Rezension über:

Juan Manuel Abascal / Rosario Cebrián (éds.): Escultura romana en Hispania. Vol. VI. Homenaje a Eva Koppel, Murcia: Tabularium 2010, 442 S., ISBN 978-84-95815-29-3
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Rezension von:
Christof Berns
Institut für Klassische Archäologie, Freie Universität Berlin
Redaktionelle Betreuung:
Sabine Panzram
Empfohlene Zitierweise:
Christof Berns: Rezension von: Juan Manuel Abascal / Rosario Cebrián (éds.): Escultura romana en Hispania. Vol. VI. Homenaje a Eva Koppel, Murcia: Tabularium 2010, in: sehepunkte 11 (2011), Nr. 9 [15.09.2011], URL: https://www.sehepunkte.de
/2011/09/19813.html


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Juan Manuel Abascal / Rosario Cebrián (éds.): Escultura romana en Hispania. Vol. VI. Homenaje a Eva Koppel

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Lange Zeit war die Erforschung römischer Skulpturen auf der iberischen Halbinsel das Werk weniger Pioniere, nicht zuletzt der mit dem vorliegenden Band geehrten Eva Koppel. Erst in den letzten zwanzig Jahren hat sich mit der Konferenzserie zur "Escultura romana en Hispania" ein Forum etabliert, in dem regelmäßig und in größerem Rahmen aktuelle Erkenntnisse zum Thema ausgetauscht werden. Dabei überwiegen im Einzelnen Materialvorlagen, welche neu gefundene oder bislang wenig bekannte Skulpturenkomplexe einzelner Museen oder Grabungsplätze vorstellen. Zusammen mit den umfangreichen Katalogprojekten, die im selben Zeitraum auf den Weg gebracht und teils auch schon abgeschlossen worden sind [1], entsteht damit eine zunehmend breitere Basis für die Beantwortung übergreifender Fragestellungen. Dennoch bleibt die systematische Quellenerschließung ein wichtiges Anliegen, wie auch die nun vorgelegten Beiträge der sechsten, im Jahr 2008 in Segobriga abgehaltenen "Reunión internacional de escultura romana en Hispania" zeigen können.

Die Publikation umfasst insgesamt zweiundzwanzig Aufsätze, von denen die meisten wiederum auf Denkmäler einzelner Orte oder Regionen konzentriert sind. Sie können im Rahmen dieser Besprechung nicht alle gewürdigt werden. Es seien aber zumindest einige Schwerpunkte, die sich aus der Zusammenstellung ergeben, hervorgehoben.

So bemühen sich viele Autoren des Bandes neben der reinen Vorlage der Skulpturen um eine Rekonstruktion ihrer Aufstellungszusammenhänge. Zwar erfassen die zugrunde liegenden Grabungen häufig nur Ausschnitte von Gebäudekomplexen oder sie sind, wenn sie in der Vergangenheit stattfanden, ungenau dokumentiert worden. Daher erweisen sich die Möglichkeiten der Kontextualisierung als begrenzt und die präzise Aufstellungssituation bleibt in der Regel unbekannt. Dennoch gibt bereits die Zuordnung der Skulpturen zu bestimmten funktionalen Einheiten Aufschluss über die Art ihrer Verwendung in dem provinzialen Umfeld.

Ein Beispiel sind die Beiträge zur Ausstattung kaiserzeitlicher Villen auf der iberischen Halbinsel von José A. Garriguet (Rabanales bei Córdoba), Pedro Rodrίguez Oliva (Umgebung von Málaga), Luis Baena del Alcázar (Cortijo de los Robles bei Jaén), Ferran Arasa (Paίs Valenciano) und Luίs Jorge R. Gonçalves (Portugal). Wenn das ausschnitthafte Bild nicht täuscht, ist das Skulpturenprogramm jeweils auf bukolische und erotische Themen konzentriert. Immer wieder begegnen Eroten, Satyrn, Tierfiguren oder auch Mischwesen. Andere Sujets wie die Götterwelt jenseits von Bacchus und Venus oder auch Porträts sind hingegen selten vertreten, imagines illustrium fehlen ganz. Das Themenrepertoire scheint dementsprechend dem Minimalstandard der Ausstattung von Stadthäusern und Villen in Italien zu entsprechen. [2]

Die Fora stellen einen anderen typischen Kontext der Aufstellung von Skulpturen dar. Ihm sind Beiträge von T. Nogales Basarrate und Luis Nobre da Silva (Regina / Casas de Reina) sowie von Claudia Valeriani gewidmet. Der zuletzt genannten Autorin geht es vor allem darum, die Zugehörigkeit der im kampanischen Pozzuoli entdeckten frühkaiserzeitlichen Kaiserporträts und Idealstatuen zum Forum der Stadt plausibel zu machen. Dessen Ausstattung habe sich auf das Vorbild des Augustusforums bezogen, wie unter anderem auch Fragmente von Karyatiden und Clipei zeigten, welche die entsprechenden Elemente der stadtrömischen Anlage wiederholten. Die hier zu beobachtende, vergleichsweise große Genauigkeit in der Umsetzung einzelner Vorlagen steht in einem aufschlussreichen Gegensatz zu den eher allgemeinen, allenfalls mittelbar von solchen Mustern geprägten Adaptionen in Mérida, Córdoba oder Tarragona.

