Friedhelm Jürgensmeier / Regina Elisabeth Schwerdtfeger (Bearb.): Die Mönchs- und Nonnenklöster der Zisterzienser in Hessen und Thüringen (= Germania Benedictina; Bd. IV), St. Ottilien: EOS Verlag 2011, 2 Bde., 1768 S., ISBN 978-3-8306-7450-4, EUR 128,00
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Die renommierte Reihe der Germania Benedictina erscheint seit den 1970er Jahren und hat sich der systematischen Erfassung und Darstellung der Klöster im deutschsprachigen Raum verschrieben, die gemäß der Regel des heiligen Benedikt leben. Neben den Konventen der Benediktiner und ihrer verschiedenen Reformrichtungen zählen zu dieser Gruppe auch die Zisterzienserklöster. Nachdem bereits 1994 ein Band erschienen war, der sich ausschließlich mit den Zisterzen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg befasste [1], werden nun auch zwei Teilbände zu den zisterziensischen Männer- und Frauenkonventen in Hessen sowie Thüringen vorgelegt. Für beide Bundesländer existieren noch keine umfassenden Klosterbücher - für Hessen ist eine diesbezügliche Online-Publikation zumindest für 2012 geplant [2] -, und gerade der reichen monastischen Tradition Thüringens wurde in der neueren historischen Forschung bislang nur wenig Beachtung geschenkt. Insofern schließt die Publikation nun zumindest teilweise eine empfindliche Lücke.
Der Aufbau des vierten Bandes entspricht insgesamt den Vorgaben der Germania Benedictina: Die Klöster werden in alphabetischer Reihenfolge behandelt, jeder Artikel ist nach einem vorgeschriebenen Schema aufgebaut (historische Namensformen, politische und kirchliche Topographie, Patrone, geschichtlicher Überblick, wirtschaftliche, rechtliche und soziale Verhältnisse, Patronate und Inkorporationen, Bibliotheksgeschichte, Bau- und Kunstgeschichte, Reihe der Äbte beziehungsweise Äbtissinnen, Priorinnen und Pröpste, gedruckte Quellen, Literatur, Archivalien, Ansichten und Pläne, Sphragistik und Heraldik). Besonders die detaillierten Quellen- und Literaturangaben sind von großem Nutzen, auch wenn die chronologische Sortierung der Titel gewöhnungsbedürftig ist. Die Länge der einzelnen Beiträge variiert sehr stark. Während die kürzesten lediglich vier Seiten umfassen (Bachra, 193-196, und Schmölln, 1409-1412), erstrecken sich die Ausführungen zur prominenten hessischen Zisterze Eberbach über fast 190 Seiten (383-572). Derartige Unterschiede sind neben der Größe und Bedeutung der jeweiligen Konvente auch der Quellenlage und dem Forschungsstand geschuldet. Den eigentlichen Artikeln wurde von Friedhelm Jürgensmeier eine ausführliche Einleitung über "Zisterziensisches Mönchtum im Raum der Länder Hessen und Thüringen" (15-52) vorangestellt, in der die Ergebnisse des Bandes zusammengefasst werden. Ein Register der Orts- und Personennamen (1612-1761) erschließt die beiden umfangreichen Teilbände, und eine im hinteren Umschlag beigefügte Karte ermöglicht einen schnellen Überblick über die beschriebenen Klöster.
Unter den 57 Zisterzen, die zu bearbeiten waren, sind lediglich zehn Männerklöster. Dieses Ungleichgewicht ist zwar nicht weiter verwunderlich, stellt jedoch eine Herausforderung für die Konzeption des Bandes dar: Nur die allerwenigsten Frauenklöster, wie etwa St. Katharinen in Eisenach (580-599), waren dem Zisterzienserorden inkorporiert, dürfen also in der Tat als zisterziensische Konvente bezeichnet werden. In den meisten Fällen betrachteten sich die Nonnen zwar als "Zisterzienserinnen", wurden jedoch nicht formal in den Orden aufgenommen, und die Grenzen zwischen benediktinischer und zisterziensischer Lebensweise in den Einrichtungen sind oftmals nicht eindeutig zu erkennen (vgl. etwa den Befund von Boettichers für Oberweimar, 1216). Die jeweiligen Artikel befassen sich zumeist recht ausführlich mit diesem Problem, wodurch sich der Leserschaft mitunter die Frage stellt, ob die Einordnung als Zisterzienserinnenkloster in jedem Fall sinnvoll ist.
Der weitaus größere Teil der untersuchten Klöster, nämlich über zwei Drittel, liegt im heutigen Freistaat Thüringen. Ein Blick auf die dem Band beigelegte Karte zeigt die erstaunliche Dichte der Zisterzen im Raum zwischen Werra und Saale, die im 15. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte. Neben großen und frühen Ordensniederlassungen wie Volkenroda, Georgenthal und Ichtershausen sind die auf Thüringen bezogenen Beiträge des Bandes einer Vielzahl kleiner Zisterzen gewidmet, die teilweise erst im 14. Jahrhundert gegründet wurden (so etwa Saalburg, 1364-1390, oder Ballhausen / Großfurra, 197-215), insgesamt nur sehr kurz Bestand hatten (wie Schmölln, 1409-1412, und Breitenbich, 266-270) und zu denen kaum Quellen vorliegen. Hinzu kommt, dass durchweg Defizite in der Forschung zu den Klöstern in Thüringen konstatiert werden müssen. Dieser Mangel an jüngeren wissenschaftlichen Vorarbeiten mag dafür verantwortlich zu machen sein, dass manchen Bearbeitern / Bearbeiterinnen wichtige Quelleneditionen entgangen sind oder Archivalien ungenau zugeordnet wurden. Um nur zwei Beispiele anzuführen: Zu den Gründungsvorgängen in Georgenthal bleibt die essentielle Altenberger Gründungssage [3] unberücksichtigt (760f.), und als Aufbewahrungsort einer Handschrift aus dem Kloster Reifenstein wird an einer Stelle die Universitätsbibliothek Halle (1305) erwähnt und wenige Seiten später das Bischöfliche Kommissariat in Heiligenstadt als Besitzer offenbar desselben Manuskripts angegeben (1320).
Diese Kritikpunkte betreffen jedoch nur wenige Artikel. In der Mehrzahl bilden die Einzelbeiträge eine solide Grundlage für die weitere Beschäftigung mit den Zisterzienserklöstern Hessens und Thüringens, und einigen Autoren und Autorinnen ist das Verdienst zuzusprechen, sich erstmals überhaupt in jüngerer Zeit einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit ihrem Bearbeitungsgegenstand zu stellen (so zum Beispiel Hammer in ihrem Beitrag über Stadtroda, 1413-1453). Somit liegt zumindest für einen Teil der hessischen und thüringischen Klöster ein weitestgehend verlässliches Überblickswerk vor, das hoffentlich in absehbarer Zeit auch im Blick auf die anderen Orden Ergänzung finden wird.
Anmerkungen:
[1] Ulrich Faust (Bearb.): Die Männer- und Frauenklöster der Zisterzienser in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg (= Germania benedictina; 12: Norddeutschland), St. Ottilien 1994.
[2] Vgl. online unter http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/index/sn/kl [Stand 3.1.2012].
[3] Vgl. De fundacione Bergensis coenobii, in: Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters, online unter http://www.repfont.badw.de/D.pdf [Stand 24.1.2012].
Ingrid Würth