Rezension über:

Guido Braun / Antje Oschmann / Konrad Repgen (Bearb.): Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden. Teilband 2: Materialien zur Rezeption (= Acta Pacis Westphalicae. Serie III. Abt. B: Verhandlungsakten; Bd. 1), Münster: Aschendorff 2007, XLVII + 710 S., ISBN 978-3-402-04997-6
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Antje Oschmann (Bearb.): Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden. Teilband 3: Materialien zur Erschließung und Register (= Acta Pacis Westphalicae. Serie III. Abt. B: Verhandlungsakten; Bd. 1), Münster: Aschendorff 2007, XXVIII + 504 S., 1 CD-ROM, ISBN 978-3-402-04997-6
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Rezension von:
Johannes Arndt
Historisches Seminar, Westfälische Wilhelms-Universität, Münster
Redaktionelle Betreuung:
Michael Kaiser
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Arndt: Acta Pacis Westphalicae: Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden (Rezension), in: sehepunkte 8 (2008), Nr. 4 [15.04.2008], URL: https://www.sehepunkte.de
/2008/04/12361.html


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Acta Pacis Westphalicae: Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden

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Mit den beiden hier zu rezensierenden Bänden setzt die "Gesellschaft zur Erforschung der Neueren Geschichte" in Bonn ihre Edition der Westfälischen Friedensverhandlungsakten (Acta Pacis Westphalicae) fort. Die Bände schließen sich an den Teil an, den Antje Oschmann 1998 mit der kritischen Ausgabe der Vertragstexte vorgelegt hat, und stellen damit das Herzstück der ganzen Aktenedition dar. [1] Der dritte Teilband enthält auch das Register für alle drei Teile.

Im zweiten Teilband geht es um "Materialien zur Rezeption". Dahinter verbergen sich vor allem die zahlreichen gedruckten Ausgaben der Friedensverträge. Ganz im Gegensatz zur offiziellen Doktrin vom "Herrschaftsarkanum" in der Frühmoderne, das den Einblicken neugieriger Untertanen entzogen sein sollte, verliefen die mehrjährigen Verhandlungen in Münster und Osnabrück im publizistischen Schaufenster: Welche Partei auch immer eine Position oder einen Protest verlautbaren wollte, brachte eine Druckschrift heraus, deren Reichweite den Kreis der engeren Verfahrensbeteiligten schnell überwand. Wer ein Interesse am komplizierten Modus procedendi und seinen Ergebnissen besaß, konnte eine Vielzahl von Einzelheiten in gedruckter Form käuflich erwerben. [2]

Die Herausgeber haben 75 lateinische und deutsche Drucke der Verträge allein aus den Jahren 1648 und 1649 ausfindig gemacht, durch Autopsie kontrolliert, in ihrem Inhalt und ihren formalen Merkmalen überprüft und nach einem chronologischen Schema gegliedert und etikettiert. Im ersten Abschnitt des Teilbandes sind die Titelei, der Fundort, der Fingerprint, die Druckart und die wichtigsten inhaltlichen Merkmale aufgelistet, daneben eine Fotografie des Titelblattes beigefügt. Inhaltlich haben die Drucke folgende fünf Endergebnisse des Friedens zum Gegenstand: 1. Die kaiserlich-schwedische Friedensvereinbarung, die am 6. August 1648 auf dem Kongress mündlich verlesen und von den Gesandten per Handschlag bestätigt worden war, 2. die kaiserlich-schwedische Friedensvereinbarung (IPO) vom 24. Oktober 1648, 3. die kaiserlich-französische Friedensvereinbarung (IPM) vom 24. Oktober 1648, 4. die kaiserlich-schwedische Ratifikationsurkunde vom 18. Februar 1649 und 5. die kaiserlich-französische Ratifikationsurkunde vom 18. Februar 1649.

Die Recherchen ergaben, dass vor allem fünf Druckhäuser im Reich die meisten der gedruckten Exemplare herausgegeben hatten, jedenfalls die mit Impressum versehenen: Der Frankfurter Verleger Philipp Jakob Fischer, der kurmainzische Drucker Nikolaus Heyll, der Leipziger Drucker Timotheus Ritzsch, das Wiener Universitätsbuchdruckhaus des Matthäus Cosmerovius und der Münsteraner Drucker Bernhard Raesfeld (8-10 und 16).

Drei Anhänge sind diesem Abschnitt beigefügt. Der erste beinhaltet vier Protokollnotizen: 1. Vorbehalt Schwedens vom 6. August 1648, dass die Friedensvereinbarung mit Kaiser und Reich nur dann vertraglich unterzeichnet würde, wenn auch der Friede mit Frankreich zustande gekommen sei. 2. Vorbehalt Schwedens, dass der Friede nur dann gültig sein solle, wenn Hessen-Kassel als Verbündeter eine Militärentschädigung erhielte. 3. Kaiserliche Deklaration vom 15. August 1648 zum völkerrechtlichen Status Portugals, durch die das neue, seit 1640 bestehende Königtum des Hauses Braganza nicht anerkannt wurde. 4. Erweiterte kaiserliche Deklaration über denselben Sachverhalt vom 24. Oktober 1648. Alle vier Protokollnotizen sind nicht in die Friedensverträge aufgenommen worden, finden sich aber in zahlreichen gedruckten Ausgaben angehängt. Der zweite Anhang bezieht sich auf Druckprivilegien und Vorworte, die sich in einigen der gedruckten Vertragsausgaben finden. Im dritten Anhang sind zeitgenössische Kritiken an Übersetzungsfehlern der Friedensverträge zusammengestellt.

