James H. Burgwyn: L'impero sull'Adriatico. Mussolini e la conquista della Jugoslavia 1941-1943, Gorizia: Libreria Editrice goriziana 2006, 408 S., ISBN 978-88-86928-89-2, EUR 24,00
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Giampaolo Pansa: Il sangue dei vinti. Quello che accadde in Italia dopo il 25 aprile. Con una nuova introduzione, 2. Aufl., Mailand: Sperling & Kupfer 2005
John Gooch: Mussolini and His Generals. The Armed Forces and Fascist Foreign Policy, 1922-1940, Cambridge: Cambridge University Press 2008
Franceso Cossiga: Per carità di patria. 12 anni di storia e politica italiana 1992-2003, a cura di Pasquale Chessa, Mailand: Mondadori 2003
Mussolinis Krieg gegen Jugoslawien stößt gegenwärtig sowohl bei den Historikern als auch in der italienischen Öffentlichkeit auf ein bemerkenswertes Interesse. Während sich Bücher über den Feldzug in Nordafrika oder die Katastrophe der italienischen Armee an der Ostfront gut verkauften, war der schmutzige Krieg auf dem Balkan für Jahrzehnte mehr oder weniger vergessen, und noch vor wenigen Jahren suchte man entsprechende Veröffentlichungen im Buchhandel vergeblich. Die Gründe für diese Diskrepanz sind schnell genannt: Die italienischen Soldaten in Jugoslawien hatten nicht das Glück, dass wortgewaltige Veteranen ihre Heldentaten oder ihr tragisches Geschick besungen hätten, wie dies Paolo Caccia Dominioni für die bei El Alamein gefallenen Fallschirmjäger der Division "Folgore" oder Giulio Bedeschi für die am Don getöteten Alpini getan haben. Der Partisanenkrieg in Slowenien, Montenegro und Dalmatien bot aber auch weniger Stoff für epische Erzählungen als die Geschehnisse auf anderen Schauplätzen des Zweiten Weltkriegs. Zudem wurde lange Jahre der Mythos vom guten italienischen Soldaten kultiviert, der Opfer eines Krieges geworden sei, den er nicht gewollt habe und der von der faschistischen Führung schlecht geführt worden sei. Dieser Mythos hatte jedoch keinen Platz für die Erinnerung an einen Krieg, der die Italiener als Protagonisten eines grausamen Eroberungsfeldzugs sah, und nicht zuletzt deshalb verschwand der Krieg in Jugoslawien praktisch aus dem kollektiven Gedächtnis der italienischen Gesellschaft.
James Burgwyns Buch, dessen Originalausgabe 2005 unter dem Titel "Empire on the Adriatic. Mussolini's conquest of Yugoslavia 1941-1943" erschien, spiegelt das neu erwachte Interesse an den schmutzigen Kriegen des Faschismus wider, das auch in anderen wichtigen Arbeiten wie "Il Nuovo Ordine Mediterraneo" (Davide Rodogno), "Si ammazza troppo poco" (Gianni Oliva) oder "Italiani senza onore" (Costantino Di Sante) bereits zum Ausdruck gekommen ist. Die hier zu besprechende Studie analysiert hauptsächlich die verschiedenen Ansätze der Besatzungspolitik, die von Mussolinis Spitzenmännern in Jugoslawien verfolgt wurden, und thematisiert das komplexe Beziehungsgeflecht, das sich zwischen den Italienern und der in zahlreiche Fraktionen zersplitterten jugoslawischen Bevölkerung entwickelte. Burgwyns Buch befasst sich dabei nicht zuletzt auch mit dem Verhältnis zwischen dem königlich-italienischen Heer und der deutschen Wehrmacht, wobei er vor allem die Methoden der Repression und der Kollaboration mit den einheimischen Kräften vergleicht.
Das Bild, das sich daraus ergibt, ist ebenso facettenreich wie verworren. Die Handlungsmuster der italienischen Würdenträger wiesen dabei eine ausgesprochen große Bandbreite auf, und auch die in Rom vertretenen Positionen variierten stark, wobei Mussolinis unklare Vorstellungen über die Lösung des jugoslawischen Problems erschwerend hinzukamen. Am Ende stand letztlich eine von Improvisation und Schlampigkeit geprägte Besatzungspolitik, getragen von dünkelhaften, unfähigen militärischen Führern und Soldaten, deren Ausrüstung und Einsatzgrundsätze für einen Stellungskrieg wie zwischen 1914 und 1918 vorzüglich geeignet gewesen wären. Frustriert durch das wirksame und erbarmungslose Vorgehen der Partisanen, reagierten die verantwortlichen italienischen Offiziere und Beamten mit übertriebener Gewalt, für die Burgwyn zahlreiche Beispiele anführt. Der Gouverneur von Montenegro, Alessandro Pirzio Biroli, drohte damit, für einen getöteten oder verwundeten italienischen Offizier 50 Geiseln erschießen zu lassen. General Roatta, der Verfasser des berüchtigten "Rundschreibens 3C" über die Partisanenbekämpfung, koordinierte ein System von Konzentrationslagern, wo tausende Jugoslawen den Tod fanden, die das königliche Heer als Geiseln genommen hatte. Sogar der Schutz der Juden, die vor den mörderischen Ustascha aus Kroatien in die italienische Besatzungszone geflohen waren, erscheint weniger von humanitären Motiven bestimmt gewesen zu sein als von Überlegungen macht- und symbolpolitischer Art. In der von Italien annektierten Provinz Ljubljana betrieb Gouverneur Grazioli nicht nur eine Politik der Zwangs-Italianisierung, sondern verfügte auch die Internierung der gesamten slawisch sprechenden Intelligenz in Konzentrationslagern. Zudem bediente er sich ausgiebig der faschistischen Milizen, um alle Juden zu verhaften oder zu deportieren, die sich in seinem Territorium aufhielten.
Diese Tatsachen sind - wenigstens unter Spezialisten - weitgehend bekannt. Das wichtigste Verdienst Burgwyns liegt daher vermutlich darin, unter ständigen Verweisen auf die archivalischen Quellen Mythen zu zerstören, die im Gedächtnis der italienischen Nation nach wie vor präsent sind. Die italienische Besatzungspolitik war weit davon entfernt, wohl wollend zu sein, wie man im Nachhinein immer wieder behauptet hat. Sie war im Gegenteil ausgesprochen hart und grausam, und zwar vor allem deshalb, weil die erfolglosen italienischen Soldaten ihre Enttäuschung an der Zivilbevölkerung ausließen und furchtbare Rache für die Übergriffe der Partisanen nahmen, die sie nicht fassen konnten. Derartige Repressalien wurden von den Vorgesetzten stets unterstützt und verteidigt. General Roatta schrieb in diesem Sinne sogar, dass jeder Exzess seiner Soldaten vom Oberkommando seiner 2. Armee gedeckt werden würde. Die Unterschiede zwischen dem Vorgehen des königlichen Heeres und den Methoden der Wehrmacht verschwammen schließlich bis zur Unkenntlichkeit. Und wo sie dennoch sichtbar blieben, erklären sie sich nicht aus der oft beschriebenen Güte des italienischen Soldaten, sondern aus zeit- und ortsabhängigen, oft zufälligen Gegebenheiten.
Amedeo Osti Guerrazzi