Rezension über:

John S. Ott / Anna Trumbore Jones (eds.): The Bishop Reformed. Studies of Episcopal Power and Culture in the Central Middle Ages (= Church, Faith and Culture in the Medieval West), Aldershot: Ashgate 2007, xv + 280 S., ISBN 978-0-7546-5765-1, GBP 55,00
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Rezension von:
Jörg Peltzer
Institut für Fränkisch-Pfälzische Geschichte und Landeskunde, Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg
Redaktionelle Betreuung:
Jürgen Dendorfer
Empfohlene Zitierweise:
Jörg Peltzer: Rezension von: John S. Ott / Anna Trumbore Jones (eds.): The Bishop Reformed. Studies of Episcopal Power and Culture in the Central Middle Ages, Aldershot: Ashgate 2007, in: sehepunkte 8 (2008), Nr. 3 [15.03.2008], URL: https://www.sehepunkte.de
/2008/03/13801.html


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John S. Ott / Anna Trumbore Jones (eds.): The Bishop Reformed

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Dieser Sammelband enthält 14 vorwiegend von US-amerikanischen Mediävistinnen und Mediävisten verfasste Aufsätze zur bischöflichen Macht und Kultur im Hochmittelalter. Sie gehen in ihrem Kern auf Tagungsbeiträge zurück, die 2003 in Kalamozoo zur bischöflichen Hagiographie und 2005 in Miami Beach zum bischöflichen Amt im Hochmittelalter gehalten worden sind. Damit, so die Herausgeber John S. Ott und Anna Trumbore Jones, soll die Aufmerksamkeit der Forschung wieder verstärkt auf den Bischof gelenkt werden. Zentrales Anliegen dieses Bandes ist die Untersuchung individuellen bischöflichen Handelns, um so die "Wirklichkeit(en)" der Transformation des bischöflichen Amts im Hochmittelalter besser fassen zu können.

Auf eine geographische oder striktere chronologische Eingrenzung des Themas ist verzichtet worden. So reichen die Untersuchungen von Jones' Studie der aquitanischen Bischöfe vom späten 9. bis zum frühen 11. Jahrhundert über Renée Trillings Arbeit zu Erzbischof Wulfstan von Yorks Institutes of Polity zu Maureen C. Millers Aufsatz über den bischöflichen adventus in Florenz von 1200 bis 1600. Drei Beiträge beschäftigen sich mit Bischöfen des Reichs nördlich der Alpen: T.M. Riches widmet sich Gerhard I. von Cambrai, John S. Ott analysiert das Wirken von Gerhards Neffen, dem heiligen Lietbert von Cambrai, und John Eldevik zeichnet das Handeln Siegfrieds I. von Mainz nach.

Das dargebotene Bild zeigt die vielfältigen Bemühungen der Bischöfe in Europa, den Anforderungen ihrer Doppelrolle als Pastor und Herr gerecht zu werden. Hierzu konnten Sammlungen kanonischen Rechts (Greta Austin) genauso dienen wie die flächendeckende, das heißt auch gegenüber Klosterherrschaften, Durchsetzung des Zehnten (John Eldevik zu Siegfried I.) oder Burgenbau und militärisches Handeln (Valerie Ramseyer zu Alfanus, Erzbischof von Salerno). Zur Vergewisserung der eigenen Position nach innen wie außen konnten bildliche Darstellungen in Handschriften (Evan A. Gatto zum Portaits Engilmars, des Bischofs von Poreč) oder in Stein (Dorothy F. Glass zur Anfang des 11. Jahrhunderts gestalteten Fassade der Kathedrale von Piacenza) instrumentalisiert werden. Theoretische Überlegungen hingegen, wie die Erzbischof Wulfstans, die dem Bischof die führende, dem König in jedem christlichen Reich übergeordnete Rolle zuschrieben, blieben ohne Echo (Trilling). Die Bischöfe, so der generelle Tenor der Beiträge, dachten zunächst an ihre Diözese, dann an Rom oder gegebenenfalls an das Reich. Diese Ausrichtung, so Riches, müsse auch für die Interpretation der Drei-Ständelehre Gerhards I. von Cambrai gelten. In diesem Text sei es Gerhard primär um seine Handlungsspielräume vor Ort gegangen, weniger um Reichspolitik oder Feudalismuskritik. Vor dem Hintergrund solch lokal und damit sehr variabel ausgerichteten Handelns wird vor Generalisierungen, insbesondere der Zuweisung in politisch-ideologische Lager (z. B. gregorianisch, pro-kaiserlich) gewarnt (Eldevik, Thomas Head). Dieser Fingerzeig ist sicherlich berechtigt und der überwiegende Teil der Beiträge trägt zu einem differenzierteren Bild des hochmittelalterlichen Bischofs, richtiger der hochmittelalterlichen Bischöfe bei. Aber er entpflichtet den Historiker nicht von der Verantwortung, große Entwicklungslinien aufzuzeigen und zu benennen. Fallstudie und Kategorisierung schließen sich nicht aus, sondern bedürfen einander.

Insgesamt ist der Band gründlich gearbeitet. [1] Erfreulich ist aus deutscher Sicht das relativ starke Interesse an den Verhältnissen im Reich, das die sonst so dominante westeuropäische Perspektive amerikanischer Mittelalterforschung aufbricht und so für die deutsche Mediävistik neue Möglichkeiten des internationalen Dialog eröffnet. Hierin liegt neben der Fokussierung auf Amt und Handeln des Bischofs ein nicht unwesentlicher Beitrag dieses lesenswerten Bandes.


Anmerkung:

[1] Stephanie Coué und Stephanie Haarländer sind allerdings nicht ein und dieselbe Person (140 Anm. 12).

Jörg Peltzer