Einen weiteren Schwerpunkt bildet das Thema der indigenen, zur Zeit der römischen Herrschaft entstandenen Skulptur mit Untersuchungen von I. López Garcίa (behelmter Kopf aus Osuna), F. Acuña Castroviejo und R. Casal Garcίa (Skulpturen aus Galizien) sowie J. M. Noguera Celdrán und R. Cebrián Fernández (Plastik aus Segobriga). Die überwiegend fragmentarischen Tierskulpturen und Stelen aus Segobriga sind unter kaiserzeitlichen Großbauten zutage getreten. Es handelt sich offenbar insgesamt um Reste von Grabdenkmälern, die nach der Überzeugung der Autoren aus der frühen Kaiserzeit stammen. Ihre Gestaltung sei geprägt durch die eigenständige Umsetzung und Kombination italischer Muster. Wenn auch der stilistischen Heterogenität des Materials ein größeres Gewicht zugemessen werden könnte und die chronologische Zuweisung im Einzelnen diskutabel sein mag, liegt mit den hier vorgestellten Stücken aus Segobriga zweifellos ein wichtiger Komplex vor, an dem sich exemplarisch Fragen der indigenen Skulpturenproduktion erörtern lassen. [3]

Schließlich sei aber auch auf einige Beiträge hingewiesen, die einzelnen Stücken von allgemeinem, über die spezifischen Problemstellungen der iberischen Halbinsel hinausgehenden Interesse gewidmet sind. So befasst sich Isabel Rodà mit einer Replik des Porträts von M. Licinius Crassus im Besitz des Museo Marés in Barcelona und macht eine nachantike Entstehung des bislang wenig bekannten Stücks plausibel. Im Rahmen einer Besprechung von Porträts aus der Baetica stellt Pilar Leon das spätseverische Bildnis eines Jungen mit ungewöhnlicher Frisur vor. Das kurze, in a-penna-Technik gemeisselte Haupthaar geht am Hinterkopf in lange, dichte Locken über. Von den zuweilen belegten Porträts mit Jugendlocke [4] unterscheidet es sich durch die Fülle des Langhaares, das den gesamten Hinterkopf und Nacken bedeckt, weshalb die Autorin eine Deutung als Luxusfrisur vorschlägt. Markus Trunk schließlich geht auf einige Reliefplatten in der Casa de Pilatos in Sevilla ein. Wie bereits Thomas Schäfer [5] bezieht er die Darstellungen auf die Seeschlacht von Actium und den dreifachen Triumph des Octavian im Jahre 29 v.Chr., postuliert aber eine Entstehung des entsprechenden Denkmals in der Frühphase der Herrschaft des Princeps.

Insgesamt liegt mit der Publikation ein gut ausgestatteter Sammelband vor, der vielfältige Anknüpfungspunkte sowohl für ein primär auf die Romanisierung der iberischen Halbinsel gerichtetes Interesse als auch für eine eher gattungsorientierte Beschäftigung mit römischen Skulpturen bietet.


Anmerkungen:

[1] I. Rodà de Llanza / J. M. Noguera Celdrán (Eds.): Corpus Signorum Imperii Romani: España, Murcia 2001ff.. Ferner Kataloge einzelner wichtiger Sammlungen, wie St. F. Schröder: Katalog der antiken Skulpturen des Museo del Prado in Madrid, 2 Bde., Mainz 1993 und 2004; T. Nogales Basarrate: El retrato privado en Augusta Emerita, 2 Bde., Badajoz 1997; J. Edmondson / T. Nogales Basarrate / W. Trillmich: Imagen y memoria: monumentos funerarios con retratos en la colonia Augusta Emerita, Madrid 2001. - Ein Vorläufer ist das Werk von E. Koppel: Die römischen Skulpturen von Tarraco, Berlin 1985.

[2] Vgl. R. Neudecker: Die Skulpturenausstattung römischer Villen in Italien, Mainz 1988, 31-104.

[3] Vgl. O. Jaeggi: Der Hellenismus auf der iberischen Halbinsel, Mainz 1999, 111-121; J. M. Noguera Celdrán et alii: Sobre la escultura en la Hispania republicana, in: Anejos de Archivo Español de Arqueologίa 34, Madrid 2005, 101-110.

[4] H. R. Goette: Römische Kinderbildnisse mit Jugend-Locken, Athenische Mitteilungen 104, 1989, 203-217.

[5] Th. Schäfer: Archäologischer Anzeiger 1996, 549.

Christof Berns