Im zweiten Abschnitt stehen die 171 bekannten Nachdrucke des IPO von 1650 bis 1998, anschließend die 135 bekannten Nachdrucke des IPM aus demselben Zeitraum. Die kritische Edition von Antje Oschmann, abgedruckt im ersten Teilband dieses APW-Bandes, stellt jedes Mal den letzten Eintrag auf den beiden Listen dar.

Im dritten Abschnitt enthält der 2. Teilband eine Synopse des IPO und IPM in lateinischer, deutscher und französischer Sprache aus offiziösen Drucken von Raesfeld, Fischer/Heyll und dem Bureau d'Adresse (= Gazette de France). Diese Synopse füllt mit mehr als 440 Seiten den größten Teil des Teilbandes (214-661). Angeschlossen sind die beiden redaktionellen Zusatztexte, die im Bureau d'Adresse zu den französischen Ausgaben der Verträge entstanden sind. Der vierte Abschnitt bringt einige Merkverse, die kurz die zentralen Punkte der Friedensverträge aufgriffen und für das bessere Verstehen und Memorieren aufbereiteten. Zwei von ihnen stammten von dem kaiserlichen Gesandten Isaac Volmar, ein weiterer lateinischer Merkvers konnte keinem Verfasser zugeordnet werden, ebenso wenig wie ein deutschsprachiger Achtzehnzeiler. Im fünften und letzten Abschnitt bringt der zweite Teilband die formale Gliederung der beiden Verträge nach Artikel bzw. Paragraphen und die lateinischen Satzanfänge (Initien). Das IPO war zwar bereits 1648 in Artikel gegliedert, jedoch bildete sich die Paragraphengliederung beider Verträge erst im Laufe der folgenden zehn Jahre heraus. Seit ca. 1660 stand sie dann fest. Ein Register der Initien schließt sich an.

Der dritte Teilband enthält unter der Bezeichnung "Materialien zur Erschließung" im ersten Abschnitt eine detaillierte und kommentieren Inhaltsangabe der beiden Verträge vom 24. Oktober 1648. Das Schwergewicht des Teilbandes liegt auf dem zweiten Abschnitt, in dem ein lateinisch-deutsch-französisches Glossar über die offiziösen Druckausgaben der beiden Friedensverträge abgebildet ist, nach lateinischen Begriffen gegliedert, ergänzt durch einen deutschen und einen französischen Wortweiser. Es folgt im dritten Abschnitt eine Zusammenstellung von Ergänzungen und Korrekturen zum Teilband 1, die sich im Rahmen der Forschungen der vergangenen neun Jahre ergeben haben. Ein Gesamtregister über alle drei Teilbände rundet das Werk ab.

Hinzugefügt ist eine CD-ROM: Sie beinhaltet einen großen Teil der Texte, die sich bereits in den drei Teilbänden befinden. Zunächst sind die beiden kritischen Editionen der Friedensinstrumente in lateinischer Sprache im Volltext abgedruckt. Es folgen die offiziösen Übersetzungen des IPO in deutscher Sprache durch die gedruckten Ausgaben der Offizinen Heyll in Mainz, Fischer in Frankfurt/Main und Cosmerovius in Wien. Anschließend steht die offiziöse französische Ausgabe, die in der Gazette de France gedruckt worden ist. Dieselbe Zusammenstellung ist auch für das IPM vorgenommen worden (drei deutsche und eine französische Übersetzung). Das Glossar ist auf der CD-ROM mit allen 2079 Lemmata erfasst, während im gedruckten dritten Teilband nur ca. ein Drittel der wichtigeren Begriffe abgebildet ist. Den letzten Abschnitt bilden die detaillierten Inhaltsangaben der Friedensverträge sowie das Register. Für den Forscher dürfte es eine starke Arbeitserleichterung darstellen, die elektronische Ausgabe der drei Teilbände auf seinem Laptop mit ins Archiv oder in die Bibliothek zu nehmen, als neben dem Gerät auch noch die schweren Bände durch die Räumlichkeiten zu jonglieren. Alle Teile sind ergonomisch einfach und übersichtlich gestaltet und zugänglich, auch die Installation der CD-ROM gelang dem Rezensenten problemlos.

Für die Erforschung nicht nur des Westfälischen Friedens, sondern des gesamten konfessionellen Zeitalters ebenso wie der folgenden internationalen, verfassungsgeschichtlichen und konfessionspolitischen Verhältnisse und Entwicklungen bis ins späte 18. Jahrhundert stellt die Trias der Bände mit den Vertragsexemplaren in autorisiert-lateinischer und in offiziös-deutscher oder -französischer Sprache einen Meilenstein und eine gewiss vielbenutzte Edition dar. Gerade das detaillierte Inhaltsverzeichnis und das Glossar ermöglichen die Untersuchung politisch-rechtlicher, aber auch zeremonieller Sprache, ein Forschungsfeld, dem sich der Historiker nach der Inspiration durch den linguistic turn immer noch annähert. Herausgeber und Bearbeiter haben ihr Werk mit der in Bonn gewohnten Gründlichkeit und Sorgfalt getätigt, zudem eine gedruckte und eine elektronische Darstellungsweise gewählt, die auch dem Vielleser eine intensive und dennoch augenschonende Beschäftigung ermöglicht.


Anmerkungen:

[1] Antje Oschmann (Hg.): Acta Pacis Westphalicae. Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden, Band 1, Teil 1: Urkunden (APW, Serie III, Abt. B, Bd. 1, Tl. 1), Münster 1998.

[2] Diesen Aspekt der Kongress-Öffentlichkeit hat Konrad Repgen bereits 1997 in einer eingehenden Studie vorgestellt: Konrad Repgen: Der Westfälische Friede und die zeitgenössische Öffentlichkeit, in: Historisches Jahrbuch 117 (1997), 38-83.

Johannes Arndt