David B. Hollander: Money in the Late Roman Republic (= Columbia Studies in the Classical Tradition; Vol. 29), Leiden / Boston: Brill 2007, xi + 190 S., ISBN 978-90-04-15649-4, EUR 89,00
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Die vorliegende Untersuchung ist die stark überarbeitete Fassung einer Dissertation aus dem Jahr 2002 und behandelt "the nature and use of money in the late Roman Republic [...] in order to understand better the development of the Roman economy in this period of rapid imperial expansion and increased wealth." (1) Die Einleitung (chapter one) bietet zunächst einige allgemeine Überlegungen zur modernen Geldmengentheorie und ihrer Anwendbarkeit auf die römischen Verhältnisse, wobei die grundsätzliche Ähnlichkeit zwischen dem Begriff pecunia und der modernen Definition von Geld festgestellt wird (13). In Anlehnung an die moderne Geldmengenklassifizierung aber aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen abweichend von ihr definiert Hollander "Roman C" als Bargeld, "Roman M1" als Rohmetall sowie Finanzinstrument und "Roman M2" als Geldersatz. Diese Einteilung gibt die Gliederung der folgenden Überlegungen vor.
Kapitel 2 widmet sich zunächst dem Bargeld, wobei Hollander die drei Münzmetalle Silber, Gold und Kupferlegierungen getrennt behandelt. In Bezug auf Silber stellt er fest, dass um 50 v. Chr. fünf- bis zehnmal so viele denarii im Umlauf waren wie um 150 v. Chr. Die seltenen Goldmünzprägungen verbindet er überzeugend mit Liquiditätsengpässen in militärischen Krisensituationen. Als Grund für die Schwankungen in der Kleingeldprägung, die zwischen 146 und 114 keine asses umfasste und zwischen 82 und 46 gänzlich versiegte, vermutet er ein relativ geringes Vertrauen in diese Münzen, das sich aus dem schwankenden Gewicht ergeben habe. Die außerstadtrömischen Prägungen und Fälschungen hätten jedoch dazu beigetragen, einen Liquiditätsengpass zu verhindern.
Kapitel 3 ist der Geldmenge "Roman M1" gewidmet und behandelt einerseits Rohmetall, das als Zahlungsmittel bei Einnahmen und Ausgaben der res publica sowie im Fernhandel belegt ist, andererseits die Finanzinstrumentarien wie permutationes, syngraphae, partes und nomina, die Hollander als Geldanweisungen, Schuldverschreibungen, Anteilsscheine und private Schulden deutet.
Im folgenden vierten Kapitel werden Geldersatzmittel gemäß den verschiedenen Funktionen von Geld behandelt (Zahlungsmittel, Wertaufbewahrungsmittel, Austauschmittel und Recheneinheit). Als Zahlungsmittel lassen sich nachweisen Getreide, Wein, Oliven(öl), Vieh, Land, Sklaven und Arbeitskraft. Ähnliches umfasst auch die Liste der belegten Wertaufbewahrungsmittel: Land, Sklaven, Getreide, Wein, Öl, Tiere, Möbel und landwirtschaftliche Gerätschaften. Dabei wurde Getreide in ländlichen Regionen zudem als Austauschmittel und - ebenso wie in seltenen Fällen auch Wein und Öl - als Recheneinheit benutzt.
Im Anschluss an diese beeindruckende Zusammenstellung aller Informationen zu den definierten Geldmengen werden im fünften Kapitel vier monetary zones separiert betrachtet: Die Administration der res publica, der Fernhandel, die Stadt und ländliche Regionen. In Bezug auf die Finanzen der res publica weist Hollander darauf hin, dass in vielen Fällen unklar bleibe, ob Einnahmen in bar oder in Waren geleistet wurden. Letzteres lasse sich auch für einige Ausgaben (Militär und annona) belegen. Während die res publica auch große Bargeldbestände über weite Strecken transportiert habe, sei der Fernhandel ohne große Bargeldtransporte ausgekommen. Wesentlich sei dabei gewesen, dass die Handelsschiffe nicht Geld, sondern Waren als Rückfracht transportiert hätten. Bargeld habe daher nur an den Endpunkten des Handels, auf den jeweiligen Märkten, eine größere Bedeutung besessen. Das habe insbesondere für Städte gegolten. Hier lasse sich ein hoher Monetarisierungsgrad feststellen, der nur sehr begrenzt durch die Redistribution von Waren (etwa die Verteilung verbilligten Getreides), Geschenke von Feldherren, die direkte Versorgung aus dem Umland und Geschenke durch Patrone minimiert worden sei. Demgegenüber sei der ländliche Raum mit deutlich geringeren Bargeldmengen ausgekommen.
