Buch ist eine gute und aktuelle Informationsquelle für Besucher und stellt dem interessierten Laien auch die weniger bekannten Preußenschlösser gut illustriert und verständlich vor.
Julia Benthien