Johannes Hasselbeck: Die Folgen des deutschen Bauernkrieges im Hochstift Bamberg (= Bamberger Historische Studien; Bd. 7), Bamberg: University of Bamberg Press 2012, 257 S., ISBN 978-3-86309-066-1, EUR 19,00
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Zumeist gilt das Interesse der Bauernkriegs-Forschung den Ursachen - wobei die Vorstellung von dem neuen Recht, das die Bauern unter Berufung auf das alte einhellig ablehnten, gewöhnlich seltsam diffus bleibt -, der Vorgeschichte und dem Verlauf jener Erhebung, die in den Jahren 1524/26 große Teile Oberdeutschlands bis weit nach Thüringen, Südtirol und in die Steiermark erfasste. Auch deren Niederschlagung seitens der Fürsten und des Schwäbischen Bundes hat stets die ihr gebührende Aufmerksamkeit gefunden. Traditionell weniger Beachtung finden hingegen, abgesehen von spektakulären Strafmaßnahmen wie sie beispielsweise gegen Hans Müller von Bulgenbach, Anton Eisenhut, Jörg Ratgeb, Thomas Müntzer, Tilman Riemenschneider und viele andere ergriffen wurden, die konkreten, nicht zuletzt materiellen Folgen für die Herren auf der einen und den Gemeinen Mann auf der anderen Seite.
In diese Lücke stößt die von Johannes Hasselbeck im Wintersemester 2010/11 an der Universität Bamberg vorgelegte, von Mark Häberlein betreute neuhistorische Diplomarbeit. Ihr Ziel ist es, die von der Obrigkeit nach dem Bauernkrieg ergriffenen Maßnahmen zur Bestrafung der Täter und zur Kompensition des angerichteten Schadens en detail zu untersuchen und darzustellen. Dass dies gerade am Beispiel des Hochstifts Bamberg geschieht, erklärt sich nicht allein aus dem Studienort des Autors, sondern auch aus der Tatsache, dass das Bamberger Staatsarchiv über eine ganz besonders reiche einschlägige Überlieferung verfügt, aus der gelegentlich seiner Forschungen über den Bauernkrieg wiederholt auch schon Rudolf Endres geschöpft hat.
Nach einem legitimerweise nur kursorischen Blick auf den Verlauf der Bauernempörung im Hochstift Bamberg charakterisiert der Autor zunächst die hernach als Strafende hervorgetretenen Parteien, den bischöflichen Landesherrn, das Domkapitel, den bischöflichen Hofrat (weltliche Regierung), den mit dem Hochstift auf vielfältige Art verbundenen ritterschaftlichen Adel der Umgebung und den zur Niederschlagung des Aufstands herbeigerufenen Schwäbischen Bund. Sodann werden die Rahmenbedingungen geschildert, die rechtlichen Voraussetzungen im Reich und in den betroffenen Territorien, die nachträglich seitens der Sieger ergriffenen Befriedungsmaßnahmen (Vertrag von Forchheim vom 3. Juli 1525) sowie vielerlei Begleiterscheinungen wie Plünderungen aus Rache seitens des geschädigten Adels, Patroullien des Schwäbischen Bundes, flüchtende bäuerliche Untertanen und die im Land fortdauernde Neigung zur Unruhe. In großer Breite werden dann die dem Aufstand folgenden Bestrafungsaktionen geschildert, die zu diesem Zweck betriebenen Gerichtsverfahren, von den verhängten und vollstreckten Todesurteilen über sonstige Leibesstrafen, Freiheitsstrafen, Ehrenstrafen und Geldstrafen bis hin zu Kollektivstrafen wie dem Niederbrennen ganzer Siedlungen und dem aus vielerlei Gründen schwer durchsetzbaren Verbot des Waffentragens. Und schließlich geht es um die von den Bauern geforderte Wiedergutmachung des angerichteten Schadens und die Schwierigkeiten ihrer Realisierung, um den Wiederaufbau von Schlössern und sonstigen herrschaftlichen Gebäuden, um die geforderten Kompensationszahlungen und ihre möglichst gerechte Verteilung sowie um die Problematik, dass, wenn man die Untertanen auch künftig zu Diensten und Abgaben heranziehen wollte, man sie nicht ruinieren durfte. Alle diese Aspekte schildert Hasselbeck sehr differenziert aus der ihm zu Gebote stehenden, ergiebigen archivalischen Überlieferung und in ständigem Vergleich mit einer reichen einschlägigen Forschungsliteratur. Freilich lassen die ansonsten so ergiebigen Quellen einen quantifizierenden Zugriff leider nur ausnahmsweise zu.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass im Zuge der Strafmaßnahmen zwar der Adel gelegentliche Revancheabsichten zu erkennen gab, für den Bischof und das Domkapitel aber stets die rechtlich geregelte Wiedergutmachung des erlittenen Schadens im Vordergrund stand. So sind denn für das Hochstift Bamberg am Ende auch weniger Hinrichtungen zu verzeichnen als in anderen Territorien, und wo tatsächlich Todesurteile verhängt wurden, blieben diese in dem von der allgemeinen Landfriedensgesetzgebung dafür vorgesehenen Rahmen. In puncto Aufruhrprävention ist seitens der Herrschaftsträger eine bemerkenswerte Unentschlossenheit, ja geradezu Handlungsunfähigkeit zu erkennen; freilich wird man dabei auch konzedieren müssen, dass diesbezügliche effektive Maßnahmen unter den Bedingungen jener Zeit wohl gar nicht realisierbar waren. Beim Verlangen nach Schadensersatz divergierten die Auffassungen von Bischof und Adel; während die Ritterschaft gegen eine Einbeziehung Unschuldiger keinerlei Bedenken hegte, lehnte der selbst einer ritterschaftlichen Familie entstammende Fürst dergleichen konsequent und erfolgreich ab; das adlige Domkapitel stellte seine korporativen Interessen hinter die der verwandten Ritterschaft zurück. Entgegen herrschender Meinung kann Hasselbeck einen Triumph der Reformationsgegner über die Anhänger der lutherischen Lehre in der Überwindung des Bauernkriegs nicht erkennen, was umso plausibler erscheint, als von einer Konfessionalisierung damals selbstverständlich noch keine Rede sein konnte. Auch ging in Bamberg - anders als in Würzburg (91!) - mit der Niederschlagung des Bauernaufstands offenbar keine Intensivierung der Landesherrschaft einher. So bleibt denn insgesamt festzustellen, dass die Niederschlagung und "Abwicklung" des Bauernkriegs im Hochstift Bamberg von deutlich geringerer Unerbittlichkeit und Härte geprägt war als anderwärts.
Mit seiner Studie zeichnet Hasselbeck ein nüchternes Bild der Vorgänge und befleißigt sich auf der Grundlage einer breiten Quellenüberlieferung eines sehr ausgewogenen Urteils; überdies korrespondiert solche inhaltliche Qualität mit einer wohltuend unprätentiösen und gepflegten Sprache. - Eine echte Bereicherung der Forschungsliteratur!
Kurt Andermann