Das abschließende 6. Kapitel ist dem Geldbedarf gewidmet. Ausgangspunkt ist dabei die Fisher'sche Quantitätsformel (MV = PT; Geldmenge multipliziert mit Umlaufgeschwindigkeit = Preise multipliziert mit der Summe aller verkauften Produkte). Selbst wenn man T, also die Summe aller verkauften Waren, durch Y = Bruttoinlandsprodukt ersetzt, bleibt in jedem Fall die Umlaufgeschwindigkeit V eine weitgehend unbekannte Variable. Hollander versucht die sich daraus ergebenden Unwägbarkeiten für die Rekonstruktion des römischen Geldbedarfes dadurch zu lösen, dass er auf eine andere Formel von Irving Fisher zurückgreift, die den Anteil an Bargeldreserven "k" statt der Umlaufgeschwindigkeit berücksichtigt: Md = kPY (Geldbedarf = Produkt aus Bargeldreserven, Preisen und Bruttoinlandsprodukt). Hollander definiert k als V = 1/k und fängt sich damit letztlich das Problem der unbekannten Umlaufgeschwindigkeit wieder ein. Dies kann er auch nicht dadurch lösen, dass er in Anschluss an Keynes die drei Arten von Bargeldreserven (für Transaktionen, für Notfälle, für Spekulationen) für die vier römischen Geldzonen abzuschätzen versucht.
Hierbei offenbart sich ein grundsätzliches Dilemma der Arbeit: Es liegen noch nicht einmal ansatzweise genügende Zahlen vor, um viele der aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Das gilt dann auch für die abschließend gestellte Frage, ob es in der späten Republik ein Wirtschaftswachstum gegeben habe (153-155). An keiner Stelle wird so deutlich, wie vage die Datenbasis letztlich ist und wie waghalsig der Versuch, hier zu auch nur ansatzweise tragfähigen Aussagen zu gelangen.
Die Arbeit zeigt daher vor allem, dass, selbst wenn man die verschiedenen modernen Theorien und Konzepte auf die römischen Verhältnisse anwendet, die Frage nach "nature and use of money" in der späten Republik nur in ganz groben Grundzügen beantwortet werden kann. Hollander gelingt zwar eine klar strukturierte Bestandsaufnahme, die von ihm herangezogenen Theorien bieten aber keine angemessenen analytischen Instrumente, um diesen Befund sachgerecht zu erklären. Im Gegenteil: Die Anwendung moderner Geldmengenmodelle scheitert daran, dass weder hinreichende Informationen über Preise, das Bruttoinlandsprodukt, die Umlaufgeschwindigkeit noch die Höhe der verschiedenen Geldmengen (etwa das bei Banken gutgeschriebene oder geschuldete Geld) in der späten Republik vorliegen. Zudem macht Hollander nicht darauf aufmerksam, dass sich die Ziele moderner westeuropäischer Notenbanken deutlich von denen des römischen Senats und der römischen Amtsträger unterscheiden. Während heute Geldpolitik vor allem auf eine ausreichende Versorgung mit Geld und gleichzeitig die Bekämpfung der Inflation zielt, war die schwankende Produktion von denarii in der späten Republik nicht von geldpolitischen sondern primär von politischen, fiskalischen und sozialen Aspekten beeinflusst, wie sie von Hollander etwa auch im Zusammenhang mit Landbesitz erwähnt werden (75). Daher lässt sich mit Hilfe der modernen Geldmengen- bzw. geldpolitischen Theorien auch nur bedingt die Frage nach den Gründen für die Schwankungen der Münzproduktion in Rom beantworten. Darüber hinaus bin ich mir keineswegs so sicher, dass in der späten Republik kein (Klein-) Geldmangel herrschte. Dass die literarischen Zeugnisse darüber schweigen, ist nicht weiter überraschend - das machen sie auch während der entsprechenden Mangelerscheinungen der frühen Kaiserzeit. Abgesehen davon, dass sich Autoren wie Cicero eher Sorgen um große als um kleine Summen machten.
Die Bedeutung der Arbeit liegt meines Erachtens daher vor allem darin, die literarischen und zum Teil auch die archäologischen Zeugnisse in vorbildlicher Weise systematisch aufbereitet sowie die Grenzen einer Analyse mithilfe moderner Theorien aufgezeigt zu haben. Die Diskussion um die Frage nach "nature and use of money in the late Roman Republic" ist damit auf eine neue Ebene gehoben und wird in Zukunft von der Arbeit Hollanders profitieren.
Peter Franz Mittag