Mark H. Danley / Patrick J. Speelman (eds.): The Seven Years' War. Global Views (= History of Warfare; Vol. 80), Leiden / Boston: Brill 2012, LVIII + 586 S., ISBN 978-90-04-23408-6, EUR 181,00
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Sven Externbrink (Hg.): Der Siebenjährige Krieg (1756-1763). Ein europäischer Weltkrieg im Zeitalter der Aufklärung, Berlin: Akademie Verlag 2011
Marian Füssel (Hg.): Der Siebenjährige Krieg 1756-1763. Mikro- und Makroperspektiven, Berlin / Boston: De Gruyter Oldenbourg 2021
Sven Petersen: Die belagerte Stadt. Alltag und Gewalt im Österreichischen Erbfolgekrieg, Frankfurt/M.: Campus 2019
Klaus-Jürgen Bremm: Preußen bewegt die Welt. Der Siebenjährige Krieg 1756-63, Stuttgart: Theiss 2017
André Zimmermann: Der Untergedrückte und wieder herfür gegrünte Palmbaum des Christian Rechttreu. Editorische Erschließung und sprachgeschichtliche Erschließung einer schlesischen Handschrift aus dem Dreißigjährigen Krieg, Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2002
Christian Wieland: Fürsten, Freunde, Diplomaten. Die römisch-florentinischen Beziehungen unter Paul V. (1605-1621), Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2003
Wolfgang Reinhard (Hg.): Römische Mikropolitik unter Papst Paul V. Borghese (1605-1621) zwischen Spanien, Neapel, Mailand und Genua, Tübingen: Niemeyer 2004
Der Siebenjährige Krieg ist, anders als der Dreißigjährige Krieg, kein großes Thema mehr für die deutsche Geschichtsschreibung. Ausnahmen, wie Johannes Kunisch und einige seiner Schüler, bestätigen eher diese Regel. In den zahlreichen Kolloquien und Ausstellungen anlässlich des 300. Geburtstags von Friedrich dem Großen spielte der Krieg allenfalls eine Nebenrolle, was eher überrascht, war es doch der Preußenkönig, der die Kampfhandlungen in Europa ausgelöst hatte.
Ganz anders in der anglo-amerikanischen Forschung: Hier war und ist der Siebenjährige Krieg aufgrund seiner weitreichenden Konsequenzen für die Geschichte des nordamerikanischen Kontinents und für die Geschichte des britischen Empire ein intensiv erforschtes Thema. Seit 2000, beginnend mit Fred Andersons "Crucible of War" [1], sind zahlreiche Gesamtdarstellungen und Spezialstudien zu Einzelaspekten erschienen [2], in denen die globale Dimension des Konflikts und die damit einhergehenden kulturellen Austauschprozesse thematisiert werden.
In diese Forschungen ist auch der vorliegende Sammelband von Mark Darnley und Patrick Speelman einzuordnen. Er versammelt insgesamt 18 Beiträge, die nicht nur die "klassischen" Themenfelder abdecken - etwa Friedrich der Große (Jürgen Luh), der Krieg im Alten Reich aus der Perspektive Roms (Johannes Burkhardt), der Krieg in Nordamerika (aber aus der Perspektive der Ureinwohner: Matthew Ward, "Understanding Native American Alliances"), sondern in erster Linie geografische Randgebiete des Siebenjährigen Krieges in den Blick nehmen. Dem asiatischen Kriegsschauplatz sind sowohl zwei getrennte Beitrage G. J. Bryants über Indien - Krieg in Bengalen und in Südindien (Karnatik) - als auch Nicholas Tracys Abriss über die Eroberung Manilas gewidmet.
Diesen noch klassisch zu nennenden Themen steht der Beitrag von Virginia H. Aksan zur Seite, die untersucht, warum das Osmanische Reich sich nicht an diesem Krieg beteiligt hat, obwohl Friedrich der Große doch darauf gehofft hatte. Aksan weist auf vier miteinander verflochtene Ursachen hin: politische Neutralität, fehlende militärische Vorbereitung (aber auch strukturelle Mängel des osmanischen Militärs), Probleme bei der Mobilisierung finanzieller Ressourcen und schließlich militärische Konflikte an den östlichen Rändern des Imperiums.
Außerhalb des klassischen Rahmens der Geschichte des Siebenjährigen Krieges liegt auch der Beitrag über Schweden (Gunnar Åselius) - einen europäischen Kriegsteilnehmer, der gerne übersehen wird. Dabei war das Königreich in seiner Eigenschaft als Garant des Westfälischen Friedens ein wichtiger Bestandteil der antipreußischen Koalition.
Am anderen Rande Europas trat Spanien 1762 an der Seite Frankreichs im Kampf gegen die britische Vorherrschaft zu See in den Krieg ein. Dass dieser Kampf auch auf der Iberischen Halbinsel ausgetragen wurde, auf dem Territorium des britischen Verbündeten Portugal, und nicht nur in der Karibik und in Ostasien (Manila), darüber informiert Patrick Speelman. Eine spanische Armee marschierte 1762 in Portugal ein, um das Land zu besetzen und den Handel mit den Briten zu unterbrechen. Deren Militärhilfe war zwar nicht ausreichend, um einen "klassischen" Feldzug gegen Invasoren zu führen, aber der diesem Zwang geschuldete "kleine Krieg" zeigte Wirkung. Trotz einiger Erfolge mussten sich die Spanier wieder zurückziehen.
Neben den hier aufgeführten Beiträgen, die sich mit Randzonen des globalen Siebenjährigen Krieges beschäftigen (zu nennen sind noch Beiträge von Richard Harding über den Krieg in der Karibik und von James F. Searing über Afrika), nehmen die Beiträge von Ewa Anklam (militärische "Aufklärung" auf dem deutschen Kriegsschauplatz), Julia Osman (französische Offiziere und die Kriegspraxis in Amerika) und Marian Füssel (die Kosakenverbände in der russischen Armee) einzelne individuelle Akteure und ihre Handlungslogiken und Praktiken in den Blick.
Jeder Beitrag für sich bringt zahlreiche erhellende Einblicke und Überlegungen, die den Band zu einem unabdinglichen Arbeitsinstrument für jeden machen, der sich mit dem Siebenjährigen Krieg auseinandersetzen will. Hervorzuheben sind darüber hinaus die Einleitung (von Mark Danley) und das Schlusswort (von Patrick J. Speelman), die die Gesamtheit der Beiträge in eine problemorientierte Fragestellung übertragen bzw. Perspektiven über die Konsequenzen eröffnen. Danley betont zu Recht den globalen Charakter dieses letzten Krieges des Ancien Régime (oder des ersten Krieges der Moderne?), der sich von den globalen Erweiterungen der vorangehenden Kriege nicht nur in seiner geografischen Dimension unterscheidet, sondern auch dadurch, dass zahlreiche außereuropäische Akteure ihre je spezifischen Interessen verfolgten.
Der globale Siebenjährige Krieg erscheint Danley als eine Verflechtung von vielen regionalen Konflikten, in denen oftmals die Europäer die Verbindung herstellten. Einzig sie waren in der Lage, über Kontinente hinweg militärisches Potenzial zu mobilisieren und agieren zu lassen. Dabei differierte der Grad der Souveränität der Akteure (ein europäisch definierter Maßstab) erheblich, er reichte von autonom operierenden Kriegsunternehmern bis hin zu den europäischen Monarchien. Danley sieht darin ein wichtiges Merkmal der "global nature" des Krieges: "The Seven Years' War was global because of the complex relationships between entrepreneurial military competencies, networks of varying alliance and enmity, and variegated levels of 'de facto' sovereignty of region and community" (LI). So führen Danleys Überlegungen zu einer recht präzisen Definition des "Globalen" im Siebenjährigen Krieg: "Historians [...] conceptualize this wide-ranging conflict not only as decisive for the development of America, the British Empire and the constellation of European states but as a conflagration that brought together, cooperatively and violently, peoples from around the globe who, even as they differed widely in socio-political organization and military means, shared some similar concerns about how to employ armed force in pursuit of glory" (LVII).
Die hier angedeutete Position eines "Knotenpunktes" (Olaf Asbach [3]) zwischen Ancien Régime und Moderne greift Patrick J. Speelman in seinen Schlussbemerkungen auf. Die hohen Verluste und Kosten zwangen alle Beteiligten (fast alle europäischen Akteure, abgesehen von Preußen und Russland, standen 1762 vor dem Bankrott) - vor allem in Europa - zu mehr oder weniger radikalen Maßnahmen zur Konsolidierung der Staatsfinanzen. Die Jahrzehnte bis zum Ausbruch der Französischen Revolution sahen die Blüte des europäischen Reformabsolutismus. Die damit einsetzenden langfristigen Folgen sind bekannt. Der Versuch, die Kolonisten in Amerika durch höhere Steuern an der Kriegsfinanzierung zu beteiligen endete in ihrer Unabhängigkeit. Diese wiederum steht am Beginn eines Zeitalters der "atlantischen Revolutionen" (Robert R. Palmer), ausgelöst nicht zuletzt dadurch, dass in Frankreich alle nach 1763 eingeführten Reformen der Monarchie scheiterten.
Speelman schließt mit einem Ausblick auf die "Konstruktion" der Geschichte des Siebenjährigen Krieges, die unmittelbar nach 1763 einsetzte und den Krieg in zwei Konflikte teilte, den britisch-französischen und den österreichisch-preußischen. Der vorliegende Band ist ein überzeugendes Argument dafür, dass der Siebenjährige Krieg auf diese Weise nicht adäquat beschrieben wird: Die vielfach vernetzten Auseinandersetzungen "produced a global struggle of immense proportions that not changed the trajectory of European history, but that of the modern world" (536). An dieser Einschätzung kann die weitere Forschung zum Siebenjährigen Krieg nicht vorbeigehen.
Anmerkungen:
[1] Fred Anderson: Crucible of War. The Seven Years' War and the Fate of Empire in British North America 1754-1766, New York 2000.
[2] Z.B.: Stephen Brumwell: Redcoats. The British Soldier and War in the Americas 1755-1763, Cambridge 2001; John M. Cardwell: Arts and Arms. Literature, Politics and Patriotism during the Seven Years' War, Manchester 2004; Warren Hofstra (ed.): Cultures in Conflict. The Seven Years' War in North America, Lanham, Md. / Plymouth 2007. Hinzuweisen ist auf zwei wichtige Synthesen: Daniel Baugh: The Global Seven Years' War, 1754-1763, Harlow 2011; Franz A. J. Szabo: The Seven Years' War in Europe, 1756-1763, Harlow 2008.
[3] Olaf Asbach: Die Globalisierung Europas und die Konflikte der Moderne. Dynamiken und Widersprüche in der Theorie und Praxis der internationalen Beziehungen in der frühen Neuzeit, in: Der Siebenjährige Krieg (1756-1763). Ein europäischer Weltkrieg im Zeitalter der Aufklärung, hg. v. Sven Externbrink, Berlin 2011, 27-64.
Sven Externbrink